Über einen meinen Newsletter stoße ich gerade auf die PM der Initiative Bayerischer Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger e.V. v. 16.10.2012 (vgl. PM_Bayern_16_10_2012), die sich mit einem Verfahren beim AG Würzburg befasst, über das auch bereits am 26.09.2012 in der Main-Post berichtet worden ist (vgl. hier).
Da hatte ein Verteidiger in einem Strafverfahren einen Durchsuchungsbeschluss kritisiert, weil „der Richter keine „eigenständige Prüfung“ durchgeführt habe und somit „verfassungsrechtliche Grundvoraussetzungen“ nicht erfüllt seien„. Deshalb wird ein Verfahren gegen ihn wegen übler Nachrede eingeleitet, das dann beim AG Würzburg landet. Der Verteidiger wird zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 150 € verurteilt.
Im Bericht der Main-Post (vgl. hier) heißt es:
„Die Vorsitzende sagt, dass der Beschluss vielleicht nicht den Vorgaben des BVerfG entsprochen habe. Aber die obersten Hüter der Verfassung hätten „keine Ahnung von der Realität“. Die Justiz habe weder genügend Zeit, noch genügend Personal, um Beschlüsse so zu prüfen, wie das Verfassungsgericht es sich vorstellt.“
Schon das ist, wenn es so gesagt worden ist, ziemlich heavy, – gelinde ausgedrückt.
Zudem: Wenn das so richtig ist, was die richterliche Kollegin dort mit der Verurteilung gemacht hat – und das dürfte es nicht sein -, dann müssen die Richter am BVerfG aber auf der Hut sein, wenn sie demnächst in richterlichen Beschlüssen beanstanden, dass die von der Rechtsprechung des BVerfG geforderte eigenverantwortliche Prüfung nicht vorgelegen hat. Zumindest in Würzburg drohen dann Strafverfahren.
Mehr schreibe ich mal lieber nicht. Sonst muss ich mir ggf. auch in Würzburg einen Verteidiger suchen 😉
„ziemlich heavy“ ?? Strafbar, jedenfalls falls die behauptete Tatsache „nicht erweislich wahr“ ist – oder etwa nicht? 😉
verstehe ich jetzt nicht, kann aber auch ander Zeit liegen 🙂
Naja, dass „die obersten Hüter der Verfassung keine Ahnung von der Realität“ hätten etc., sind doch Tatsachenbehauptungen unfeiner Art i.S. § 186 StGB, oder?
ok, jetzt hat es geklickt
Ich habe gehört, dass die einen am Eingang jetzt auch auf mitgeführte Grundgesetze überprüfen.
ist das nicht in Bayern so oder so der Fall? 🙂
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*fremdschäm* (für das AG) – ein schwerer Fall von Oltroggismus?
tja, so kann man „berühmt“ werden
…Sie loggen doch keine IP-Adressen
…Sie loggen doch keine IP-Adressen??? 😉
Wer entscheidet eigentlich, ob genügend Personal eingestellt wird „um Beschlüsse so zu prüfen, wie das Verfassungsgericht es sich vorstellt“? Die Richterschaft selbst, oder der Staat (der natürlich kein Interesse daran hat, dass Richter Anträge auf Durchsuchung/Verhaftung zu genau prüfen)?
darüber entscheidet letztlich die Justizverwaltung nach den Pensenschlüsseln
Dieses Urteil ist unglaublich, aber reiht sich in eine Vielzahl der Entscheidungen ein, die aufzeigen, dass wir faktisch keinen Rechtsstaat haben und man das GG sogar in einem Urteil nicht beachtet.
Schlimm finde ich, dass hier ein Signal an Rechtsanwälte gegeben wird, das z. T. sicher seinen Niederschlag findet.
Wenn auch mit Augenzwinkern, aber genau in diese Richtung geht es: „Mehr schreibe ich mal lieber nicht. Sonst muss ich mir ggf. auch in Würzburg einen Verteidiger suchen 😉 „
Nach einem etwas genaueren Bericht hat der Anwalt wohl nicht (nur?)beanstandet, dass die vom BVerfG geforderte Prüfungs/Begründungstiefe bei dem Beschluss nicht erreicht wurde, sondern sich etwas anders geäußert.
Was so ganz genau gesagt und geschrieben wurde, geht auch aus diesem http://www.infranken.de/regional/kitzingen/Die-Juristen-bleiben-unter-sich;art218,332148 Bericht nicht hervor.
Ob und wie genau die „skandalösen“ Äußerungen zur Ahnungslosigkeit der BVerfG-Richter (oder sollten vielleicht – Vorsicht:üble Nachrede – nicht etwa die Richter, sondern die Mitglieder des 3. Senats gemeint gewesen sein, die gerüchteweise so manche Entscheidung formulieren ?) gefallen sind, kann man bei dem auch ansonsten wenig tiefgehenden Bericht der Mainpost bezweifeln.
Angesichts der Rechtsprechung zu verfahrensbezogenen Äußerungen halte ich das Urteil für bedenklich, ebenso wie den Umstand, dass die strafantragstellende LG-Präsidentin letztlich auch diejenige ist, die Dienstvorgesetzte der Amtsrichterin ist und auch ihre Beurteilungen schreibt.
@ klabauter:
wird die dienstaufsicht über die richter nicht durch den präsidenten des LG durchgeführt?
kommentar zurück, ich hatte im hinterkopf, dass die strafanzeige vom AG-direktor gekommen wäre …
Der Anwalt hat dem Richter doch ganz offenbar vorgeworfen, den Beschlussantrag der StA ungeprüft unterschrieben zu haben, und damit den Vorwurf der Rechtsbeugung erhoben. Gut, sowas machen die Strafrechtsblogger ständig und halten das ersichtlich für völlig normal. Das ist es aber nicht, und man sollte es begrüßen, wenn dagegen wirksam eingeschritten wird.
Meinen Sie wirklich, dass das Urteil der Rechtsprechung zu den sog.verfahrensbezogenen Äußerungen entspricht? Ich wage, das zu bezweifeln. Das Problem sind aber die anderen berichteten Äußerungen zur Rspr. des BVerfG: „Die Justiz habe weder genügend Zeit, noch genügend Personal, um Beschlüsse so zu prüfen, wie das Verfassungsgericht es sich vorstellt.“ Ist das nicht auch eine Art von Rechtsbeugung?`
Und: „Gut, sowas machen die Strafrechtsblogger ständig und halten das ersichtlich für völlig normal. Das ist es aber nicht, und man sollte es begrüßen, wenn dagegen wirksam eingeschritten wird.“ Auch das meinen Sie nicht wirklich, oder doch? Denn, wenn man das zu Ene denkt, dann ist bald keine Kritik an richterlichen Entscheidungen mehr erlaubt.
Es kann durchaus sein, daß die Beobachtung: „nicht genügend Zeit und Personal“ zutreffend ist. Allerdings ist die daraus vom Instanzgericht abgeleitete Rechtsfolge offensichtlich abwegig.
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