Der BGH hat mit Urteil vom heutigen Tag in 3 StR 372/09 zum Begriff der „neuen Tatsache“ i.S. von § 66b Abs. 2 StGB Stellung genommen und ein Urteil des LG München I bestätigt (vgl. dazu die PM des BGH). „Neu“ sind danach Tatsachen dann nicht, wenn sie bereits bei der Anlassverurteilung erkennbar oder – wie im entschiedenen Fall– sogar schon bekannt waren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundesverfassungsgerichts sind Tatsachen insbesondere dann nicht „neu“, wenn der Hang und die Gefährlichkeit aufgrund bereits damals bekannter und unverändert gebliebener Tatsachen lediglich anders bewertet werden. Das ist hier der Fall. Deshalb muss die auf gleicher Tatsachengrundlage bloß veränderte Bewertung von Hang und Gefährlichkeit als neue Tatsache ausscheiden. Andere „neu“ bekannt gewordene Tatsachen, insbesondere während des Strafvollzugs, auf welche die Gefährlichkeit gestützt werden könnte, hat das Landgericht nicht festgestellt.
Die Entscheidung ist m.E. nicht nur für die SV von Interesse, sondern auch für die Absprache. Denn auch da erlauben nur „neue Tatsachen“ nach § 257c Abs. 4 S. 1 StPO; dass sich das Gericht von der Bindungswirkung der Absprache löst.
Vielleicht sollte man die Sicherungsverwahrung im Hinblick auf die aktuelle Entscheidung des EGMR und die Schwierigkeiten, die das Institut der nachträglichen Sicherungsverwahrung bereitet, endlich dort ansiedeln, wo sie hingehört: in den Bereich der Gefahrenabwehr. Der Umgang mit gemeingefährlichen Menschen, die ihre Strafe verbüßt haben, berührt das in die Zukunft blickende Gefahrenabwehrrecht und nicht das in die Vergangenheit schauende Strafrecht. Zuständig wären dann die Gefahrenabwehrbehörden und die Verwaltungsgerichte und nicht die Staatsanwaltschaften und Strafgerichte. Schon der historische Ursprung der Sicherungsverwahrung sollte es verbieten, diesen Weg auf der strafrechtlichen Schiene weiter zu verfolgen.
alles andere wäre letztlich im ergebnis auch eine wiederaufnahme zulasten des beschuldigten, da über diese umstände bereits rechtskräftig im urteil entschieden wurde.
wenn man – anders als das tatgericht – den mann dennoch aktuell für eine gefahr für die allgemeinheit hält, wäre das systematisch gesehen ein fall für das psychkg.
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