und zwingt den Tatrichter die Schuldfähigkeit unter Berücksichtigung aller wesentlichen objektiven und subjektiven Umstände des Erscheinungsbildes und des Verhaltens des Täters vor, während und nach der Tat prüfen, so das OLG Naumburg im Beschl. v. 06.07.2010 – 2 Ss 85/10). Der Satz sollte an sich Allgemeingut sein, war er aber leider beim LG Halle nicht. Das hatte die Steuerungsfähigkeit beim Angeklagten angenommen und damit begründet, dass der Angeklagte zur Arbeit fahren wollte, ansprechbar war, sich ohne fremde Hilfe bewegen konnte und die Durchführung eines Blutalkoholtests möglich war (vor allem das „Bewegenkönnen“ ist schön :-)). Dem OLG hat das nicht gereicht, daher Aufhebung und Zurückverweisung, um die Sache noch mal neu zu verhandeln. In der Revision reicht bei solchen Fragen die einfache Sachrüge.
Dazu passt ganz gut: Warum tun Tatrichter das?, oder: Die geschriebene Lücke.
ad „sich ohne fremde Hilfe bewegen können“: Mir musste die Polizei ‚mal bei einer Kombination aus meinem relativ niedrigen Sportwagen & hoher Bordsteinkante einer Parkbox aus dem Auto helfen – für den Anfangsverdacht zum Alkotest hatte ich dann doch vollstes Verständnis.
wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um 🙂
Das OLG Naumburg zitiert munter die Entscheidung StV 1991,297 „Bei Blutalkoholkonzentrationen von 3 g (sic!) ‰ und darüber sind die Voraussetzungen des § 20 StGB naheliegend, daher stets zu prüfen und in der Regel auch gegeben (BGH StV 1991, 297)“ .
Offenbar hat es -obwohl es dann noch weitere Ausführungen zu den Anforderungen an die Feststellung der Schuldfähigkeit macht – die nach Anfragen bei anderen Senaten ergangene Entscheidung BGH 1 StR 511/95 verschlafen. Von „in der Regel gegeben“ kann daher schon lange keine Rede mehr sein (vgl. Fischer, StGB § 20 Rdnr. 20), zumal eine solche BAK in der Regel nur bei Trinkgewöhnung erreicht wird.
Wäre natürlich schön gewesen, wenn auch das LG in die Kommentierung gesehen hätte….