Dem bulgarischen Verurteilten wird im Bewährungsbeschluss aufgegeben, unverzüglich festen Wohnsitz zu nehmen und seine Anschrift der Kammer innerhalb von drei Tagen mitzuteilen. Dem kommt er nicht nach, sein Verteidiger teilt, als dem Verurteilten Schriftstücke nicht zugestellt werden können, mit, dass auch ihm eine ladungsfähige Anschrift nicht bekannt ist. Das LG widerruft dann die Bewährung und stellt öffentlich zu. Der Verurteilte wird festgenommen und legt (verspätet) Beschwerde ein.
Der OLG Köln, Beschl. v. 30.01.2012 – 2 Ws 76/12 – erörtert u.a. die Frage der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (von Amts wegen) und verneint sie.
„Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Wiedereinsetzungsantrag rechtzeitig gestellt worden ist, da jedenfalls die sofortige Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluss innerhalb der Wochenfrist zur Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, die frühestens mit der Verkündung des Sicherungshaftbefehls am 26.12.2011 zu laufen begonnen hatte, beim Landgericht eingegangen ist, so dass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auch von Amts wegen gem. § 45 Abs. 2 S. 3 StPO gewährt werden könnte. Hierfür liegt indes die Voraussetzung fehlenden Verschuldens des Verurteilten an der Fristversäumung gem. § 44 StPO nicht vor. Wer sich in der Bewährungszeit verborgen hält, insbesondere auch entgegen einer richterlich erteilten Weisung seinen Aufenthaltsort nicht angibt, kann keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beanspruchen (BGHSt 26, 127; SenE vom 7.10.2009 – 2 Ws 479/09 – ; Meyer-Goßner, § 44 Rdn. 14 m.w.N.). ……“
Wird man n.E. wegen des Auflagen-/Weisungsverstoßes sicherlich mittragen können. Gefragt habe ich mich nur: Musste der Verteidiger eigentlich mitteilen, dass er die ladungsfähige Anschrift auch nicht kennt?
Die Auffassung zur versagten Wiedereinsetzung teile ich natürlich nicht. Das normale Vorgehen sollte eigentlich sein, den Verurteilten vor einem Bewährungswiderruf immer mündlich anzuhören und wenn er nicht erscheint, gibt es eben einen Sicherungshaftbefehl. Spätestens nach dessen Vollzug kann dann ganz rechtstaatlich geprüft werden, ob die Bewährung widerrufen werden kann.
Zur letzten Frage: Ich hatte genau die Konstellation schon in einem (aus dem Forum bekannten) Fall. M.E. ist das ein klarer Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht – berufsrechtlich sowieso und strafrechtlich möglicherweise. So eine Stellungnahme kann schließlich in engen Fällen den Ausschlag zu Lasten des eigenen Mandanten bringen.
Zur letzten Frage: Er durfte es nicht mitteilen. Ein klarer Fall der Verletzung der Verschwiegenheitspflicht. Gerichte versuchen immer wieder über den Verteidiger an Informationen zu kommen. Zu was im obigen Fall die Informationsweitergabe führen wird, war von Anfang an klar. Da kann man auch keinesfalls mit mutmaßlichem Einverständnis o.ä. argumentieren; es gibt einfach denklogisch nichts positives, was die Informationsweitergabe hätte bewirken können. Schlimm!