Über das beim BGH anhängige Revisionsverfahren 4 StR 138/18 habe ich bereits einmal berichtet, und zwar über den BGH, Beschl. v. 05.06.2018 – 4 StR 138/18 (vgl. hier: Pflichti I: Anweisung vom BGH: Pflichtverteidigerwechsel, oder: Wenn der alte Pflichtverteidiger zu krank ist…..). Der dem Angeklagten beigeordnete Pflichtverteidiger hatte wegen Krankheit die Revision nicht begründet. Der BGH hat daher unter Hinweis auf die Rechtsprechung des EGMR an das LG zurückgegeben. Da ist dann ein neuer Pflichtverteidiger bestellt worden.
Nun hat der BGH im BGH, Beschl. v. 29.08.2018 – 4 StR 138/18 – über die Revision des Angeklagten entschieden. Geltend gemacht war ein Verstoß gegen § 338 Nr. 3 StPO, der darauf gestützt war, der Vorsitzende sei u.a. deshalb befangen (§ 24 StPO) gewesen, weil er dem Verteidiger das Recht abgeschnitten habe, weitere Fragen an die Sachverständige zu richten. Der BGH hat die Rüge als jedenfalls unbegründet angesehen:
„Jedenfalls ist die Befangenheitsrüge unbegründet; das Revisionsgericht behandelt diese Rüge nach Beschwerdegesichtspunkten (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 3 StR 208/12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 338 Rn. 27 mwN). Spannungen zwischen Richter und Verteidiger, die erst im Verfahren entstanden sind, begründen in aller Regel nicht die Besorgnis der Befangenheit (BGH, Beschluss vom 4. März 1993 – 1 StR 895/92, StV 1993, 339; Urteil vom 5. April 1995 – 5 StR 681/94, StV 1995, 396). So liegt es auch hier: Wie das Landgericht in dem das Befangenheitsgesuch zurückweisenden Beschluss vom 11. Oktober 2017 sachlich und rechtlich zutreffend ausgeführt hat, liegt die Besorgnis einer Befangenheit des Vorsitzenden des Schwurgerichts nicht vor. Zwar hat der Vorsitzende dem Verteidiger eine „selektive Wahrnehmung“ vorgehalten und eine von ihm gestellte Zwischenfrage als „unverschämt“ bezeichnet. Vor dem Hintergrund des jeweils vorangegangenen, in dem Zurückweisungsbeschluss ausführlich dargelegten Prozessverhaltens des Verteidigers erweisen sich diese Reaktionen des Vorsitzenden aber nicht als in hohem Maße rechtsfehlerhaft, unangemessen oder sonst unsachlich (vgl. BGH, Beschlüsse vom 20. August 2008 – 5 StR 336/08; vom 12. Februar 2013 – 2 StR 536/12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 24 Rn. 17 f. mwN). Die wiederholten Ermahnungen des Vorsitzenden, der Verteidiger möge bei der Ausübung seines Erklärungsrechts nach § 257 Abs. 2 StPO den Schlussvortrag nicht vorwegnehmen, beruhen auf Absatz 3 der Vorschrift; sie waren zudem, wie das Landgericht ebenfalls zutreffend dargelegt hat, sachlich berechtigt. Auch in der Gesamtschau liegt nach der tatsächlichen Würdigung des Senats (vgl. BGH, Urteil vom 18. Oktober 2012 – 3 StR 208/12) kein Grund vor, der vom Standpunkt eines vernünftigen Angeklagten die Besorgnis begründen könnte, der Vorsitzende nehme ihm gegenüber eine voreingenommene Haltung ein.“