Nach § 121 Abs. 1 StPO können der Umfang bzw. die Schwierigkeit der Ermittlungen die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus rechtfertigen. liegen vor. Mit der Problematik des Umfangs der Ermittlungen setzt sich jetzt (noch einmal/Wieder) der OLG Hamm, Beschl. v. 17.05.2011 – III 1 Ws 218/11 auseinander. In dem Verfahren war es wegen der Einholung von SV-Gutachten zu Verzögerungen gekommen. Das OLG Hamm hat in seinem Beschluss die Vorgehensweise der Ermittlungsbehörden, die zunächst ein SV-Gutachten zu den Fragen der §§ 20, 21 StGB nicht eingeholt hatte, nicht beanstandet. Dazu:
„Zwar ist es bei einer ungewöhnlichen Tatausführung sowie bei zweifelhafter Motivlage in der Regel geboten, einen Sachverständigen zur Würdigung des Täterverhaltens aus psychiatrischer Sicht zu veranlassen, da die Frage, ob eine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit vorgelegen hat, von Staatsanwaltschaft und Gericht grundsätzlich nicht aus eigener Sachkunde beurteilt werden kann (vgl. BVerfG B. v. 06.06.2007, 2 BvR 971/07, BVerfGK 11, 286ff, […] Rdnr 29). Dies zwingt aber nicht in jedem Fall dazu, sofort ein solches Gutachten in Auftrag zu geben (vgl. OLG Nürnberg B. v. 04.08.2009, 1 Ws 398/09, […] Rdnr 9). Schuldfähigkeitsgutachten haben keinen Selbstzweck sondern dienen der Unterstützung des Gerichts und der Staatsanwaltschaft bei der Beurteilung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Täters. Hierzu stellt der Sachverständige seine speziellen Kenntnisse bei der Auswertung der Ermittlungsergebnisse zur Verfügung und trägt durch eigene Erhebungen zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage bei (OLG Nürnberg a.a.O. m.w.N.). Vorliegend ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Angeschuldigte bei Ausführung der Taten schuldunfähig gewesen sein könnte. Hinsichtlich des ihr zur Last gelegten Tötungsdeliktes gaben zwar die Vielzahl der Verletzungen und die Brutalität der Tat, welche die Obduktion und das Gutachten zur Wundanalytik und zur Identifizierung möglicher Verletzungswerkzeuge im Oktober/ November 2011 zu Tage gefördert hatten, einen ersten Anhaltspunkt dafür, die Tatausführung auch von psychiatrischer Seite begutachten zu lassen. Zu diesem Zeitpunkt lagen indes die Ergebnisse der Todesursachenuntersuchung, der Untersuchung der angeblichen Abwehrverletzungen der Angeschuldigten und auch der Forensisch-toxikologischen Untersuchung noch nicht vor. Da die Angeschuldigte sich zu einer Exploration durch einen psychiatrischen Sachverständigen trotz mehrfacher Nachfragen der Staatsanwaltschaft bei dem seinerzeitigen Pflichtverteidiger und Nachfrage bei dem Wahlverteidiger C nicht bereit erklärt hatte, ist nicht zu beanstanden, dass die Staatsanwaltschaft die Begutachtung vor Fertigung der Anklageschrift nicht mehr angeordnet hat. Anknüpfungspunkt für jede Schuldfähigkeitsbegutachtung ist die konkrete Tatsituation; sie bedarf der umfassenden Gesamtwürdigung des Täterverhaltens vor, während und nach der Tat (BGH NStZ-RR 2008, 39; Fischer 57. Auf. § 20 Rdnr 32; OLG Nürnberg a.a.O., jew. m.w.N.). Vorliegend widersprachen die Angaben der Angeschuldigten zum Tatgeschehen während der richterlichen Vernehmung dem Befund an der Leiche. So hatte die Angeschuldigte eine Notwehrsituation angegeben und lediglich einen Stich zugegeben. Es bedurfte daher weiterer Ermittlungen insbesondere zur Todesursache der Geschädigten, um einem Sachverständigen Anknüpfungstatsachen zum konkreten Tatverlauf zu liefern. Nachdem die Gutachten zur Todesursache und den Verletzungen der Angeschuldigten vorlagen, und die Angeschuldigte erneut lediglich angekündigt hatte, sich zu einer Exploration zu erklären, ist zeitnah, binnen weniger Tage, die psychiatrische Begutachtung angeordnet worden. Ebenso ist anschließend zeitnah die von der Psychiaterin für erforderlich erachtete psychologische Begutachtung angeordnet worden.“