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Pkw „verliert“ in einer Waschanlage den Heckspoiler, oder: Haftung des Betreibers

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Und dann heute im vorletzten „Kessel-Buntes“ noch zwei BGH-Entscheidungen.

Ich beginne mit BGH, Urt. v. 21.11.2024 – VII ZR 39/24, über das ja auch anderweitig schon berichtet worden ist. Es geht um Schadensersatz nach Beschädigung eines Pkw in einer Portalwaschanlage.

Der Kläger verlangt Schadensersatz wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs in einer von der Beklagten betriebenen Autowaschanlage. In der Waschanlage befindet sich ein Hinweisschild, das auszugsweise wie folgt lautet: „Allgemeine Geschäftsbedingungen Autowaschanlagen/Portalwaschanlagen Die Reinigung der Fahrzeuge in der Waschanlage erfolgt unter Zugrundelegung der nachfolgenden Bedingungen: (…). Die Haf-tung des Anlagenbetreibers entfällt insbesondere dann, wenn ein Schaden durch nicht ordnungsgemäß befestigte Fahrzeugteile oder durch nicht zur Serienausstattung des Fahrzeugs gehörende Fahrzeugteile (z.B. Spoiler, Antenne, Zierleisten o.ä.) sowie dadurch verursachte Lackkratzer verursacht worden ist, außer den Waschanlagenbetreiber oder sein Personal trifft grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz.“ Unter diesem Hinweisschild befindet sich ein Zettel mit der Aufschrift: „Achtung Keine Haftung für Anbauteile und Heckspoiler!“.

Der Kläger fuhr Ende Juli 2021 mit seinem Pkw der Marke Land Rover in die Waschanlage ein, stellte das Fahrzeug ordnungsgemäß ab, verließ die Waschhalle und startete den Waschvorgang. Das Fahrzeug ist serienmäßig mit einem sog. Heckspoiler ausgestattet. Hierbei handelt es sich um ein am hinteren Ende des Fahrzeugdachs, horizontal über der nach unten abfallenden Heckscheibe, bündig in der Karosserie sitzendes Bauteil. Während des Waschvorgangs wurde der Heckspoiler abgerissen, wodurch Schäden am Heck des Fahrzeugs entstanden. Wegen dieses Vorfalls verlangt der Kläger von der Beklagten Schadensersatz.

Das AG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das LG die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung der vom AG ausgesprochenen Verurteilung der Beklagten. Die Revision hatte Erfolg:

„1. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass es sich bei dem Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs um einen Werkvertrag handelt und sich aus einem solchen Vertrag als Nebenpflicht die Schutzpflicht des Anlagenbetreibers ergibt, das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren (BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 – VII ZR 251/17 Rn. 12 m.w.N., NJW 2018, 2956). Ferner ist davon auszugehen, dass Verkehrssicherungspflichten innerhalb eines Vertragsverhältnisses zugleich Vertragspflichten sind und die auf den Werkvertrag bezogene Verkehrssicherungspflicht des Unternehmers nicht weiter geht als die werkvertragliche Schutzpflicht des Unternehmers (BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 – VII ZR 251/17 Rn. 12 m.w.N., NJW 2018, 2956).

2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch eine schuldhafte Pflichtverletzung der Beklagten verneint.

a) Zutreffend ist der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach derjenige, der eine Gefahrenlage – etwa durch den Betrieb einer Waschanlage – schafft, grundsätzlich verpflichtet ist, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung anderer möglichst zu verhindern. Der Betreiber einer Waschanlage hat dafür Sorge zu tragen, dass die Fahrzeuge seiner Kunden nicht beschädigt werden. Die rechtlich gebotene Verkehrssicherung umfasst diejenigen Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Anlagenbetreiber für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden kann.

Der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (§ 276 Abs. 2 BGB) ist genügt, wenn im Ergebnis derjenige Sicherheitsgrad erreicht ist, den die in dem entsprechenden Bereich herrschende Verkehrsauffassung für erforderlich hält. Daher genügt es, diejenigen Sicherungsvorkehrungen zu treffen, die ein verständiger, umsichtiger, vorsichtiger und gewissenhafter Angehöriger der betroffenen Verkehrskreise – hier der Betreiber von Waschanlagen – für ausreichend halten darf, um andere Personen – hier die Kunden – vor Schäden zu bewahren, und die dem Verkehrssicherungspflichtigen den Umständen nach zuzumuten sind. Die Zumutbarkeit von Sicherungsvorkehrungen bestimmt sich dabei unter Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Gefahrverwirklichung, der Gewichtigkeit möglicher Schadensfolgen und der Höhe des Kostenaufwands, der mit etwaigen Sicherungsvorkehrungen einhergeht (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 – VII ZR 251/17 Rn. 17 f. m.w.N., NJW 2018, 2956).

b) Ebenfalls zutreffend hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass der Betreiber einer Waschanlage im Grundsatz nur bei Vorliegen einer von ihm zu vertretenden Pflichtverletzung für Fahrzeugschäden während des Waschvorgangs haftet (BGH, Urteil vom 30. November 2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422, juris Rn. 15; Urteil vom 23. Januar 1975 – VII ZR 137/73, NJW 1975, 685, juris Rn. 10). Ohne ausdrückliche Vereinbarung der Parteien – für die hier keine Anhaltspunkte bestehen – kann nicht davon ausgegangen werden, dass er dem Kunden verschuldensunabhängig garantieren will, dass sein Fahrzeug nicht beschädigt wird (vgl. BGH, Urteil vom 23. Januar 1975 – VII ZR 137/73, NJW 1975, 685, juris Rn. 10).

c) Eine schuldhafte Pflichtverletzung durch die Beklagte ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – widerleglich – zu vermuten, weil die Schadensursache allein aus ihrem Obhuts- und Gefahrenbereich herrührt.

aa) Grundsätzlich trägt der Gläubiger die Beweislast dafür, dass der Schuldner eine ihm obliegende Pflicht verletzt und diese Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat (BGH, Urteil vom 22. Oktober 2008 – XII ZR 148/06 Rn. 15, NJW 2009, 142). Diese Grundsätze finden auch bei der Verletzung einer Schutzpflicht Anwendung, so dass es – ohne Vorliegen besonderer Umstände – nicht genügt, dass der Gläubiger lediglich nachweist, dass ihm im Zusammenhang mit der Durchführung eines Vertrags ein Schaden entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2005 – III ZR 399/04, BGHZ 163, 53, juris Rn. 8).

In Abweichung von dieser regelmäßigen Beweislastverteilung ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass sich der Schädiger – über den Wortlaut des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB hinaus – nicht nur hinsichtlich seines Verschuldens zu entlasten hat, sondern er auch darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, dass ihn keine Pflichtverletzung trifft, wenn die für den Schaden in Betracht kommenden Ursachen allein in seinem Obhuts- und Gefahrenbereich liegen (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2018 – VII ZR 251/17 Rn. 14 m.w.N., NJW 2018, 2956; Urteil vom 5. Oktober 2016 – XII ZR 50/14 Rn. 31, NJW-RR 2017, 635; Urteil vom 22. Oktober 2008 – XII ZR 148/06 Rn. 15 f., NJW 2009, 142).

bb) Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts liegt die Ursache für die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs allein im Obhuts- und Gefahrenbereich der Beklagten. Nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, die auf dem außer Streit stehenden Gutachten des gerichtlich bestellten Sachverständigen beruhen, kam es zu der Schädigung, weil die Waschanlage konstruktionsbedingt nicht für das serienmäßig mit einem Heckspoiler ausgestattete Fahrzeug des Klägers geeignet war. Das Risiko, dass eine Autowaschanlage für ein marktgängiges Fahrzeug wie dasjenige des Klägers mit einer serienmäßigen Ausstattung wie dem betroffenen Heckspoiler konstruktionsbedingt nicht geeignet ist, fällt in den Obhuts- und Gefahrenbereich des Waschanlagenbetreibers.

Anders als vom Berufungsgericht angenommen, kommt daneben keine aus dem Obhuts- und Gefahrenbereich des Klägers stammende Ursache für diesen Schaden in Betracht. Nach den ebenfalls unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts war das Fahrzeug des Klägers vor dem Einfahren in die Waschanlage unbeschädigt und der serienmäßige Heckspoiler ordnungsgemäß angebracht sowie fest mit dem Fahrzeug verbunden. Der Kläger, dem mit seinem marktgängigen, serienmäßig ausgestatteten und in ordnungsgemäßem Zustand befindlichen Fahrzeug von der Beklagten als Betreiberin die Nutzung der Waschanlage eröffnet wurde, konnte berechtigt darauf vertrauen, dass sein Fahrzeug so, wie es ist, also mitsamt den serienmäßig außen angebrachten Teilen, unbeschädigt aus dem Waschvorgang hervorgehen werde. Dieses Vertrauen war insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Risikobeherrschung gerechtfertigt, weil nur der Anlagenbetreiber Schadensprävention betreiben kann, wohingegen der Kunde regelmäßig sein Fahrzeug der Obhut des Betreibers überantwortet, ohne die weiteren Vorgänge selbst beeinflussen zu können. Anders als der Betreiber, der es in der Hand hat, bestimmte Fahrzeugmodelle, die er für schadensanfällig hält, von der Benutzung seiner Anlage auszuschließen und dadurch das Risiko einer Beschädigung zu verringern (vgl. BGH, Urteil vom 30. November 2004 – X ZR 133/03, NJW 2005, 422, juris Rn. 28), ist es dem Kunden regelmäßig nicht möglich, solche Waschanlagen von vornherein zu identifizieren und zu meiden, die konstruktionsbedingt nicht geeignet sind, sein Fahrzeug ohne ein erhöhtes Schadensrisiko zu reinigen.“

Und dann hat der BGH selbst entschieden:

„Das Berufungsurteil kann hiernach keinen Bestand haben und ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat kann gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist.

1. Dem Kläger steht gemäß § 631, § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch in der geltend gemachten Höhe wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs zu.

Die Beklagte hat die – infolge der Zuordnung der Schadensursache allein zu ihrem Obhuts- und Gefahrenbereich – gegen sie streitende Vermutung der Pflichtverletzung nicht widerlegt und den ihr gemäß § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB obliegenden Nachweis fehlenden Verschuldens nicht geführt. Sie hätte darlegen und beweisen müssen, dass sie die konstruktionsbedingte Inkompatibilität weder kannte noch kennen musste oder sie alles Erforderliche und Zumutbare unternommen hat, um das Einfahren eines Fahrzeugs in ihre Waschanlage zu verhindern, für das diese Anlage konstruktionsbedingt nicht geeignet ist. Diesen Anforderungen wird das Beklagtenvorbringen nicht gerecht. Weitere Feststellungen hierzu sind auch nicht zu erwarten.

a) Der Vortrag der Beklagten, ihr sei die Gefahr der Schädigung des serienmäßig angebrachten Heckspoilers nicht bekannt gewesen, weil sich ein solcher Vorfall bislang in der Waschanlage nicht ereignet habe, sie habe diese Gefahr auch nicht kennen müssen und hierfür keine konkreten Anhaltspunkte gehabt, eine hypothetische Erkundigung hätte zudem an dem konkreten Schadensereignis nichts geändert, genügt zu ihrer Entlastung nicht. Es fehlt schon an der Darlegung, ob sich die Beklagte – die sich ausweislich der in der Waschanlage angebrachten Schilder der Gefahr einer Beschädigung insbesondere von Heckspoilern grundsätzlich bewusst war – darüber informiert hat, für welche Fahrzeuge ihre Anlage konstruktionsbedingt ungeeignet ist und daher ein erhöhtes Schadensrisiko besteht. Ebenso wenig ist dargetan, dass sie keine Informationen bekommen hätte, auf deren Grundlage die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs vermieden worden wäre.

b) Die Beklagte hat sich ferner nicht durch einen ausreichenden Hinweis auf die mit dem Waschvorgang verbundenen Gefahren entlastet.

Das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in der Waschanlage angebrachte, mit „Allgemeine Geschäftsbedingungen Autowaschanlagen/Portalwaschanlagen“ überschriebene Schild reicht als Hinweis schon deshalb nicht aus, weil es ausdrücklich nur „nicht ordnungsgemäß befestigte Fahrzeugteile oder (…) nicht zur Serienausstattung des Fahrzeugs gehörende Fahrzeugteile (z.B. Spoiler, Antenne, Zierleisten o.ä.)“ erwähnt. Nicht nur fällt der Heckspoiler des klägerischen Fahrzeugs nicht hierunter, weil er zur Serienausstattung gehört (und ordnungsgemäß befestigt war), sondern die ausdrückliche Beschränkung auf nicht serienmäßige Fahrzeugteile ist sogar geeignet, bei dem Kunden das Vertrauen zu begründen, mit einem serienmäßig ausgestatteten Pkw die Anlage gefahrlos benutzen zu können.

Ebenso wenig stellt der darunter befindliche Zettel mit der Aufschrift „Keine Haftung für Anbauteile und Heckspoiler!“ einen ausreichenden Hinweis dar. Angesichts des darüber befindlichen Schildes mit der ausdrücklichen Beschränkung auf nicht zur Serienausstattung gehörende Teile wird für den Kunden schon nicht hinreichend klar, dass – gegebenenfalls – von diesem Hinweis auch die Nutzung der Waschanlage durch Fahrzeuge mit serienmäßigem Heckspoiler erfasst sein soll.“