Fahrverbot – kannst ja mit dem Nachtbus fahren

 

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Ich hatte gestern bereits auf das – AG Lüdinghausen, Urt. v. 05.03.2012 – 19 OWi-89 Js 102/12-12/12 – hingewiesen, und zwar betreffend Messung mit ESO ES 3.0. Den Hinweis greife ich auf und komme noch einmal auf die Entscheidung zurück, und zwar nun wegen der Rechtsfolgenseite. Im Verfahren hatte die Betroffene – ein Konditorlehrling – ein Schreiben ihres Ausbildungsbetriebes vorgelegt, in dem es hieß:

„Wunschgemäß können wir Ihnen bestätigen, dass Sie seit dem 01.08.2010 bei uns eine Ausbildung zur Konditorin absolvieren. Ihre Arbeitszeiten beginnen grundsätzlich nachts, manchmal um 01:00 Uhr, manchmal um 04:00 Uhr…. Bei der Urlaubsregelung müssen wir aus organisatorischen Gründen darauf bestehen, nicht länger als 2 Wochen am Stück Urlaub zu planen, damit alle anderen Auszubildenden ebenfalls in den Ferien ihren Urlaub nehmen können“.

Außerdem hatte sie darauf hingewiesen, dass die Fahrstrecke von ihrem Wohnort bis zu ihrer Ausbildungsstätte etwa 15 Km betrage und sie sie ohne Auto nicht zu ihrer Ausbildungsstätte kommen könne. Das AG hat das nicht gelten lassen, sondern:

„Das Gericht hat hierzu in der Sitzung eine Recherche im Internet in Gegenwart der Betroffenen und ihres Verteidigers angestellt und die Ergebnisse der Internet-Recherche urkundsbeweislich verlesen. Hierbei konnte festgestellt werden, dass der örtliche Verkehrsbetrieb RVM in unmittelbarer Nähe der Heimatanschrift der Betroffenen einen Bürgerbus zur Verfügung stellt, der auch nachts fährt, und zwar jeweils auch zu den Zeiten, zu denen die Betroffene zur Arbeit fahren müsste. Dieser Bürgerbus fährt bis zum Rathaus Nordkirchen. In einer zweiten Recherche hat das Gericht dann wiederum die Verbindung von Nordkirchen Rathaus bis nach Lüdinghausen Innenstadt abgefragt und das Ergebnis wiederum urkundsbeweislich verlesen. Auch hierbei ergab sich, dass nachts Busverbindungen zwischen Nordkirchen und Lüdinghausen durchgehend vorhanden sind. Die mit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel des Nachts verursachten Unbequemlichkeiten sind jedoch hinzunehmen als typische und sogar gewollte Folgen eines Fahrverbotes, welches bekanntlich dazu gedacht ist, erzieherisch auf Verkehrsteilnehmer einzuwirken. Diese Unbequemlichkeiten sind jedoch nicht derart schwerwiegend, dass sie Härten wären, die zu einem Absehen vom Fahrverbot auch nur ansatzweise Anlass geben könnten. Dies gilt umso mehr, als die Betroffene durch Gewährung der vier-Monats-Abgabe-Frist des § 25 II a StVG die Möglichkeit hat, das Fahrverbot so zu legen, dass sie dieses zumindest bereits zwei Wochen in Schulferien verbüßen kann und sich dementsprechend nur zwei Wochen auf öffentliche Verkehrsmittel einlassen muss. Dem Gericht scheint dies nicht unverhältnismäßig. „

Nun, viel Mühe hat sich das AG ja in der Hauptverhandlung gemacht. Allerdings hat es dann keine Mühe mehr darauf verwendet darzulegen, warum auf die Betroffene nicht (auch nur) mit einer erhöhten Geldbuße eingewirkt werden kann. Dazu kein Wort, obwohl es m.E. nahe gelegen hätte. Es war (früher) auch mal Rechtsprechung des OLG Hamm, dass dazu das tatrichterliche Urteil Ausführungen enthalten muss. Das scheint aber wohl stillschweigend aufgegeben worden zu sein. Anders ist es nämlich nicht zu erklären, dass das Urteil des AG mit eine „OU-Verwerfung“ rechtskräftig geworden ist..

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