Manchmal stößt man ja auf recht interessante Entscheidungen. So z.B. das Urt. des BGH v. 14.10.2010 – IX ZR 16/10. Dort hatte ein Gläubiger wenige Tage vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen die Zahlung einer gegen ihn zuvor verhängten Geldstrafe veranlasst. Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor, trotz Kenntnis des bereits gestellten Insolvenzeröffnungsantrages, sofortige Zahlung der Geldstrafe verlangt und für den Weigerungsfall Zwangsmaßnahmen bis hin zur Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe in Aussicht gestellt. Der Insolvenzverwalter erklärte die Anfechtung der Zahlung. Seine Klage gegen die Justizkasse auf Rückzahlung hatte beim BGH Erfolg. Warum, kann man in der Entscheidung des BGH nachlesen.
Für den Schuldner stellt sich die Frage: Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe oder besteht wegen der erfolgten Zahlung ein Vollstreckungshindernis, für dessen Entfallen der Schuldner ja nicht verantwortlich ist.
Oh, da kann ich helfen: Es dürfte leider nicht zu bezweifeln sein, dass auch diese Frage durch BVerfG, Beschl.v. 24.8. 2006 – 2 BvR 1552/06, in dem für den Schuldner ungünstigen Sinne geklärt ist.
daran könnte man jetzt die interessante frage nach der strafbarkeit des staatsanwalts anschließen …
na ja, vielleicht könnte man einen Anfangsverdacht prüfen? 🙂
@n.n.Bei der Geldstrafenvollstreckung dürfte der Staatsanwalt seine Finger aber eher nicht im Spiel gehabt haben, § 31 RPflG.
Durch die Insolvenz wandelt sich die Geldstrafe in eine Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Billige gemeinnützige Arbeit, so mit 7 Euro/Std. auf die Strafe verrechnet, anstatt was vernünftig bezahltes zu schaffen, um seinen Unterhaltspflichten nachzukommen? Kann alles nicht richtig sein. Das unser BVerfG das anders sieht, das hätte man ahnen können. Dessen Menschenrechtsverletzungen werden ja neben denen Russlands und der Türkei immer mehr vom EuGMR an den Pranger gestellt.
na, so streng wie „Schneider“ sehe ich das nicht. ´Wenn die StA zur Zahlung auffordert, und der Geldstrafenschuldner mitteilt, über sein Vermögen sei derzeit ein Insolvenzverfahren anhängig, jedoch noch nicht eröffnet, weshalb derzeit nicht zahlen könne, dürfte dies ein triftiger Grund sein, der der Anordnung einer Ersatzfreiheitsstrafe entgegensteht, jedenfalls bis das Verfahren eröffnet ist. Ab der förmlichen Eröffnung kann der Schuldner die Geldstrafe – ggf. ratierlich – aus dem pfändungsgeschützen Einkommensteil bezahlen, denn mit demjenigen Teil seines Einkommens, dass er nicht an den IV/Treuhänder abgetreten hat, kann er machen, was er will (in der Kneipe „versaufen“; ins Bordell gehen, aus dem Fenster werfen, etc. pp.).
Wird bei der geschilderten Situiation (Nichtzahlung aufgrund anfechtungsrelvanter offener Insolvenzverfahrenssituation) meine ich, dass ein Vollstreckungsanordnung der Ersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig wäre und mit guten Recht angegríffen werden könnte.
@ herr burhoff:
naja, zumindest § 283c, 22, 23 stgb würde ich bei derartig deutlicher aufforderung zur befriedigung nach insolvenzantragsstelltung nicht von vornherein für abwegig halten. und dies könnte evtl auch § 240 stgb nach sich ziehen.
oder bin ich da auf einem völlig falschen dampfer?
daran könnte man denke, zumindest objektiv
Mit Verlaub: könnte man auch nicht objektiv denken.
Solange nur ein Insolvenzantrag gestellt ist, kann der Gläubiger die Zahlung einer Geldforderung noch verlangen (283 c Tatvarianten: nicht, nicht in der Art, nicht zu der Zeit) und der Schuldner noch leisten.. Erst nach Eröffnung des IN-Verfahrens , ggf. vorher schon bei Anordnung eines vorl. Zahlungsverbots o.ä. hat der Gläubiger keinen ohne weiteres durchsetzbaren Zahlungsanspruch mehr gegen den Schuldner, sondern muss ggf. seine Forderung zur Tabelle anmelden. Vorherige Zahlungen sind anfechtbar.
Anfechtbarkeit nach InsO ( bei kongruenter Deckung) bedeutet also nicht zugleich Strafbarkeit nach 283c StGB, der nur inkongruente Deckungen erfasst.
@ klabauter:
Eben! Der BGH hat hier eine inkongruente Deckung bejaht! Gerdade deshalb sind wir ja im Bereich des § 283c StGB!