Und zum Tagesschluss dann noch etwas zum Nebenkläger, nämlich zum Schlussvortrag des Nebenklägers. Dazu der BGH, Beschl. v. 09.12.2021 – 4 StR 162/21, der zwar beanstandet, dass die Nebenklägerin keinen Schlussvortrag halten konnte. Aber: Darauf beruht das Urteil nicht:
„Die in der Hauptverhandlung vor dem Landgericht nicht anwaltlich vertretene Nebenklägerin macht zu Recht geltend, dass ihr nicht die Möglichkeit eingeräumt wurde, gemäß § 258 Abs. 1 i.V.m. § 397 Abs. 1 Satz 3 StPO einen Schlussvortrag zu halten. Der Senat vermag aber unter den hier gegebenen Umständen auszuschließen, dass das Urteil auf diesem Rechtsfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).
Ein Urteil beruht auf einem Rechtsfehler, wenn es möglich erscheint oder nicht auszuschließen ist, dass es ohne den Rechtsfehler anders ausgefallen wäre. An dem Beruhen fehlt es nur, wenn die Möglichkeit, dass der Verstoß das Urteil beeinflusst hat, ausgeschlossen oder rein theoretisch ist. Insbesondere bei Verstößen gegen das Verfahrensrecht hängt die Entscheidung über das Beruhen stark von den Umständen des Einzelfalles ab (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – 3 StR 470/14, NStZ 2016, 221 Rn. 17; Beschluss vom 19. August 2010 – 3 StR 226/10, wistra 2011, 73, 74; Knauer/Kudlich in: MüKo-StPO § 337 Rn. 129; Franke in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 337 Rn. 181 mwN). Dabei ist hier zu berücksichtigen, dass die für die Versagung des letzten Wortes des Angeklagten nach § 258 Abs. 3 StPO entwickelten strengen Maßstäbe nicht ohne Weiteres auf die Nichteinräumung des Rechtes des Nebenklägers auf einen Schlussvortrag nach § 258 Abs. 1 StPO übertragen werden können (vgl. dazu BGH, Urteil vom 11. Juli 2001 – 3 StR 179/01, NStZ 2001, 610 [zum Erwiderungsrecht des Nebenklägers nach § 258 Abs. 2 StPO]). Denn beide Verfahrensrechte haben ein unterschiedliches Gewicht. Auch ist in Betracht zu ziehen, dass der Nebenkläger das Urteil nur in Bezug auf bestimmte Delikte und nicht mit dem Ziel einer anderen Rechtsfolge angreifen kann (§ 400 Abs. 1 StPO), so dass sich die Frage des Beruhens auf den Schuldspruch beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Juli 2001 – 3 StR 179/01, aaO).
Die Betrachtung der Umstände des Einzelfalls in der vorliegenden Sache zeigt, dass das Urteil im Schuldspruch nicht anders ausgefallen und der Angeklagte nicht wegen eines (weiteren) Nebenklagedelikts verurteilt worden wäre, wenn die Nebenklägerin die Möglichkeit gehabt hätte, einen Schlussvortrag nach § 258 Abs. 1 StPO zu halten.
a) Die Strafkammer hat angenommen, dass der Angeklagte nur mit Körperverletzungsvorsatz handelte, als er der Tochter der Nebenklägerin mit einer PET-Flasche wuchtig in das Gesicht schlug. Dabei vertraute er darauf, dass sich die in der Folge verstorbene Geschädigte von dieser Verletzung wieder erholen werde. Zur Begründung hat das Landgericht dabei unter anderem darauf abgestellt, dass es in der Vergangenheit mehrfach zu vergleichbaren Misshandlungen ohne schwerwiegende Folgen gekommen war. Die Nebenklägerin, die in der Hauptverhandlung zur Tatvorgeschichte als Zeugin vernommen wurde und deren Angaben in die Bewertung des Verhältnisses zwischen dem Angeklagten und dem Tatopfer eingeflossen sind, hat diese Erwägungen in ihrer Revisionsbegründung nicht in Frage gestellt. Dass von ihr in einem Schlussvortrag gleichwohl Gesichtspunkte vorgebracht worden wären, die das Landgericht zur Annahme eines (bedingten) Tötungsvorsatzes veranlasst hätten, ist mit Blick hierauf, aber auch mit Rücksicht auf die Beweislage, nur theoretischer Natur.
b) Soweit die Nebenklägerin mit ihrer Revision geltend macht, der Angeklagte hätte jedenfalls wegen Totschlags oder Mordes durch Unterlassen verurteilt werden müssen, weil er nach der Misshandlung des Tatopfers in Kenntnis der bestehenden Todesgefahr keine Hilfe geholt habe, vermag der Senat gleichfalls auszuschließen, dass von ihr in einem Schlussvortrag noch Gesichtspunkte angeführt worden wären, die zu einer entsprechenden Verurteilung des Angeklagten geführt hätten.
Die sachverständig beratene Strafkammer vermochte sich nicht davon zu überzeugen, dass der Angeklagte Rettungsmaßnahmen in der Annahme unterließ, er werde die Geschädigte durch sein Nichtstun in eine lebensbedrohliche Lage bringen. Denn sie konnte bereits nicht feststellen, wie groß die Zeitspanne zwischen der Misshandlung des Tatopfers durch den Angeklagten und dem Todeseintritt war. Auch ließen sich keine Feststellungen dazu treffen, ob die Geschädigte in dieser Zeit Merkmale aufwies, die auf einen bedrohlichen Gesundheitszustand hindeuteten. Bei dieser Beweislage ist nicht ersichtlich, durch welche Erwägungen die Überzeugung zu begründen wäre, der Angeklagte habe mit bedingtem Tötungsvorsatz von Rettungsmaßnahmen abgesehen.
Auch den Ausführungen der Nebenklägerin zu dem von ihr beabsichtigten Vorbringen lässt sich dazu nichts entnehmen. Vielmehr wird darin ein Beruhenszusammenhang gerade nicht aufgezeigt. Soweit sie vorträgt, sie hätte „richtigstellen können“, dass der Angeklagte der Geschädigten zuvor massiv nachgestellt und sie auch einseitig misshandelt habe, betrifft dies nur die Tatvorgeschichte. Ihr nicht näher spezifiziertes Vorbringen, der Angeklagte habe sich schuldig gemacht, weil er keine Hilfe geholt habe, führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Die an anderer Stelle – in der Begründung einer nicht zulässig erhobenen Aufklärungsrüge – angestellten Erwägungen der Nebenklägerin zu einem möglichen Motiv des Angeklagten für sein Nichtstun (Verstoß gegen das Annäherungsverbot) betreffen nicht den von der Strafkammer bei der Verneinung eines bedingten Tötungsvorsatzes für maßgeblich erachteten Gesichtspunkt der Nichterkennbarkeit einer Lebensgefahr. Sie wären daher, ihr Vorbringen durch die Nebenklägerin in ihrem Schlussvortrag unterstellt, ebenfalls unbehelflich gewesen.“