Schlagwort-Archive: VG Arnsberg

Voraussetzung der Fahrtenbuchauflage nach Straftat, oder: In Zusammenhang mit dem Führen des Kfz?

© euthymia – Fotolia.com

Die zweite Entscheidung, der VG Arnsberg, Beschl. v. 31.01.2022 – 7 L 7/22 -, die mir der Kollege Wandt aus Wuppertal geschickt hat, betrifft mal wieder den § 31a StVZO, also Fahrtenbuchanordnung. Der Entscheidung liegt aber nicht der „übliche“ Sachverhalt zugrunde, sondern: Der Anordnung zugrunde gelegt werden Straftaten, und zwar vorsätzliche einfache Körperverletzung, Sachbeschädigung an nicht frei zugänglichen Orten – ohne Kfz, Beleidigung. Ausgegangen wird wohl von einem Sachverhalt dergestalt, dass „nach den übereinstimmenden Aussagen des Geschädigten und des Zeugen … der Täter vor einer roten Ampel aus seinem Auto ausgestiegen [ist], zu Fuß zu dem vor dem Fahrzeug des Täters stehenden Fahrzeug des Geschädigten gelangt und dort – durch das geöffnete Seitenfenster – handgreiflich (Prellung der Nase des Geschädigten) und beleidigend geworden“ ist. Das reicht nach Auffassung des VG nicht für die Fahrtenbuchanordnung, so dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Fahrzeughalters gegen die Anordnung wieder hergestellt worden ist:

„Der Antragsgegner kann die Anordnung der Fahrtenbuchauflage aller Voraussicht nach nicht auf § 31 a Abs. 1 Satz 1 StVZO stützen. Nach dieser Vorschrift kann die Verwaltungsbehörde einem Fahrzeughalter für ein oder mehrere auf ihn zugelassene oder künftig zuzulassende Fahrzeuge die Führung eines Fahrtenbuches auferlegen, wenn die Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften nicht möglich war. Die Verwaltungsbehörde kann nach Satz 2 ein oder mehrere Ersatzfahrzeuge bestimmen.

Unter Berücksichtigung der von dem Antragsgegner in dem angefochtenen Bescheid aufgrund des dort dargestellten Sachverhaltes zugrunde gelegten Straftaten (vorsätzliche einfache Körperverletzung, Sachbeschädigung an nicht frei zugänglichen Orten – ohne Kfz, Beleidigung) – liegen die Voraussetzungen für den Erlass einer Fahrtenbuchauflage nicht vor. Denn es steht bereits nicht mit der erforderlichen hinreichenden Sicherheit fest, dass die objektiven Tatbestände dieser Straftaten bei oder im Zusammenhang mit der Führung des (früheren) Fahrzeuges des Antragstellers begangen wurden. § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO bringt dadurch, dass dort auf den Fahrzeughalter und die (Unmöglichkeit der) Feststellung eines Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften abgestellt wird, zum Ausdruck, dass die Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften jedenfalls bei oder im Zusammenhang mit der Führung des Fahrzeuges des Fahrzeughalters begangen worden sein muss. Ein Fahrzeug führt derjenige, der es unter bestimmungsgemäßer Anwendung seiner Antriebskräfte unter eigener Allein- oder Mitverantwortung in Bewegung setzt oder das Fahrzeug unter Handhabung seiner technischen Vorrichtungen während der Fahrbewegung durch den öffentlichen Verkehrsraum ganz oder wenigstens zum Teil lenkt, wobei der etwa vorhandenen Motorkraft als Ursache der Bewegung keine Bedeutung zukommt.

Vgl. Görlinger in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 2. Aufl., § 315c StGB (Stand: 1. Dezember 2021), Rn. 31.

Der Begriff der Führung eines Kraftfahrzeuges erfasst grundsätzlich nur Bewegungsvorgänge.

Vgl. Geppert in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2007, § 69 Entziehung der Fahrerlaubnis, Rn. 26.

Unter Berücksichtigung der Aussagen des Geschädigten und des Zeugen wurden die zur Anzeige gebrachten (objektiven) Tatbestände der – in dem angefochtenen Bescheid für die Anordnung der Fahrtenbuchauflage zugrunde gelegten – Straftaten jedenfalls nicht bei oder im Zusammenhang mit einem Bewegungsvorgang des Fahrzeuges des Antragstellers begangen. Denn nach den übereinstimmenden Aussagen des Geschädigten und des Zeugen ist der Täter vor einer roten Ampel aus seinem Auto ausgestiegen, zu Fuß zu dem vor dem Fahrzeug des Täters stehenden Fahrzeug des Geschädigten gelangt und dort – durch das geöffnete Seitenfenster – handgreiflich (Prellung der Nase des Geschädigten) und beleidigend geworden.“

M.E. richtig. Denn die Fahrtenbuchauflage ist ja keine „Nebenstrafe“ für Straftaten im Straßenverkehr, bei denen ein Kraftfahrzeug nicht „geführt“ wird.

BVB-Fahne darf weiter flattern…Nachbarrechtsstreit entschieden

© pico – Fotolia.com

Am 23.02.2013 hatte ich über den beim VG Arnsberg anhängigen Nachbarrechtsstreit berichtet, (Kein Sonntagswitz: Der Nachbarschaftsstreit um die Borussia Dortmund Fahne), in dem es um die Frage ging, ob eine auf einem Nachbarschaftgrundstück wehende Fahne von Borussia Dortmund unzulässige Werbung ist, die dem Nachbarn untersagt werden kann/muss (Kläger ist wahrscheinlich ein Schalke-Fan). Zu dem Streit liegt jetzt seit dem 15.07.2013 eine Entscheidung des VG Arnsberg vor (vgl. hier die PM vom 22.07.2013 zum Urteil vom 15.07.2013 in 8 K 1679/12). In der PM dazu heißt es:

„Im Streit um die in einem Wohngebiet der Stadt Hemer gehisste Fahne des Fußballclubs Borussia Dortmund hat das Verwaltungsgericht Arnsberg die Beseitigungsklage eines Nachbarn durch Urteil vom 15. Juli 2013 abgewiesen.

BVB-Fans hatten die ca. 1 x 2 m große Fahne an einem etwa 5 m hohen Fahnenmast im hinteren Teil ihres Grundstücks angebracht. Die Kläger, deren Grundstück rund 11,50 m von dem Fahnenmast entfernt ist, verlangten – erfolglos – bauaufsichtliches Einschreiten von der Stadt Hemer. Sie machten u.a. geltend, dass die Fahne eine im Wohngebiet unzulässige Werbeanlage für den BVB als börsennotiertes Unternehmen darstelle und von ihr unzumutbare Störungen durch Lärm und Schlagschatten ausgingen.

Das Verwaltungsgericht folgte der Argumentation der Kläger nicht und führte in seinem Urteil aus: Der Fahnenmast mit der BVB-Fahne stelle keine wohngebietsfremde Nutzung dar. In dem Aufstellen des Masts liege keine eigene gewerbliche Betätigung. Auch handele es sich nicht um eine Werbeanlage im baurechtlichen Sinne, weil der Mast nicht als Träger für wechselnde Werbung vorgesehen sei; die aufgezogene Fahne bringe lediglich die innere Verbundenheit mit dem BVB zum Ausdruck. Mast und Fahne seien eine im Wohngebiet zulässige Nebenanlage. Von dieser gingen auch keine unzumutbaren Beeinträchtigungen aus. Dass die Fahne gerade bei Nässe und starkem Wind nicht unerhebliche Geräusche verursache, führe nicht zu einem Einschreitensanspruch der Kläger. Die Eigentümer des Nachbargrundstücks hätten glaubhaft versichert, die Fahne bei entsprechenden Wetterlagen einzuholen. Selbst wenn dies gelegentlich versäumt werde, sei ein zumutbares Maß an Beeinträchtigungen nicht überschritten. Auch der Blick auf die flatternde Fahne begründe keine unzumutbare Störung der Kläger. Nicht anders als bei den Lebensäußerungen der Bewohner selbst und den durch die Gartennutzung üblicherweise entstehenden Geräuschen gehe es auch hier um gelegentlich auftretende Beeinträchtigungen, die mit der Wohnnutzung zusammenhingen und im Nachbarschaftsverhältnis grundsätzlich hingenommen werden müssten.

Das Urteil ist (natürlich) nicht rechtskräftig. Fahne darf aber zunächst mal weiter flattern…Die BvB-Fans hoffen natürlich, dass die Fahne in der kommenden Saison auch Grund zum Flattern hat.

Kein Sonntagswitz: Der Nachbarschaftsstreit um die Borussia Dortmund Fahne

(Pünktlich) zum morgigen Spiel von Borussia Dortmund gegen Borussia Mönchengladbach die Sportmeldung der Woche :-):, über die auch schon LTO und die Presse berichtet haben: Beim VG Arnsberg ist ein – m.E. in der Tat skurriler – Nachbarschaftsstreit anhängig. Nämlich die Frage, ob eine auf einem Nachbarschaftgrundstück wehende Fahne von Borussia Dortmund unzulässige Werbung ist. Nach den Meldungen

will ein „Mann aus Hemer in Nordrhein-Westfalen [will] mit diesem juristischen Kniff seinen Nachbarn zum Abbau eines störenden Fahnenmastes zwingen. Nachdem der Mann bei der Stadt im Sauerland mit seiner Forderung abgeblitzt war, den störenden Fahnenmast als ungenehmigtes Bauwerk zu verbieten, zog er gegen die Kommune vor Gericht. In seiner Klage habe er ausgeführt, dass Borussia Dortmund ein börsennotiertes Unternehmen und dafür Werbung in Wohngebieten unzulässig sei, sagte Gerichtssprecher Klaus Buter am Mittwoch.

Wann sich das Gericht intensiver mit dem Fall beschäftigen wird, ist noch unklar. Auf jeden Fall ist aber ein Ortstermin am Fahnenmast geplant.“

Ach so: M.E. hätte man die Meldung auch unter dem Sonntagwitz bringen können. Ich wollte es mir aber nicht mit den Fussballfans (?) verderben.