Nicht nur in der Fachpresse, sondern auch in der „allgemeinen“ Presse wurde in den letzten Tagen über eine Entscheidung des OLG München (7 W 2449/09) berichtet, die es gestern immerhin auch auf die erste Seite der Süddeutschen Zeitung geschafft hatte.
Nach diesem Beschluss ist, wenn der Richter den Vortrag/die Einlassung eines Prozessbeteiligten als „Wischiwaschi“ bezeichnen darf, oder ob er sich dadurch der Besorgnis (!!) der Befangenheit aussetzt. Das OLG München hat die Frage verneint, weil „wischiwaschi“ etwas anderes sei als „Quatsch“. Na ja, m.E. ist das „Wischiwaschi“, denn dieser Ausdruck enthält eine m.E. negative Wertung des Vortrags/der Einlassung, der zumindest die Besorgnis – mehr muss nicht vorliegen – der Befangenheit begründet. Die Entscheidung zeigt m.E. mal wieder deutlich, wie manche Gerichte sich bemühen, etwas „gesund zu beten“, was an sich nicht mehr gesund zu beten ist. M.E. liegt Besorgnis der Befangenheit vor.
Dazu das OLG: „Nach Auffassung des Senats steht das Wort für die umgangssprachliche Bezeichnung des – bei der Anwaltschaft unbeliebten – Ausdrucks des unsubstanziierten Sachvortrags.
Auch die mehrfache Verwendung dieses Begriffs ist am Ort seiner Verwendung weder extrem herabsetzend noch diskriminierend. Der Ausdruck ist auch nicht ansatzweise vergleichbar mit dem von der Bekl. zitierten Wort „Quatsch”. Zudem ist stets auf den konkreten Einzelfall abzustellen. Die Bezeichnung als „wischiwaschi” gibt hier noch keinen Anlass dafür, an der Unvoreingenommenheit der Einzelrichterin zu zweifeln.“
M.E. hat das OLG Recht.
M.E. zeigt die Begruendung des OLG wie unwohl ihm selbst bei der Sache ist und nur versucht wird zu retten, was an sich nicht zu retten ist. Natuerlich „wischiwaschi“ herabsetzend und war im Zweifel auch so gemeint. Ich moechte die Einzelreichterin nicht erleben, wenn man spaeter ihr Urteil als „wischiwasche“ bezeichnen wuerde. Warum bleibt man nicht in der juristischen Terminologie?
Es ist schwierig, den nach § 139 ZPO gebotenen Hinweis darauf, dass eine Partei – durch ihren anwaltlichen Prozessbevollmächtigten – zu einer entscheidungserheblichen Frage nur unsubstantiiertes Zeug vorträgt, in für den Anwalt besonders schmeichelhafte Worte zu kleiden. Was Sie verlangen, läuft für das Gericht deshalb darauf hinaus, sich nur noch in der Terminologie der ZPO ausdrücken zu dürfen. Mit der Praxis gerade bei den Amtsgerichten hätte das aber nichts mehr zu tun.
Es geht doch auch unförmlich und dabei nicht ehrverletzend. Beim ArbG München sagte die Richterin kürzlich einfach, mir reicht der bisherige Vortrag nicht (natürlich nicht zu mir sondern zur Gegenseite).
Ich bin auch für unjuristisches Deutsch, aber die Richter sollten die Rechtsanwälte nicht mit Begrifen behelligen, die sie sich selbst nicht gerne anhören würden.
Sascha Petzold
Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu :-).
@ Dirk: Mir erschließt sich nicht, warum ich mich beim AG „daneben benehmen darf“.
@ Detlef: Man darf sich vor Gericht nicht „daneben benehmen“, aber salopp ausdrücken darf man sich schon – und nichts anderes ist hier passiert.
Also in unserer Gegend bedeutet „Wischiwaschi“ lediglich: ungenau, nicht eindeutig, mehrdeutig, unbrauchbar, nicht weiterführend, usw. Im Sinne von „Quatsch“ ist der Ausdruck m. E. nicht zu verstehen. Der Ausdruck allein begründet meines Erachtens nicht die Besorgnis der Befangenheit, sondern eher die Art der Verwendung. Wenn der Richter eine wenig brauchbare Einlassung freundlich-amüsiert als „Wischiwaschi“ bezeichnet, ist das sicher anders zu werten, als wenn er dem Angeklagten dieses Wort erbost an den Kopf wirft.
Ich führe gegen die Richterin der 20. Zivilkammer des LG München I (es handelt sich um die stellvertretende Kammer-Vorsitzende), in die es bei dem Verfahren vor dem OLG München ging selbst in einem anderen Verfahren seit mehreren Jahren ein Richterablehnungsverfahren.
Die Verwendung der Bezeichnung „Wischiwaschi“ gehört noch zu den harmloseren Dingen, die diese Person (ebenfalls mit Rückendeckung anderer Richter) in gerichtlichen Verfahren getan hat.
@Kuckartz: seit mehreren Jahren ein Ablehnungsverfahren. Aha. Wer’s glaubt.
Mit dienstlicher Stellungnahme, Entscheidung der Kammer und ggf. Beschwerde zum OLG hat sich’s normalerweise.Und innerhalb weniger Monate ist das Ganze vorbei.
Es sei denn, Sie spielen das Spiel öfters.