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OWi I: Verteidigervollmacht, oder: Unwirksame Beschränkungen der Zustellungsvollmacht

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Und dann heute gleich noch einmal ein OWi-Tag. Ich habe derzeit dazu viel Material, nachdem das KG wieder im 21. Jahrhundert angekommen ist und (nach)liefert. Und so gibt es dann auch wieder zwei KG-Beschlüsse und einen Beschluss vom BayObLG.

Mit dem BayObLG, Beschl. v. 11.02.2020 – 202 ObOWi 38/20 – mache ich den Anfang. Er nimmt Stellung zur Wirksamkeit der Einschränkung der Verteidigervollmacht für Zustellungen (im Bußgeldverfahren) und führt zur Begründung seiner Auffassung, dass diese unwirksam sind, aus:

„2. Zugleich mit Blick auf die zur Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft vom 09.01.2020 abgegebene Stellungnahme der Verteidigung vom 04.02.2020 bemerkt der Senat ergänzend:

a) Entgegen der Rechtsauffassung der Verteidigung ist – wovon das Amtsgericht zutreffend ausgeht – keine Verfolgungsverjährung eingetreten, nachdem die sog. ‚kurze‘ Verjährungsfrist von drei Monaten zunächst am 27.11.2018 gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 OWiG (Anordnung der Betroffenenanhörung) und sodann durch Erlass des Bußgeldbescheids am 11.02.2019 und seiner Zustellung an den Verteidiger des Betroffenen am 13.02.2019 gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG jeweils wirksam unterbrochen wurde. Insbesondere scheitert die Annahme der Unterbrechenswirkung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 9 OWiG nicht etwa daran, dass der Bußgeldbescheid – wie die Verteidigung meint – aufgrund der sich in den Akten befindlichen Vollmacht und der dort ausdrücklich aufgenommenen und durch Fettdruck hervorgehobenen Ausnahme u.a. für die „Empfangsvollmacht […] für […] Bußgeldbescheide“ (konstitutiv) ausgeschlossen und der Bußgeldbescheid deshalb nicht wirksam an die Verteidigung zugestellt werden konnte. Vielmehr erweist sich diese Ausnahme mit der der Vorschrift des § 145a Abs. 1 StPO entsprechenden Bestimmung des § 51 Abs. 3 Satz 1 1. Halbsatz OWiG auch im Bußgeldverfahren insoweit als unvereinbar und deshalb ohne weiteres als unwirksam, als mit ihr (oder auch durch entsprechende Streichungen innerhalb einer an sich unbeschränkten Vollmachtsurkunde) von vorneherein ein vollständiger Entzug oder – wie hier – eine Begrenzung des vom Willen des Betroffenen unabhängigen, weil gesetzlichen Umfangs der sich allein aus der Stellung des Verteidigers – hier als Wahlverteidiger – ergebenden Zustellungsvollmacht herbeigeführt würde (st.Rspr.; vgl. schon BayObLG, Beschl. v. 04.07.1969 – 1 b St 161/69 = BayObLGSt 1969, 110, 111 f.; ferner OLG Dresden, Beschl. v. 10.05.2005 – Ss [OWi] 309/05 = NStZ-RR 2005, 244 = DAR 2005, 572 = BeckRS 2005, 5821 = VRS 108 [2005], 439; OLG Köln, Beschl. v. 02.04.2004 – Ss 126/04 = NJW 2004, 3196 = NStZ 2004, 647 = NZV 2004, 595 = VRS 107 [2004], 295 = BeckRS 9998, 36347; OLG Jena, Beschl. v. 06.06.2001 – 1 Ss 126/01 = NJW 2001, 3204 = OLGSt OWiG § 51 Nr 2 = VRS 101 [2001], 123 = StraFo 2001, 413 und zuletzt OLG Hamm, Beschl. v. 18.03.2019 – 1 RBs 42/19 bei juris; ferner LR/Lüderssen StPO 26. Aufl., § 145a Rn 2; Meyer-Goßner/Schmitt StPO 62. Aufl. § 145a Rn. 2; Göhler/Seitz/Bauer OWiG 17. Aufl. § 51 Rn. 44a; KK/Lampe OWiG 5. Aufl. § 51 Rn. 83 und KK/Willnow StPO 8. Aufl. § 145a Rn. 1; jeweils m.w.N.). Eine andere Sicht erwiese sich mit dem Gesetzeszweck, nämlich der im Interesse der Schaffung von Rechtssicherheit gebotenen Klarheit darüber, wann eine Zustellung an den Verteidiger des Angeklagten oder – wie hier – des Betroffenen gegen diesen wirkt, unvereinbar (BayObLG a.a.O.). Aus alledem folgt, dass es auf weitere Erwägungen, etwa zur Frage einer nach den Gesamtumständen auch rechtsgeschäftlich erteilten Zustellungsvollmacht oder einer etwaigen Rechtsmissbräuchlichkeit des Verteidigungsvorbringens zur vermeintlich unwirksamen Zustellung aufgrund bestimmter verfahrensrechtlicher Konstellationen (sog. ‚Verjährungsfalle‘) nicht ankommt.“

Überrascht nicht wirklich. Oder?