Allmählich setzt sich die m.E. zutreffende Ansicht in der Rechtsprechung, die davon ausgeht, dass in Strafverfahren der Verteidiger grundsätzlich berechtigt ist, die ganze Akte zu kopieren, durch. So jetzt auch der AG Essen, Beschl. v. 21.11.2011 – 50 Ls-6 Js 778/09-119/11.
„Nach Nr. 7000 1.a VV RVG ist die Pauschale für Ablichtungen aus Gerichtsakten zu gewähren, soweit deren Herstellung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. Vielfach wird die Auffassung vertreten, der Rechtsanwalt müsse vor der Ablichtung ihm zur Einsicht überlassener Akten hinsichtlich jeder einzelnen Seite prüfen, ob die Ablichtung erforderlich sei oder nicht. Im Einzelnen hat sich hierzu eine umfangreiche Rechtsdogmatik entwickelt. So seien Ablichtungen der behörden- und gerichtsintemen Verfügungen, der eigenen Schriftsäfte, der bereits übersandten Entscheidungen, der Aktendeckel usw. nicht zu erstatten. Im Einzelnen ist vieles streitig (mit weiteren Nachweisen: Landgericht Essen, Beschluss vom 9.6.2011 – 56 Qs 28/11).
Das Gericht schließt sich der im zuletzt genannten Beschluss des Landgerichts Essen vertretenen Rechtsauffassung an. Zu Gunsten einer einfachen und ressourcen- schonenden Rechtsanwendung ist auf kleinteilige Differenzierungen nach verschiedenen Aktenbestandteilen zu verzichten. Denn jeder Aktenbestand hat einen Informationswert und sei es nur, dass sich das betreffende Schriftstück bei den Akten befindet. Welche Bedeutung ein Aktenbestand für die sachgemäße Bearbeitung der Rechtssache tatsächlich hat, erweist sich jedoch regelmäßig erst im Nachhinein. Schon um Haftungsrisiken zu vermeiden, wird der Verteidiger ex-ante einen weiten Maßstab anlegen müssen. Daher begegnet es mit Blick auf die Erstattung von Auslagen grundsätzlich keine Bedenken, wenn ein Verteidiger die Akten einer Kanzleikraft übergibt und vollständig (einschließlich Beiakten, der Aktendeckel und lose einliegender Blätter) ablichten lässt, wie es in der Regel auch allein praktikabel sein dürfte. Eine Ausnahme mag etwa dann gelten, wenn in größeren Verfahren eine Vielzahl von Beiakten übersandt wird. Hier erscheint es zumutbar, dass der Verteidiger vor dem Kopieren jeweils die Verfahrensrelevanz einzelner Aktenbände prüft. Für eine solche Sichtweise spricht auch der dem RVG innewohne Grundsatz der Effizienz. Der Gesetzgeber hat für Nr. 7000 VV RVG eine pauschale und damit verein- fachte Berechnung der Höhe der Ablichtungskosten als sinnvoll erachtet, indem er einen Festbetrag je Ablichtung bestimmt hat. Dieser Grundsatz der Effizienz ist auch bei der Auslegung des Auslagentatbestands zu berücksichtigen. Das kleinteilige nachträgliche Prüfen von Ablichtungen im Kostenfestsetzungsverfahren verbraucht letztlich mehr staatliche Ressourcen als eine großzügige Erstattungspraxis dieser fast immer untergeordneten Auslageposition.“
Dem ist m.E. nichts hinzuzufügen.
Vor einigen Jahren hatten wir hier an unserem AG (gehört z. Bezirk des LG Essen) so einen rechtpflegenden Kopienzähler. Sogar Kopien von Ladungen sollten gdrs. nicht erforderlich sein, was die damaligen Richter hier jeweils bestätigten… Nun ist der in Essen und es sieht so aus, als wenn er dort wohl wieder Kopien zählt, was dort die jetzigen Richter so nicht mehr akzeptieren….