Auch die zweite Entscheidung des Tages, die mir der Kollege Bleicher aus Dortmund geschickt hat, ist eine „schöne“ Entscheidung. „Schön“ deshalb, weil man sich mal darüber freuen kann, dass ein Richter es mit dem Freiheitsrecht eines Beschuldigten ernst nimmt. Das AG Oberhausen hat nämlich im AG Oberhausen, Beschl.v. 18.10.2019 – 27 Gs 916/19 (132 Js 198/16) – in einem Verfahren wegen des Verdachts des versuchten Totschlags und Verstoßes gegen das Waffengesetz einen Haftbefehl aufgehoben. Grund: Der Beschuldigte ist ihm von der JVA Dresden nicht rechtzeitig zur „Vorführung vor dem zuständigen Gericht“ vorgeführt worden. Die Dresdener meinten, das sei nicht so eilig und es reiche der Sammeltransport. Anders das AG Oberhausen:
„Aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts vom 18.11.2016 wurde der Beschuldigte am 13.10.2019 dem Richter des nächsten Amtsgerichts vorgeführt. Dort beantragte der Beschuldigte, dem zuständigen Richter vorgeführt zu werden. Mit Verfügung vom 14.10.2019 bestimmte das Gericht einen Vernehmungstermin auf den heutigen Tag um 12:15 Uhr und ordnete die Vorführung des Beschuldigten an. Am 16.10.2019 teilte die Justizvollzugsanstalt Dresden mit, dass ein Einzeltransport aufgrund der Kurzfristigkeit und personellen Situation nicht realisierbar sei. Der Beschuldigte werde am 22.10.2019 in die Justizvollzugsanstalt Duisburg-Hamborn verschubt und treffe dort am 29.10.2019 ein. Mit Schreiben vom 17.10.2019, dem Vorsitzenden am 18.10.2019 vorgelegt, teilte die Justizvollzugsanstalt Dresden mit, dass eine Vorführung nicht erfolgen werde. Nach Auffassung der Justizvollzugsanstalt Dresden erfolge eine unverzügliche Vorführung, indem der Gefangene mit dem nächsten Sammeltransport verlegt werde. Auch aus organisatorischen Gründen sei ein Einzeltransport nicht umsetzbar.
Nach § 115a Abs. 1 StPO ist der Beschuldigte unverzüglich, spätestens am Tage nach der Ergreifung, dem nächsten Amtsgericht vorzuführen, wenn er nicht spätestens am Tag nach der Ergreifung dem zuständigen Gericht vorgeführt werden kann. Wird der Beschuldigte nicht freigelassen, so ist er nach § 115a Abs. 3 Satz 1 StPO auf sein Verlangen dem zuständigen Gericht zur Vernehmung nach § 115 vorzuführen. Zwar gibt es im Fall des § 115a Abs. 3 Satz 1 StPO keine gesetzliche Frist zur Vorführung vor dem zuständigen Gericht. Jedoch erfordert es das in Haftsachen grundsätzlich geltende Beschleunigungsgebot, dass dies unverzüglich geschieht, so dass in einem solchen Fall ein Einzeltransport durchgeführt werden muss (vgl. Böhm/Werner, in: Münchener Kommentar zur StPO, 2014, § 115a Rn. 21, Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. 2019, § 115a Rn. 8 jeweils m.w.N.). Eine Sammelverschubung ist mit den Grundrechten des Beschuldigten aus Art. 104 Abs. 3 Satz 2 GG nicht vereinbar (vgl. Böhm/Werner, in: Münchener Kommentar zur StPO, § 115a Rn. 21). Der Haftbefehl ist daher aufzuheben.“