Na, da hat der Betroffene aber zweimal Glück gehabt, habe ich nach der Lektüre des AG Wuppertal, Urt. v.08.04.2011 – 6 OWi 623 Js 1901/10-267/10 gedacht. Das AG hat in diesem Urteil von der Anordnung eines Regelfahrverbots beim arbeitslosen Betroffenen abgesehen werden, weil sich in der Phase der unmittelbar bevorstehenden Existenzgründung befand und für diese Tätigkeit etwa zur Kundenakquise auf die Nutzung des Fahrzeugs angewiesen war.
- Großzügig, zumindest nach den getroffenen Feststellungen. Denn das Urteil verhält sich nicht dazu, in welchem konkreten Umfang eigentlich erforderliche Fahrtätigkeit zu erwarten war, zumal die Aufnahme der Tätigkeit ohnehin erst im Monat nach dem Urteil „geplant“ war.
- Noch großzügiger ist/war das AG m.E. insoweit, als es trotz Absehen vom Fahrverbot die Regelgeldbuße nicht erhöht.
Na ja, manchmal muss man auch menschlich sein. Ich hatte im Referendariat einen ähnlichen Fall. Der Angeklagte hatte den Führerschein wegen Trunkenheit entzogen bekommen und wurde dann aber bei einer Fahrt, die er nur auf Grund außergewöhnlicher Umstände angetreten war, geblitzt. Er befand sich zum Zeitpunkt der Verhandlung in einer Situation, in der er sein Leben gerade wieder auf die Füße stellte und sich und seiner Familie (im ländlichen Raum) eine Existenz aufbaute. Anders als im erlassenen Strafbefehl vorgesehen, habe ich da eine deutlich niedrigere isolierte Sperre von nur drei Monaten beantragt und angeregt in die Urteilsgründe aufzunehmen, dass es das Gericht als sinnvoll erachtet, wenn er möglichst bald wieder einen Führerschein bekommt. Ich kann mich heute noch daran erinnern, wie er in seinem letztem Wort freudestrahlend und zugleich tief gerührt sagte, er nehme das so an. Das Gericht erkannte dann auch nach Antrag. Im Ergebnis sind das doch die schönsten Momente aus der Praxis.
BTW: Ich stelle mit Erschrecken fest, dass auf der A46 in Wuppertal zivile Polizisten Kontrollen machen. Da bin ich letztens mit einem befreundeten Juristen lang gefahren. Sein Kommentar zu Beschilderung: „Das sind eh alles nur rechtswidrige VAs!“ (Zu Schade, dass man das man im Strafprozess nur Nichtigkeit rügen kann…)
In der Tat sehr großzügig, und das bei dem VZR und dem erstmaligen persönlichen Übertretungsrekord von 41 km/h statt bisher im 20er-Bereich.
Ob die Formulierung zum Zuschuss unter der Voraussetzung „Inhaber eines Führerscheins der Klasse 3“ so richtig sein kann, wage ich vorsichtig anzuzweifeln.
Das hält beim OLG nie und nimmer. Wenn ein Regelfall vorliegt und wegen besonderer Härte vom Fahrverbot abgesehen wird, dann muss die Geldbuße im Gegenzug erhöht werden (Wechselwirkung).
Sie hätten Recht, wenn das Urteil nicht rechtskräftig wäre 🙂