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Spielsucht – Strafmilderung beim Verdeckungsmord

© frank peters - Fotolia.de

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Auseinandergenommen“ hat der 5. Strafsenat des BGH ein Urteil des LG Berlin. Dessen Schwurgericht war bei dem Angeklagten, bei der Strafzumessung wegen eines festgestellten „Verdeckungsmordes“  von einem gemäß §§ 21, 49 Abs. 1 StGB gemilderten Strafrahmen ausgegangen und hatte das mit „Spielsucht“ des Angeklagten begründet hat. Der Angeklagte könne „seine Wettleidenschaft nicht mehr adäquat steuern“. Seine Spielsucht habe mittlerweile zu gravierenden Persönlichkeitsveränderungen geführt.

Das BGH, Urt. v. 07.11.2013 – 5 StR 377/13 – hat aufgehoben und dazu ausgeführt:

„a) „Pathologisches Spielen“ stellt – wovon das Landgericht im Ansatz zutreffend ausgeht – für sich genommen keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar (BGH, Urteil vom 25. Novem-ber 2004 – 5 StR 411/04, BGHSt 49, 365, 369; Beschlüsse vom 8. Novem-ber 1988 – 1 StR 544/88, BGHR § 21 StGB Seelische Abartigkeit 8, und vom  22. Juli 2003 – 4 StR 199/03, NStZ 2004, 31). Allerdings können in schweren Fällen psychische Defekte und Persönlichkeitsveränderungen auftreten, die eine ähnliche Struktur und Schwere wie bei stoffgebundenen Suchterkrankungen aufweisen, und es kann zu massiven Entzugserscheinungen kommen (vgl. BGH, Urteil vom 6. März 2013 – 5 StR 597/12, BGHSt 58, 192 mwN). Wie bei der Substanzabhängigkeit kann deshalb auch bei der Spiel-sucht eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit angenommen werden, wenn diese zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt oder der Täter bei den Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat. Diese Persönlichkeitsveränderungen müssen in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sein (vgl. BGH, Urteile vom 25. November 2004 und vom 6. März 2013 sowie Be-schlüsse vom 22. Juli 2003 und vom 8. November 1988, jeweils aaO).

Diesen Maßstäben wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Es ist bereits höchst zweifelhaft, ob die im Urteil wiedergegebenen, von der Schwurgerichtskammer im Einklang mit dem Sachverständigen als Anhalts-punkte für gravierende Persönlichkeitsänderungen genannten Verhaltens-weisen des Angeklagten solche überhaupt belegen. Jedenfalls setzt sich das Landgericht an keiner Stelle ausdrücklich damit auseinander, ob die angenommenen Veränderungen als andere seelische Abartigkeit in ihrem Schweregrad den krankhaften seelischen Störungen gleichwertig sind.

b) Das Landgericht hat sich darüber hinaus auch nicht ausreichend mit der Frage befasst, inwieweit sich die Spielsucht bei dem Angeklagten in der konkreten Tatsituation ausgewirkt hat.

aa) Spielsucht kann unter dem Gesichtspunkt einer Verminderung der Schuldfähigkeit nur dann beachtlich sein, wenn die begangenen Straftaten der Fortsetzung des Spielens dienen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 18. Mai 1994 – 5 StR 78/94, NStZ 1994, 501, und vom 8. Juni 2011 – 1 StR 122/11). Das angefochtene Urteil geht demgegenüber – allerdings entgegen der Einlassung des Angeklagten (UA S. 19) und den Annahmen des Sachverständigen (UA S. 29) – in seinen Feststellungen davon aus, dass es dem Angeklagten bei der Planung der Straftat zum Nachteil der später Getöteten darum ging, Geldmittel zum Schuldenabbau zu beschaffen (UA S. 8). Dies kann darauf hindeuten, dass beim Angeklagten keine völlige Einengung seines Verhaltensspielraums auf das Glücksspiel besteht (vgl. Leygraf, Handbuch der Forensischen Psychiatrie, Bd. 2, 2010, 514, 527).

bb) Darüber hinaus ist Folgendes zu bedenken: Die überlegten, zeitaufwendigen Vorbereitungen der Vortat sprechen gegen eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit. Ferner ist bei Taten höchster Schwere bei der Zubilligung der Voraussetzungen erheblich verminderter Steuerungsfähigkeit wegen der hohen Hemmschwelle besondere Zurückhaltung geboten (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 – 1 StR 346/03, BGHSt 49, 45, 53; LK/Schöch, 12. Aufl., § 20 Rn. 184 f. mwN). In diesem Zusammenhang weist der Senat darauf hin, dass die typische hohe emotionale Beein-trächtigung eines Verdeckungsmörders, die für sich genommen nicht zur Annahme des § 21 StGB führt (vgl. BGH, Urteil vom 28. Juni 1995 – 3 StR 72/95, BGHR StGB § 21 Affekt 7; ferner MK/Schneider, 2. Aufl., § 211 Rn. 234), auf einer gänzlich anderen Wurzel beruht als eine etwa gleichzeitig bestehende Spielleidenschaft desselben Täters. Daher wird auch aus der Kombination beider psychischen Beeinträchtigungen regelmäßig nichts für die Voraussetzungen des § 21 StGB herzuleiten sein.“

Und gar nicht gerne lesen werden Angeklagter und Verteidiger:

„c) Im Blick auf das gesamte Tatbild bemerkt der Senat, dass die wegen des Mordes verhängte Einsatzstrafe selbst bei Zubilligung einer Strafrahmenverschiebung außerordentlich milde bemessen ist. Zutreffend beanstandet die Staatsanwaltschaft zudem die strafmildernde Berücksichtigung erlittener Untersuchungshaft (vgl. BGH, Urteil vom 20. August 2013 – 5 StR 248/13 mwN).“

Verminderte Schuldfähigkeit beim Raub? Ja, wenn schon das Herstellen der Maske nicht klappt

Der Angeklagte wird vom LG wegen eines besonders schweren – gemeinschaftlich begangenen – Raubes verurteilt. Die Voraussetzungen des § 21 StGB werden vom LG verneint, obwohl von einer BAK von rund 2,7 Promille auszugehen ist. Das LG begründet das damit, dass für eine Herabsetzung der Steuerungsfähigkeit nur der Umstand spreche, dass die Angeklagten ihr (Raub)Vorhaben nicht aufgegeben hätten, nachdem sie erkannt worden seien. Andererseits hätten beide Angeklagten bei der Tat geordnet und überlegt agiert. Auch spreche die gute Erinnerung des Angeklagten an die Tat gegen eine erhebliche Verminderung seiner Steuerungsfähigkeit zur Tatzeit.

Der BGH sieht das anders und hat das LG-Urteil im Rechtsfolgenaussspruch aufgehoben. Im BGH, Beschl. v. 20.08.2013 – 5 StR 352/13 – führt er aus:

2. Diese Begründung hält revisionsgerichtlicher Überprüfung nicht stand. Eine Blutalkoholkonzentration von maximal 2,7 ‰ legt die Annahme einer erheblichen Herabsetzung der Hemmungsfähigkeit nahe, die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für eine Tat wie die vorliegende ab einer Blutalkoholkonzentration von 2,0 ‰ in Betracht zu ziehen ist (vgl. mwN BGH, Urteil vom 29. April 1997 – 1 StR 511/95, BGHSt 43, 66, 69, 72 ff.; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 20 Rn. 21). Auch wenn es keinen gesicherten medizinisch-statistischen Erfahrungssatz darüber gibt, dass ohne Rücksicht auf psychodiagnostische Beurteilungskriterien allein wegen einer bestimmten Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit in aller Regel vom Vorliegen einer alkoholbedingt erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden muss, ist der festgestellte Wert ein gewichtiges Beweisanzeichen für die Stärke der alkoholischen Beeinflussung (BGH, Beschlüsse vom 30. Juli 1997 – 3 StR 144/97, NStZ 1997, 592, vom 26. November 1997 – 2 StR 553/97, NStZ-RR 1998, 107, und vom 10. Januar 2012 – 5 StR 517/11, StraFo 2012, 109). Hinzu kamen weitere gewichtige Indizien für das Vorliegen einer alkoholbedingt erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit, nämlich die schon bei Tatvorbereitung fehlgeschlagene Herstellung einer Maske und die weitere Durchführung des Tatplans trotz des erheblich gesteigerten Verfolgungsrisikos, das mit dem Erkennen durch das Tatopfer verbunden war. Das Landgericht hat diese Beweisanzeichen als solche zwar nicht verkannt, ihren Beweiswert jedoch unzureichend gewürdigt.“

Tja, bei 2,7 Promille muss man schon noch ganz schön steuerungsfähig sein, wenn der § 21 StGB verneint werden soll. Denn mit dem Promillewert ist man ja nicht weit von der Schuldunfähigkeit (§ 20 StGB) entfernt.

Tatzeit-BAK falsch? Nein, denn der BGH kann rechnen/lesen

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Das LG Hamburg macht in einem „Totschlagsurteil“ im Rahmen der Prüfung der Schuldfähigkeit Ausführungen zur Bestimmung der Tatzeit-BAK, die den 5. Strafsenat des BGH irritieren. Das LG hat nach den Ausführungen im Urteil nämlich nicht den für den Angeklagten in dem Zusammenhang günstigeren Abbauwert von 01, Promille zugrunde gelegt, sondern 0,2 Promille. Der BGH rechnet jedoch selbst zurück bzw. überprüft die Berechnung des LG und stellt fest: Berechnung ist richtig, man ist von 0,1 Promille ausgegangen (vgl.  BGH, Beschl. v. 10.04.2013 – 5 StR 74/13):

„Wenn das Landgericht bei der auf den Trinkmengenangaben des Angeklagten beruhenden Bestimmung der Blutalkoholkonzentration (BAK) zur Tatzeit wirklich – wie in den Urteilsgründen ausgeführt – „zugunsten des Angeklagten“ einen stündlichen Abbau von 0,2 Promille zugrunde gelegt hätte, wäre dies rechtsfehlerhaft, weil bei der Frage der Schuldfähigkeit die maximale BAK festzustellen ist (vgl. BGH, Urteil vom 1. Oktober 1991 – 5 StR 431/91;  Beschluss vom 9. April 1992 – 1 StR 152/92). Die durch die im Urteil mitgeteilten Daten ermöglichte Überprüfung der Berechnung ergibt jedoch, dass das Landgericht zutreffend einen Alkoholabbau von 0,1 Promille pro Stunde angenommen hat.

 

Führt „Spielsucht“ zur (verminderten) Schuldfähigkeit?

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Die Frage, die sich auch immer wieder stellt: Kann man mit Spielsucht die §§ 20, 21 StGB begründen? Diese Frage  hatte sich auch für das LG Aachen in einem Betrugsverfahren gestellt- Das LG hatte die Voraussetzungen des § 21 StGB auf folgender Grundlage bejaht:

Nach den Feststellungen des Landgerichts leidet der Angeklagte unter einer Spielsucht, die sich auf Roulettespiele in Casinos bezieht. Er ist mehrfach wegen Betruges vorbestraft, weil er Frauen vorgespiegelt hatte, vermögend zu sein oder einer bedeutenden beruflichen Tätigkeit nachzugehen, um sie unter einem Vorwand zu veranlassen, ihm größere Geldbeträge zur Verfügung zu stellen. Im vorliegenden Fall gab er gegenüber der Geschädigten an, ein Millio-nenvermögen zu haben, das er erst mit Hilfe größerer Aufwendungen verfügbar machen müsse. Er veranlasste die Geschädigte dazu, ihm in 21 Einzelfällen insgesamt 248.000 Euro zu übergeben.

Das sachverständig beratene Landgericht ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte bei der Begehung der Taten zwar nicht infolge von Spielsucht dazu unfähig gewesen sei, das Unrecht der Taten einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln (§ 20 StGB). Er habe realitätsbezogen handeln können und sich in unterschiedlichen sozialen Situationen anpassungsfähig gezeigt, weshalb das Störungsbild nicht den Schweregrad einer krankhaften seelischen Stö-rung erlangt habe. Auch habe er in der Hauptverhandlung nicht den Eindruck hinterlassen, als leide er unter einer schweren Persönlichkeitsstörung. Jedoch sei sein Hemmungsvermögen zur Tatzeit erheblich vermindert gewesen (§ 21 StGB). Er habe die Zwangsvorstellung entwickelt, über ein sicheres Spielsystem zu verfügen, das nur versage, wenn er es nicht richtig anwende. Er sei „abstinenzunfähig“ gewesen. Seine Straftaten seien überwiegend als Delikte zur Beschaffung von Geldmitteln für das Spiel anzusehen. Das Spielen habe sein Denken und Handeln bestimmt. Es habe sich letztlich zu einem schwer kontrollierbaren Zwang entwickelt. Mit dem Zunehmen der Spieltätigkeit seien der Verlust von Freizeitaktivitäten, das Entstehen von Verleugnungstendenzen, eine Bagatellisierung von Spielverlusten sowie das Erleben von Spannungs- und Erregungsgefühlen einher gegangen. Ein übermäßiges Selbstwertgefühl, pathologisches Lügen und manipulatives Verhalten sowie ein parasitärer Lebensstil seien Symptome der Störung. Da der Angeklagte im Tatzeitraum von Gedanken und Vorstellungen in Bezug auf das Spielen, die Entwicklung seines Systems und die Geldbeschaffung für Spielzwecke beherrscht gewesen sei, habe er den Spielimpulsen kaum entgegen steuern können. Der Befund entspreche einer schweren anderen seelischen Abartigkeit….“

Dem BGH reicht das im BGH, Beschl. v. 09.10.2012 – 2 StR 297/12 nicht.

„Pathologisches Spielen stellt für sich genommen noch keine die Schuldfähigkeit erheblich einschränkende oder ausschließende krankhafte seelische Störung oder schwere andere seelische Abartigkeit dar (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2004 – 5 StR 411/04, NStZ 2005, 207 f.). Maßgeblich ist insoweit vielmehr, ob der Betroffene durch seine Spielsucht gravierende Änderungen in seiner Persönlichkeit erfährt, die in ihrem Schweregrad einer krankhaften seelischen Störung gleichwertig sind. Nur wenn die Spielsucht zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen führt oder der Täter bei Geldbeschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen gelitten hat, kann ausnahmsweise eine erhebliche Verminderung der Steuerungsfähigkeit anzunehmen sein. Dafür fehlen hier ausreichende Tatsachenfeststellungen. Zudem trifft die rechtliche Würdigung des Landgerichts auf Bedenken….“

Antwort also: Ja, aber…

Mit 3 Promille besoffen, aber nicht unbedingt vermindert schuldfähig

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Der Angeklagte ist vom LG wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. verurteilt worden. Festgestellt wird eine Tatzeit-BAK von 3,03 Promille. DA LG hat – nach Beratung durch zwei Sachverständige – festgestellt, dass der Angeklagte zur Tatzeit alkoholbedingt enthemmt, jedoch in seiner strafrechtlichen Verantwortlichkeit weder aufgrund des Alkoholkonsums noch aufgrund sonstiger Umstände i.S.v. § 21 StGB erheblich vermindert war. Das wird von der Revision angegriffen, aber ohne Erfolg. Der zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmte BGH, Beschl. v. 29.05.2012 – 1 StR 59/12 fasst die Rechtsprechung der BGH zu dieser Problematik zusammen und stellt fest:

Bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit kommt der Blutalkoholkonzentrationumso geringere Bedeutung zu, je mehr sonstige aussagekräftige psychodiagnostische Beweisanzeichen zur Verfügung stehen.

Er ist damit eine Bestätigung und Fortführung von BGHSt 43, 66. Zur Begründung u.a.

„(3) Für die Beurteilung der Schuldfähigkeit maßgeblich ist demnach eine Gesamtschau aller wesentlichen objektiven und subjektiven Umstände, die sich auf das Erscheinungsbild des Täters vor, während und nach der Tat beziehen (grundlegend Senatsentscheidung vom 29. April 1997 – 1 StR 511/95, BGHSt 43, 66 ff.; auch BGH, Beschluss vom 5. April 2000 – 3 StR 114/00; BGH, Urteil vom 22. Januar 1997 – 3 StR 516/96). Dabei kann die – regelmäßig deshalb zu bestimmende (vgl. BGH, Beschluss vom 28. März 2012 – 5 StR 49/12; BGH, Beschluss vom 8. Oktober 1997 – 2 StR 478/97) – Blutalkoholkonzentration ein je nach den Umständen des Einzelfalls sogar gewichtiges, aber keinesfalls al-lein maßgebliches Beweisanzeichen (Indiz) sein (vgl. BGH, Urteil vom 22. Oktober 2004 – 1 StR 248/04; BGH, Urteil vom 6. Juni 2002 – 1 StR 14/02; BGH, Urteil vom 3. Dezember 2002 – 1 StR 378/02; vgl. auch BGH, Urteil Welcher Beweiswert der Blutalkoholkonzentration (die weniger zur Auswirkung des Alkohols als lediglich zu dessen wirksam aufgenommener Menge aussagt) im Verhältnis zu anderen psychodiagnostischen Beweisanzeichen beizumessen ist, lässt sich nicht schematisch beantworten. Er ist umso geringer, je mehr sonstige aussagekräftige psychodiagnostische Kriterien (Überblick hierzu z.B.: Plate, Psyche, Unrecht und Schuld, 2002, S. 194 ff.; Detter, Strafzumessung, 2009, II. Teil Rn. 83) zur Verfügung stehen. So können die konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls eine erheblich vermin-derte Steuerungsfähigkeit bei Tatbegehung auch bei einer Blutalkoholkonzentration schon von unter 2 ‰ begründen (BGH, Beschluss vom 3. Dezember 1999 – 3 StR 481/99), umgekehrt eine solche selbst bei errechneten Maximal-werten von über 3 ‰ auch ausschließen (BGH, Urteil vom 6. Juni 2002 – 1 StR 14/02: 3,54 ‰; vgl. auch Foerster in Venzlaff/Foerster, aaO).“

Für die Verteidigung bedeutet das: Der Automatismus – hohe BAK = (verminderte/ausgeschlossene) Schuldfähigkeit = §§ 21, 20 StGB – wird in Zukunft noch weniger greifen als bisher. Man muss als Verteidiger noch mehr das Augenmerk auf die sonstigen Umstände richten, die ggf. für eine verminderte Schuldfähigkeit sprechen.