Ich zitiere aus der PM des DAV 15/11 v. 17.05.2011, auf die ich u.a. über den Nachrichtendienst von Jurion gestoßen bin:
„Seit sieben Jahren Nullrunden – Anwaltschaft fordert Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung
Bei der Frühjahrskonferenz der Justizminister (JuMiKo), die vom 18. bis 19.05.2011 in Halle (Saale) stattfindet, wird auch das Thema der Anpassung der Rechtsanwaltsvergütung besprochen werden. Aus diesem Anlass bekräftigt der Deutsche Anwaltverein (DAV) seine schon 2008 erhobene Forderung, eine Anpassung der gesetzlichen Vergütungstabellen vorzunehmen und appelliert an die JuMiKo, die Umsetzung zu unterstützen.
Gebührenanpassung realistisch nicht vor dem 01.07.2013
Für viele Anwältinnen und Anwälte werde es nach Jahren der Nullrunden immer schwieriger, ihren Honorarforderungen das RVG zugrunde zu legen, betont Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer, DAV-Präsident. Die Kosten für den Betrieb einer Anwaltskanzlei und die Löhne der Mitarbeiter seien in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Schon vor drei Jahren – im April 2008 – forderte der damalige DAV-Präsident Kilger eine moderate Anpassung der Anwaltsgebühren um insgesamt 15 Prozent. Dies entspreche einer jährlichen Steigerungsrate von lediglich 2,14 Prozentpunkten seit der letzten Gebührennovelle durch das RVG zum 01.07.2004 bis zum 01.07.2011. Eine Gebührenanpassung wird realistisch nicht vor dem 01.07.2013 wirksam werden. Dann sind bereits neun Jahre seit der RVG-Einführung verstrichen. Die Anpassung müsse daher aus heutiger Erkenntnis 19 Prozent betragen (2,11 Prozent pro Jahr zwischen 01.07.2004 und 01.07.2013). Dies liege unter der allgemeinen Lohnentwicklung, betont Ewer weiter.
Honorarvereinbarungen sind nicht die Lösung
Nach Ansicht des Deutschen Anwaltvereins sind die Bundesländer gefordert, diese Initiative zu unterstützen. Es geht darum, dass sich nicht immer mehr Anwältinnen und Anwälte aus der gesetzlichen Vergütungsverordnung verabschieden und Honorarvereinbarungen abschließen. Die gesetzliche Vergütungsordnung bringt Sicherheit, Kalkulierbarkeit und ist letztlich günstiger für eine Vielzahl der Mandanten, als wenn keine staatliche Vergütungsregelung bestehen würde.“
Im Grunde ist das so noch nicht einmal ganz richtig, denn lineare Erhöhungen hat es schon seit 1994 nicht mehr gegeben. Die Erhöhungen durch das RVG waren/sind auf die strukturellen Änderungen zurückzuführen.
… und dass die Einführung des RVG eine Einkommenssteigerung bewirkt hätte (angeblich sogar von ca. 11 %), glaubt heute wohl auch keiner mehr.
De facto also keine „Gehaltserhöhung“ seit 17 Jahren. Welcher Arbeitnehmer würde das mitmachen?
Müsste sich nicht aus der allgemeinen Teuerung eine Erhöhung der Streitwerte und damit tendenziell eine Steigerung der Anwaltsgebühren ergeben?
Zugegeben: Schon aufgrund der Degression müsste diese immer hinter der Teuerungsrate zurückbleiben, aber ganz von der Hand zu weisen dürfte der Effekt auch nicht sein.
In diesem Zusammenhang: Setzt sich der DAV auch für eine 19%-Anhebung der Streitwertgrenzen ein oder bezieht sich die Forderung allein auf die Honorare?
Daß die allgemeine Teuerung eine Erhöhung der Streitwerte verursacht, kann ich nicht erkennen. Aber selbst wenn das so wäre, was nützt das den Anwälten, die hauptsächlich in Bereichen arbeiten, in denen Betragsrahmengebühren entstehen? Seit sieben Jahren beträgt die Grundgebühr für den Pflichtverteidiger 132,00 Euro, gleichviel, ob die Akte aus 5 Blatt oder 5000 Blatt besteht.
Honorarvereinbarungen? Seien wir realistisch: die meisten Mandanten können sich gerade in Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren zu erheben sind, keine übergesetzlichen Gebühren leisten. Gerichtlich lassen sich diese auch kaum durchsetzen, nachdem die Rechtsprechung immer wieder meint, anwaltliche Honorarvereinbarungen für überzogen und ungültig erklären zu müssen. Anscheinend darf ja jeder Schlagerfuzzi, „Berater“ oder Dozent, usw., soviel Honorar mit dem Vertragspartner vereinbaren, wie er will, nur eben der Anwalt nicht.
Ich nage nicht am Hungertuch und übe meinen Beruf nicht in erster Linie des Geldes wegen aus. Aber wenn ich sehe, was viele meiner Freunde und Bekannten in Berufen vedienen, die weniger Qualifikation und Arbeitseinsatz voraussetzen, erscheint mir die gesetzliche Anwaltsvergütung nicht mehr angemessen. Nicht, daß es der breiten Masse der Richter und Staatsanwälte besser ginge – aber als selbständiger Anwalt muß ich schließlich noch Büro, das Personal, die Literatur, die Altersversorgung – und nicht zu vergessen: Mitgliedsbeiträge für gefühlte 2348 Organisationen – selbst zahlen. Da ist eine Grundgebühr für den Pflichti in Höhe von 132,00 Euro nicht nur nicht kostendeckend, sondern ein reines Verlustgeschäft. Von Beratungs- und Prozeßkostenhilfe ganz zu schweigen.
Um das zu kompensieren, müßte man eigentlich – wie viele Kollegen – für mieses Geld auch nur noch dürftige Arbeit in Form von Zweizweilern abliefern, um die Umsatzverluste über die Masse der Mandante aufzufangen. Das ist auf Dauer aber sicher auch keine Empfehlung.
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