Bei der Recherche nach interessanten Entscheidungen bin ich auf LSG Sachsen, Beschl. v. 27.09.2011 – L 7 SF 114/11 AB gestoßen, das über das Selbstablehnungsgesuch eines Richters am SG entschieden hat. Das LSG hat das Gesuch als unbegründet angesehen, und zwar mit folgender Begründung bzw. trotz Vorlage folgender Umstände:
„Die von Richter am Sozialgericht P im Schreiben vom 11.07.2011 mit Ergänzung vom 31.08.2011 angezeigten Umstände rechtfertigen seine Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit i.S.d. §§ 42 Abs. 2, 48 ZPO nicht. Soweit er mitgeteilt hat, dass die Prozessbevollmächtigte der Klägerin ihre Kanzlei in Bürogemeinschaft mit seiner Lebensgefährtin betreibt und dass Rechtsanwältin P ihn privat in der Angelegenheit vor Klageerhebung um eine rechtliche Auskunft gebeten habe, die er erteilt habe, führt dies nicht zur Annahme einer Voreingenommenheit, die eine (Selbst-)Ablehnung begründen könnte. Es ist weder unüblich noch zu beanstanden, dass sich Juristen untereinander in ihrer Freizeit über rechtliche Fragen, die ihnen in ihrem Beruf und ihrer täglichen Arbeit begegnen, austauschen und ihre rechtlichen Ansichten kund tun. Dies beinhaltet weder eine Vorfestlegung zu einem bestimmten rechtlichen Problem, noch bestehen begründete Zweifel daran, dass der Richter, wenn er die vorher besprochene Frage in seinem beruflichen Amt zu entscheiden hat, nicht in der Lage sein wird, die im konkreten gerichtlichen Verfahren aufgeworfenen Rechts- und Tatsachenfragen mit der erforderlichen Objektivität und Unvoreingenommenheit zu prüfen und zu entscheiden. Daher begründet der Umstand, dass Richter am Sozialgericht P gegenüber Rechtsanwältin P eine rechtliche Einschätzung zu dem dem Rechtstreit zugrundeliegenden Sachverhalt (ohne Benennung der Verfahrensbeteiligten) abgegeben hat, keine Besorgnis der Befangenheit.
Auch der mitgeteilte Umstand, dass die Familie des Richters am Sozialgericht P und diejenige von Rechtsanwältin P aufgrund deren gemeinsamer Berufsausübung mit der Lebensgefährtin des Richters freundschaftlich eng miteinander verbunden sind, stellt für sich genommen keinen Anlass dar, an der unvoreingenommenen und neutralen Einstellung des Richters gegenüber den Verfahrensbeteiligten zu zweifeln. Die private freundschaftliche Beziehung eines Richters zu einem Prozessbevollmächtigten ist regelmäßig nicht geeignet, einen Verfahrensbeteiligten an dessen Unvoreingenommenheit im gerichtlichen Verfahren zweifeln zu lassen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass Richter ebenso wie Prozessbevollmächtigte in der Lage sind, ihre berufliche und private Beziehung zu trennen, wozu sie aufgrund ihres Amtes bzw. ihres Berufsstandes ohnehin verpflichtet sind. Anhaltspunkte dafür, dass vorliegend aufgrund der freundschaftlichen Verbundenheit der beiden Familien von einer besonders engen persönlichen Beziehung des Richters zur Prozessbevollmächtigten vergleichbar einer Ehe oder nahen Verwandtschaft ausgegangen werden kann, sind für den Senat nicht erkennbar (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 20. Aufl., § 42 RdNr. 13 i.V.m. RdNr. 2).“
Na ja, geht mir ein wenig weit. Die Besorgnis der Befangenheit, und nur darum geht es, soll das „Umständebündel“ nicht begründen?