Ich hatte ja gerade über den BGH, Beschl. v. 11.01.2011 – 2 StR 346/11 – berichtet (vgl. hier). Inzwischen bin ich dann auch noch auf den Beschluss des 4. Strafsenats des BGH v. 11.02.2011 – 4 StR 523/11 gestoßen (worden), in dem der 4. Strafsenat davon ausgeht, dass er ordnungsgemäß besetzt ist. Eine Divergenz zum 2. Strafsenat sieht er nicht, denn:
„Ein Fall der Divergenz zu der Entscheidung des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012 – 2 StR 346/11 – liegt nicht vor, weil der 2. Strafsenat in einem späteren Urteil vom gleichen Tag – 2 StR 482/11 – diese Rechtsprechung aufgegeben hat.„
Was man sich fragt: Welches ist denn nun die ältere Entscheidung und führt man beim BGH so genau Buch? Alle drei Entscheidungen sind an einem Tag ergangen. Und was ist ggf. mit § 132 Abs. 4 GVG?
Eins ist aber sicher: An den Entscheidungen 2 StR 364/11 und 4 StR 523/11 hat jeweils RiBGH Ernemann als Vorsitzender teilgenommen – 2 StR 482/11 ist noch nicht veröffentlicht. Auch nicht schön eine solches Hin und Her (wie war das noch mit der Echternacher Springprozession .-):
Man kann nur jedem raten, gegen diese Entscheidungen vorsorglich Verfassungsbeschwerde einzulegen. Vielleicht wird das dann ja mal alsbald geklärt.
Aus der Pressemitteilung des BGH geht hervor, daß der 4. Strafsenat und eine von drei „Sitzgruppen“ des 2. Strafsenats die Besetzung für ordnungsgemäß halten und zwei „Sitzgruppen“ des 2. Strafsenats nicht:
http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=c1ae926c827d22178dea9f04b048f97c&nr=58865&linked=pm&Blank=1
Und zur Sitzgruppe heißt es in der Wikipedia: „Als Sitzgruppe (frz. ameublement) wird ein Ensemble zusammengehöriger Sitzmöbel (z.B. Sofa mit mehreren Sesseln und Stühlen) bezeichnet.“
http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%B6bel
Die ganze traurige Posse wäre schnell zu Ende, wenn sich einer der beiden Aspiranten an einen möglicherweise vorhandenen Restbestand staatsdienerlichen Ethos erinnern, seine ach so guten Rechte und Karriereinteressen hintanstellen und seine Bewerbung zurückziehen würde. Aber über soviel Größe verfügen sie anscheinend nicht. Nur das Ego ist groß, immerhin.
Wäre sicherlich auch zuviel verlangt, wo doch in der Justiz inzwischen selbst um mediokre Pöstchen wie dasjenige des Sozialgerichtspräsidenten in Duisburg vor Gerichten gestritten wird.
@ keller:
sind sie wirklich der auffassung, dass man ab einer bestimmten besoldungsgruppe als staatsdiener nur noch brav nicken und auf sein recht verzichten sollte?
das eigentliche problem dürfte in der dauer derartiger verfahren zu sehen sein.
hinzu kommt in diesem konkreten verfahren, dass das bgh-präsidium offenbar nicht bereit ist, den stellvertretenden senatsvorsitzenden ebendiese funktion wahrnehmen zu lassen.
Ich denke, das Debakel zeigt einmal mehr einen total überforderten Präsidenten; nein diesmal nicht Herrn Wulf. Schöne wäre doch, wenn beide zurücktreten würden.
Herr Tolksdorf hat bei seinen rein persönlichen Kampf gegen Herrn Fischer nicht bedacht, dass er diesem intelektuell und fachlich nicht das Wasser reichen kann. Zudem scheint Fischer mehr kollegialen Rückenwind zu erhalten als Tolksdorf recht sein kann.
Schön übrigens, dass mit der Tolksdorf-Argumentation gegen Fischer konsequenter Weise auch der 1. Senat von Nack befreit werden müsste.
Es gibt übrigens eine schöne amerikanische Studie, wonach sozial besser gestellte eher bereit sind ihren eigenen Werte zu verraten, wenn es der Durchsetzung eigener Interessen geht, als sozial weniger priveligierten.
Sascha Petzold
Herr Petzold, woher haben Sie eigentlich Ihre vertieften Einblicke dahingehend, dass ein „rein persönlicher Kampf“ vorliege, dass Tolksdorf „intelektuell und fachlich“ F. nicht das Wasser reichen könne und dass ein Senat „befreit“ werden müsse? Oder was müssen Sie aufarbeiten? Mangelnde Erfolge bei Revisionen zum BGH, die nicht Verkehrsstraftaten betreffen?
Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass Fischer für einen Senatsvorsitz ungeeignet ist, dann erbringt diesen der von Fischer inspirierte und in einer bestimmte Sitzgruppe „durchgebrachte“ Beschluss in der Sache 2 StR 346/11, der von keinem anderen Wunsch beseelt ist als dem, verbrannte Erde zu hinterlassen.