dann wird es m.E. nicht ganz einfach werden, ggf. eine Terminsverlegung/-verschiebung zu erreichen.
Den Eindruck hat man zumindest, wenn man den Beitrag des RiAG Meyer, Bayreuth in DAR 2010, 421 liest. Der Beitrag hat den sinnigen Titel „Terminshoheit des Strafrichters?“ – zum Glück mit einem „?“. Erörtert wird der Anspruch des Verteidigers auf Terminsverlegung in Straf- und Bußgeldverfahren. Den gibt es – wenn ich den Beitrag richtig verstehe – nicht bzw. nur in Ausnahmefällen, und zwar dann wenn ein triftiger Grund vorliegt und der Mandant ohne das Beisein seines Verteidigers in seinem Anspruch auf ein faires Verfahren (Art. 6 MRK) beeinträchtigt wäre.
„Interessant“ auch die Ausführungen zur Pflichtverteidigung in Verkehrssachen, eingebettet in die Darstellung des Anspruchs auf Terminsverlegung bei Vorliegen eines Verkehrsdeliktes. Hier besteht nach Meyer die Besonderheit, dass die meisten Taten im Bereich der Klein- und Bagatellkriminalität liegen, so dass weder der Fall einer notwendigen Verteidigung, noch ein anderweitig gelagerter „schwieriger Fall“ vorliege, der das Beisein eines Verteidigers in der Hauptverhandlung zwingend erfordere. Die Fälle, in denen der Angeklagte bzw. der Betroffene ohne die Anwesenheit seines Verteidigers in seinem Recht auf ein faires Verfahren beeinträchtigt wäre, seien daher stark beschränkt und ließen sich auf wenige Fälle reduzieren, in denen ein Fahrverbot bzw. die Entziehung der Fahrerlaubnis drohe oder der Mandant unfähig sei, sich selbst zu verteidigen.
Nur ein Beispiel: Nach Meyer reicht es z.B. in den Fällen des Führerscheintourismus aus, wenn der Verteidiger ggf. schriftlich Stellung nimmt. Anders insoweit ein Teil der landgerichtlichen Rechtsprechung, die jedoch nicht angeführt wird.
Welchen Schluss muss man aus dem Beitrag ziehen: Verteidiger zieh dich warm an. Und: Vortragen, vortragen vortragen zu den konkreten Umständen, die die Anwesenheit in der Hauptverhandlung dringend erfordern.
Das Lesen des Gesetzestextes erleichtert ja bekanntlich die Rechtsfindung. Nach § 137 Abs. 1 Satz 1 StPO hat der Beschuldigte das Recht, sich in jeder Lage des Verfahrens eines Verteidigers (lies: „seines Vertrauens“) zu bedienen. Dieses Recht ist verfassungsrechtlich verbürgt (BVerfGE 39, 156, 163; 39, 238, 243; 66, 313, 319). Dieses Recht wird nur durch § 228 Abs. 2 StPO eingeschränkt. Allerdings hat das Gericht die Interessen der Beteiligten sorgsam abzuwägen. Das Gericht kommt gar nicht in die Lage, eine Verhandlung nach § 228 Abs. 2 StPO aussetzen zu müssen, wenn es den Termin vorher mit dem Verteidiger abstimmt hat. Einen erstmaligen Wunsch um Verlegung des Verhandlungstermins wird man nicht abschlägig bescheiden können; allenfalls dann, wenn der Verteidiger das Mandat in Kenntnis eines schon anberaumten Termins und seiner Verhinderung an diesem Tag angenommen hat. Umgekehrt wird man das Interesse an einer zügigen Verfahrensdurchführung nicht höher bewerten können, wenn das Gericht sich nicht mit dem Verteidiger abstimmt oder sich über dessen Termine einfach hinwegsetzt.
Die Notwendigkeit der Verfahrensbeschleunigung ist in meinen Augen ohnehin zumeist vorgeschoben. Wenn das Verfahren dem Richter selbst nicht paßt, hat er meist alle Zeit der Welt. Zigmalige Unterbrechungen, Aussetzungen und Terminsverschiebungen sind überhaupt kein Problem, wenn es sich um justizinterne Gründe handelt. Aber wehe, der Verteidiger hat keine Zeit…. (gilt meiner Erfahrung nach glücklicherweise nur für eine Minderheit der Richter. Die meisten sind sehr verständnisvoll und kooperativ; natürlich nicht, wenn Angeklagter und/oder Verteidiger erkennbar nur auf Zeit spielen wollen).
vortragen, vortragen, vortragen?!
aber das ganze lässt sich doch sicher auch noch durch einen ordentlichen befangenheitsantrag würzen …
sicherlich, aber ich bin nicht unbedingt ein Freund von Ablehnungen. Sie zerstören leider die Kommunikationsstrukturen im Verfahren vollständig.
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