Nach dem dem BGH, Beschl. v. 26.11.2013 – 3 StR 331/13 – zugrunde liegenden Sachverhalt kam es in der Wohnung des Angeklagten zum Streit zwischen dem Angeklagten und dem (späteren) Nebenkläger. Im Verlauf des Streites ergriff der Nebenkläger einen neben der Wohnungstür stehenden Baseballschläger mit einem Schlagkopf aus Metall und richtete sich damit gegen den Angeklagten. Dieser entwendete dem Nebenkläger den Baseballschläger und schlug ihm damit einmal gegen den Kopf, um auf diese Weise weitere körperliche Angriffe des Nebenklägers auf ihn zu unterbinden. Infolge des Schlages erlitt der Nebenkläger eine 12 cm lange Wunde sowie eine Gehirnerschütterung. Bei dem Versuch, nunmehr aus der Wohnung zu gelangen, stürzte er, weil ihm schwindelig war; dabei zog er sich weitere schwere Kopfverletzungen. Frage: Notwehr (§ 32 StGB) ja, oder nein.
Das LG Verden (Aller) hatte Notwehr nach § 32 StGB verneint, der BGH hat auf die Revision die Verurteilung aufgehoben und den Angeklagten frei gesprochen:
2. Der Angeklagte war auf seine Revision freizusprechen, weil nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen der Notwehr gegeben sind. Entgegen der Ansicht des Landgerichts war die vom Angeklagten gewählte Verteidigungshandlung insbesondere erforderlich im Sinne des § 32 Abs. 2 StGB.
a) Ob eine Verteidigungshandlung in diesem Sinne erforderlich ist, hängt im Wesentlichen von Art und Maß des Angriffs ab. Der Angegriffene darf sich grundsätzlich des Abwehrmittels bedienen, das er zur Hand hat und das eine sofortige und endgültige Beseitigung der Gefahr erwarten lässt. Dies schließt auch den Einsatz von Waffen oder gefährlichen Werkzeugen ein. Von mehreren Abwehrmitteln, die dem Angegriffenen in der konkreten Situation zur Verfügung stehen, hat er das mildeste zu verwenden, wenn dessen Einsatz ebenfalls die sofortige und endgültige Abwehr des Angriffs verspricht. Ob dies der Fall ist, ist aufgrund einer objektiven ex-ante-Betrachtung zu entscheiden. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Verteidigungshandlung an. Auf weniger gefährliche Abwehrmittel muss der Angegriffene nur dann zurückgreifen, wenn deren Abwehrwirkung unter den gegebenen Umständen unzwei-felhaft ist und genügend Zeit zur Abschätzung der Lage zur Verfügung steht (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 27. September 2012 – 4 StR 197/12, BGHR StGB § 32 Abs. 2 Erforderlichkeit 20 mwN).
b) Nach diesen Maßstäben durfte sich der Angeklagte wie geschehen mit einem Schlag mit dem Baseballschläger verteidigen. Die Feststellungen belegen nicht, dass ein Hinausdrängen aus der Wohnung den Angriff des Nebenklägers ebenfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beendet hätte. Im Gegenteil: Der Angeklagte hatte den Nebenkläger bereits nach dem ersten Angriff in Richtung Wohnungstür gedrängt. Bei dem daraus entstehenden Gerangel hatte der Nebenkläger den Angeklagten verletzt. Sodann hatte er den Angriff auf den Angeklagten mit dem Ergreifen des Baseballschlägers noch einmal intensiviert. Bei einem weiteren Zurückdrängen des Nebenklägers durch den Angeklagten drohte deshalb naheliegend eine weitere Gegenwehr mit der möglichen Folge weiterer Verletzungen des Angeklagten. In dieser sich dynamisch entwickelnden Situation, die aus Sicht des Angeklagten eine schnelle, sichere und endgültige Beseitigung der Gefahr erforderte, brauchte er sich nicht auf Mittel und Möglichkeiten verweisen lassen, deren Abwehrerfolg derart ungewiss war.