titulieren die „Westfälischen Nachrichten vom heutigen Tag zum Durcheinander um die neuen Verkehrsschilder, die seit dem 01.09.2009 gelten, nachdem die StVO durch die 46. ÄnderungsVO (BGBl I. S. 2631) geändert worden ist.
Es geht inzwischen um die Gültigkeit der „alten Verkehrsschilder“, siehe dazu die Bilder hier. Und um die Verwirrung dann endgültig zu machen, erzählt der Bundesverkehrsminister in einer PM vom heutigen Tage dann auch noch etwas zum „verfassungsrechtlich verankerten Zitiergebot“. Was das mit der Problematik zu tun hat, weiß wohl nur Herr Ramsauer, m.E. hat es damit gar nichts zu tun; so übrigens auch der Kollege Ferner; vgl. aber zum Zitiergebot auch hier. Es geht m.E. nur um die Streichung des alten § 53 Abs. 9 StVO a.F., wonach die alten Verkehrszeichen, die den bis 1992 gültigen Vorgaben entsprochen haben, weiterhin ihre Gültigkeit behalten (sollten). Die Regelung ist entfallen, damit sind die alten Verkehrszeichen nicht mehr gültig und man muss jetzt wieder nachbessern (peinlich, peinlich). Am besten macht man es ganz neu :-).
Gerade herzerfrischend finde ich es, wenn Ramsauer ausführt – ich zitiere aus dem Lawblog:
„Ganz so überzeugt scheint Peter Ramsauer von seiner Rechtsauffassung aber ohnehin nicht zu sein. Immerhin zitiert ihn Spiegel online mit einem bemerkenswerten Wunsch: Ramsauer … appellierte an Autofahrer, nicht gegen Bußgeldbescheide vorzugehen, die aufgrund der Missachtung eines Verkehrsschilds alter Art ausgestellt worden seien.“
Warum denn das? Schon der „alte Harry Westermann“ hat gesagt: Das Recht ist für die Hellen. Warum soll die Lücke nicht genutzt werden?
Nachträglicher Zusatz: Geht man davon aus, dass die 46. ÄnderungsVO unwirksam ist – vgl. hier -, dann sind die von ihr vorgesehenen Änderungen nicht in Kraft. Dann ist also auch § 53 Abs. 9 StVO a.F. nicht entfallen. Oder sehe ich das falsch?
Ggf. (siehe Jens Ferner) ist die ÄnderungsVO nur teilweise nicht in Kraft getreten …
„Bis dahin gibt es zwei Möglichkeiten: Einmal dass bei einer gesammelten Verweisen gleich alles Nichtig sein soll, sofern eine verwiesene Norm fehlerhaft ist. Oder dass nur die Änderungen nichtig sind, deren Ermächtigungsgrundlage fehlerhaft zitiert ist. Auf den ersten Blick scheint das Zitat bzgl. der Streichung des §53 IX StVO richtig zu sein, so dass diese Frage hier relevant wäre.“
Zu den unübersehbaren Folgeproblemen siehe RA Dr. Kettler: http://www.recht-für-radfahrer.de/Aktuelles.html (im Moment ganz oben).
Zu den politischen Auswirkungen für die StVO-Novelle: http://blog.beck.de/2010/04/14/unwirksame-verkehrsschilder-oder-doch-nicht-oder-umdeutung#comment-23577 :
„Zweitens ist zu beachten, daß die Novelle zum 01.09.2009 „nur“ sieben (7!) Jahre in der Pipe war, bevor sie mit einem finalen Kraftakt der alten Bundesregierung durch den Bundesrat gedrückt wurde. Bisher hatten immer irgendwelche Bundesländer irgendwelche Bedenken oder neue Ideen (z.B. Bayern ungefähr 2004 zum Skaten). Wenn das Paket jetzt wieder aufgeschnürt oder besser gesagt, gesprengt wird, ist die Novelle in Gänze gefährdet.“
Ich habe gerade an anderer Stelle kommentiert: „Hallo, vielleicht sehe ich es ja auch mal wieder zu einfach, aber: M.E. gibt es doch nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist die 46. ÄndVo nichtig, dann aber von Anfang an und nicht erst durch ein Wort des Ministers mit der Folge, dass die Änderungen nicht in Kraft getreten sind. Ist Sie (noch) wirksam – umdeuten, ich weiß nicht -, dann sind auch die Änderungen wirksam, und zwar auch der Wegfall des § 53 Abs. 9 StVO mit den sich daraus ergebenden Folgen. M.E. können doch Verteidiger nichts anderes tun, als Bußgeldbescheide angreifen. Da hilft auch der Appell des Ministers nicht.“
Pingback: Überblick zum Thema: Ungültige Verkehrsschilder? | Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Pingback: Mehr zur Nichtigkeit der StVO-Novelle « tessarakt – das vierdimensionale B-L-O-G
http://blog.tessarakt.de/wp-content/uploads/2010/04/4-K-774-09-Urteil-vom-22-02-2010.pdf (VG Koblenz)
Berufung wurde laut Gericht eingelegt.
„Es wird darauf hingewiesen, dass die Entscheidung noch keine Rechtskraft erlangt hat,
da ein Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz anhängig ist.“
Die Feststellung der Nichtigkit der Novelle zum 01.09.2009 dürfte für die Frage, ob die alten Schilder nun gültig sind oder nicht, relativ unbedeutend sein. Wird § 53 Abs. 9 StVO für die Gültigkeit der Schilder benötigt (und davon geht auch Herr Ramsauer aus), sind sie praktisch ungültig. Denn es wäre schon ein Schildbürgerstreich im Quadrat, wenn der Staatsanwalt sich im OWi-Verfahren auf die Nichtigkeit einer im BGBl. veröffentlichten VO beriefe – egal ob der Bundesverkehrsminister das in einer Pressemitteilung verbreitet oder die Staatsanwaltschaft es selbst herausbekommen hat.
Eher könnte ein Autofahrer, der an einem alten Z 315 auf dem Bürgersteig geparkt, der Staatsanwaltschaft die Nichtigkeit der Novelle vorhalten. Aber dieser Fall dürfte praktisch nicht vorkommen, weil weder vor noch nach Ramsausers Pressekonferenz ein Strafmandat ausgestellt worden sein dürfte.
Ergebnis: die Nichtigkeit der StVO-Novelle zum 01.09.2009 ist gerade im Hinblick auf die Gültigkeit alter Schilder eher eine Nebelkerze denn ein wirkliche Hilfe für die Baulastträger, die aus Gründen der Rechtssicherheit weiterhin und nun möglichst schnell die alten Schilder austauschen sollten.
Verstärkt wird der Eindruck einer Nebelkerze durch den Hinweis, die Autofahrer sollten besser nicht klagen. Ich denke, diese Beratung sollte Herr Ramsauer den Rechtsanwälten überlassen. Auf mich wirkt es eher wie „Sieben auf einen Streich – geht mir aus Weg!“. Das hilft zwar – aber nur im Märchen.
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