Am heutigen Tag stelle ich dann – quasi zum Wochenende = vor den gebührenrechtlichen Entscheidungen am Freitag – noch ein paar OWi-Entscheidungen vor. Alle drei haben eine Verurteilung wegen eins Rotlichtverstoßes zum Gegenstand.
Ich beginne – zum Warmwerden – mit dem KG, Beschl. v. 24.01.2022 – 3 Ws (B) 354/21-, der zu dern Frage Stellung nimmt: Handelt es sich um einen Rotlichtverstoß wegen verkehrsbedingten Halts nach Überfahren der Haltlinie?
Nach den Feststellungen des AG befand sich der Betroffene in der rechten Spur vor der Kreuzung S. A./E. Straße, als die Ampel für seine Fahrtrichtung grünes Licht abstrahlte. Aufgrund hohen Verkehrsaufkommens – er war das 3. Fahrzeug – gelang es ihm nur, mit den Vorderrädern über die Haltelinie zu fahren und musste bereits 50 cm danach wegen Rechtsabbiegern vor der noch vier Meter von seinem Fahrzeug entfernten Lichtzeichenanlage halten. Seine Fahrt konnte er erst fortsetzen, als die Ampel rot zeigte. Er scherte nach links aus, um an den ihn an der Weiterfahrt hindernden Fahrzeuge vorbeizufahren, wobei ein Zusammenstoß mit der Straßenbahn in der Mitte der Fahrbahn nur durch deren starkes Abbremsen vermieden werden konnte.
Das AG ist von einem Roltichtverstoß ausgegangen. Das KG hat das bestätigt:
„Soweit der Betroffene meint, der Verurteilung wegen eines Rotlichtverstoßes stehe der Umstand, dass er ein berechtigter Kreuzungsräumer, also bei Grün ordnungsgemäß in die Kreuzung eingefahren sei, entgegen, teilt der Senat diese Auffassung nicht.
Bereits das Einfahren legt einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 StVO nahe. Danach darf trotz grünem Lichtzeichen bei stockendem Verkehr nicht in die Kreuzung eingefahren werden, wenn auf ihr gewartet werden müsste.
Nach den Feststellungen, die auf einer beanstandungsfreien Beweiswürdigung beruhen, ist der Betroffene als 3. Fahrzeug bei für ihn grünes Licht abstrahlenden Lichtzeichenanlage über die Haltelinie gefahren, musste aber schon ca. 50 cm danach wieder verkehrsbedingt halten.
Dieser Sachverhalt legt den Schluss nahe, dass es für den Betroffenen beim Überfahren der Haltelinie erkennbar war, dass er die Kreuzung wegen der abbiegenden Fahrzeuge nicht rechtzeitig wird passieren können.
Unabhängig davon, missachtete der Betroffene das Haltgebot vor der Kreuzung nach § 37 Abs. 2 Satz 7 StVO und beging einen Rotlichtverstoß. Geht das Fahren über die Haltelinie und das Einfahren in den Kreuzungsbereich nicht nahtlos ineinander über, so darf der Kraftfahrzeugführer, wenn er vor dem durch die Flucht- oder Fahrlinien gebildeten Kreuzungsraum aufgehalten wurde, nach Rotlichtbeginn nicht weiterfahren (BGHSt 45, 134).
So liegt der Fall hier. Nach den Urteilsgründen steht fest, dass der Betroffene, der zunächst in einem Abstand von vier Meter hinter Haltelinie vor der Ampel stand, seine Fahrt fortgesetzte, als die Lichtzeichenanlage für ihn rotes Licht abstrahlte, obwohl er gefahrlos in diesem Bereich hätte bis zur nächsten Grünphase hätte warten können.
Dies wäre nur anders zu beurteilen, wenn er sich beim Farbwechsel bereits in dem geschützten Bereich befunden hätte, dann hätte er ihn vorsichtig und unter sorgfältiger Beachtung des einsetzenden Gegen- und Querverkehr mit Vorrang verlassen können (vgl. Senat, Beschluss vom 1. September 2000 – 3 Ws (B) 291/20 -, juris; König in: Hentschel/König/Dauer Straßenverkehrsrecht 46. Aufl., § 37 Rn. 41 m.w.N.). Entsprechende Feststellungen sind die Urteil nicht zu entnehmen.
Um dieser besonderen Verkehrssituation – hier das Überfahren der Haltelinie bei Grünlicht, Unterbrechen der Fahrt aufgrund verkehrsbedingten Haltens, Einfahrt in den geschützten Kreuzungsbereich bei Rotlicht und Gefährdung anderer – bedarf es im Grundsatz insbesondere unter Berücksichtigung der indiziellen Wirkung des Regelbeispiels nach §§ 25 StVG,1, 4 Abs. 1 Nr. 1 Anlage I zu § 1 BKatV, Abschnitt I lfd. Nr. 132.1 BKatV der sorgfältigen Prüfung, ob der Betroffene als Fahrzeugführer mit dem Einfahren bei Rot in den geschützten Kreuzungsbereich seine Pflichten „grob“ im Sinne des §§ 25 StVG, 4 Abs. 1 Nr. 3 BKatV verletzt hat (vgl. BGH a.a.O.). Anhaltspunkte für einen vom Regelfall abweichenden Sachverhalt, der die Anordnung des Fahrverbotes entfallen lassen könnte, ergeben sich aus den allein maßgeblichen Urteilsgründe nicht.“