Das OLG Koblenz, Beschl. v. 29.12.2011 – 1 Ss 213/11 hat ja vor einigen Tagen die Gemüter/Blogs und die (Boulevard)Presse bewegt/aufgeregt. Damit war zu rechnen, Religionslehrer, 14-jährige Schülerin, Sex im Putzraum der Schule. Das ist der Stoff, aus dem man Meldungen macht.
Inzwischen habe ich vom Kollegen den Volltext der Entscheidung erhalten und sie eingestellt. M.E. recht überzeugend begründet der Freispruch durch das OLG. Es geht/ging eben um die Anforderungen an ein Obhutsverhältnis i.S. des § 174 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB und die hat das OLG auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen verneint.
Damit keine strafrechtliche Schuld – über alles andere wird man reden können/müssen.
Recht überzeugend? Nunja.
Hat ein beliebiger Lehrer das Recht, einen Schüler auf dem Pausenhof z.B. zum Aufheben des vom Schüler achtlos weggeworfenen Mülls zu verpflichten? Ja. Wo kommt dieses Recht denn her?
Hat er die Pflicht dazu? Ja, jedenfalls kaum weniger als der gelangweilte Fach-Mathelehrer, der nur den Stoff runterrattert und als erster pünktlich den Raum verlässt.
„Zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule wirken die Beteiligten, insbesondere Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler, zusammen.“ Hessisches Schulgesetz
„Lehrerinnen und Lehrer unterrichten, erziehen, beraten, beurteilen, beaufsichtigen
und betreuen Schülerinnen und Schüler in eigener Verantwortung
im Rahmen der Bildungs- und Erziehungsziele (§ 2), der geltenden
Rechts- und Verwaltungsvorschriften, der Anordnungen der Schulaufsichtsbehörden
und der Konferenzbeschlüsse; sie fördern alle Schülerinnen
und Schüler umfassend.“ Schulgesetz NRW
ALLE Schülerinnen und Schüler.
Die Behauptung, Noten werden nur von den Hauptlehrern vergeben ist schon inhaltlich falsch. Es gibt nämlich auch Arbeits- und Sozialverhalten, das bewertet wird, was logischerweise nicht ein einzelner Fachlehrer erledigen kann. Insofern kann selbstverständlich auch ein Vertretungslehrer auf die Notenvergabe einwirken.
Ich halte die Begründung nicht für überzeugend, höchstens für gerade so akzeptabel. Denn man hätte genauso überzeugend auch die Schuld darlegen können.