Schulunfälle sind sicherlich nicht selten und haben häufig auch schwerere Folgen So auch ein „Schulunfall, der dann Gegenstand des OLG Hamm, Beschl. v. 08.04.2014 – 9 U 29/14 – geworden ist. Die Parteien waren Schüler einer Städtischen Gem. Hauptschule H. Am 20.01.2012 rangelten der Kläger und der Zeuge T nach Ende der Pause vor dem noch verschlossenen gemeinsamen Klassenraum freundschaftlich miteinander. Der Beklagte kam hinzu und versetzte dem Kläger mehrere Tritte mit dem beschuhten Fuß gegen dessen rechtes Bein und traf dabei das Kniegelenk. Der Kläger erlitt einen Kreuzbandriss, der operativ durch eine vordere Kreuzbandersatzplastik des rechten Kniegelenks versorgt werden musste. Der Kläger verlangt von dem Beklagten Zahlung eines Schmerzensgeldes, Ersatz der geltend gemachten materiellen Schäden und begehrt Feststellung eines materiellen und immateriellen Vorbehalts. Seine Klage ist abgewiesen worden.
Das OLG weist in dem o.a. Beschluss darauf hin, dass die dagegen eingelegte Berufung wohl keinen Erfolg haben wird, denn: Es greife der Haftungsausschluss gem. § 105 Abs.1 Satz 1 SGB VII. In Abweichung vom üblichen, im Zivilrecht geltenden Vorsatzbegriff, bei dem sich das Wissen und Wollen des Verletzers nur auf die Verletzungshandlung, nicht aber auf den konkret eingetretenen Schaden beziehen muss, ist es bei einem vorsätzlich herbeigeführten Schulunfall zur Haftungsbegründung erforderlich, dass sich der Vorsatz nicht nur auf die vorsätzliche Handlung, sondern auch auf die vorsätzlich herbeigeführte Schadensfolge beziehen müsse. Und das hat das OLG verneint:
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der bedingt vorsätzlich handelnde Täter die Gefahr deshalb in Kauf nimmt, weil er, wenn er sein Ziel nicht anders erreichen kann, es auch durch das unerwünschte Mittel verwirklichen will (BGH U. v. 08.03.2012 – III ZR 191/11 -, […]). Das Landgericht hat nicht verkannt, dass Tritte mit dem beschuhten Fuß gegen das Knie einer Person eine nicht unerhebliche Verletzungsgefahr in sich bergen, und solche Handlungen nicht Bestandteil der üblichen Raufereien an der von den Parteien besuchten Schule waren. Allerdings gehörten nach den Angaben der Zeugen „freundschaftliche“ Raufereien in wechselnder Beteiligung zur Tagesordnung. Dem Landgericht ist darin zuzustimmen, als es in diesen Rangeleien das pubertär bedingte ständige Kräftemessen gesehen hat, bei dem die Beteiligten nicht beabsichtigen, ihren Kontrahenten ernstlich zu verletzen. Dass der Beklagte von einer anderen Motivation geleitet gewesen ist, als er in die Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und dem Zeugen T eingegriffen hat, hat das Landgericht mit nicht angreifbarer Begründung nicht festzustellen vermocht. Dabei fällt auf, dass die Beteiligten nicht darüber verwundert waren, dass der Beklagte überhaupt in den Ringkampf des Klägers mit dem Zeugen T eingegriffen hat. Anlass zur Verwunderung hat dem Zeugen T nur gegeben, dass nach seiner Einschätzung die Tritte schon heftig gewesen seien und die Grenze zum Spaß überschritten hätten. Es bestanden im Vorfeld zwischen den Parteien andererseits keine Unstimmigkeiten, die ein überhartes Einsteigen gegen den Kläger mit dem Vorsatz, diesem ernsthafte Verletzungen zuzufügen, erklären könnten. Der Beklagte hat zudem mit den Tritten aufgehört, als der Kläger zu erkennen gegeben hat, eine schmerzhafte Verletzung erlitten zu haben. Nicht zuletzt aufgrund des jugendlichen Alters des Beklagten mit 15 Jahren und 10 Monaten und dem damit einhergehenden Übermut im Rahmen der Rauferei ist mit dem Landgericht davon auszugehen, dass der Beklagte im Zeitpunkt der Ausführung seiner Tritte weder eine Verletzung des Knies des Klägers in Form des Kreuzbandrisses in sein Vorstellungsbild aufgenommen noch sich mit dem als möglich erscheinenden Erfolgseintritt einverstanden erklärt hat. ….“