Das OLG Koblenz, Urt. v. 20.07.2015 – 12 U 83/15 – befasst sich mit der Frage der Haftung bei Beaufsichtigung eines Kindes, wenn es durch das Verhalten des Kindes zu einem Schaden kommt. Nach dem Sachverhalt ist es im September 2011 zu einem Schadensereignis im Straßenverkehr gekommen. Die Beklagte zu 1. und die Beklagte zu 2. befanden sich mit zwei minderjährigen Kindern von Bekannten der Beklagten zu 1. auf einem Kinderspielplatz. Während des Spielens verließ eins der Kinder, ein zweieinhalbjähriges Mädchen, die A, unbemerkt den Spielplatz. Nachdem sie sich auf dem Y-Weg kurzfristig zwischen parkenden Fahrzeugen aufgehalten hatte, versuchte A die Straße zu überqueren, um zurück zu dem Spielplatz zu gelangen. Bei diesem Versuch wurde sie von dem Fahrzeug der Versicherungsnehmerin der Klägerin des Verfahrens Frau B erfasst. In der Folgezeit leistete die Klägerin/Versicherung an Frau B Aufwendungen in einer Gesamthöhe von 5.109,58 €, deren Erstattung sie dann mit der Klage verlangt hat. Und die Klage hatte – teilweise – Erfolg:
„Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob die Beklagte zu 1. gemäß § 832 Abs. 2 BGB die Führung der Aufsicht über das Kind A übernommen hat. Die Beklagte zu 1. haftet bereits aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung einer Verkehrssicherungspflicht für die eingetretenen Unfallfolgen. Allein die tatsächliche Beaufsichtigung des Kindes A begründete die Verpflichtung der Beklagten zu 1., Dritte vor Schäden tunlichst zu bewahren (OLG Celle in NJW-RR 1987, 1384; OLG Naumburg in NJW-RR 2013, 1109). Hierbei war die Beklagte zu 1. als Verkehrssicherungspflichtige auch für solche Gefahren verantwortlich, die bei einem nicht ganz fernliegenden bestimmungswidrigen Verhalten entstehen konnten (BGH VI ZR 202/76, Urteil vom 21.02.1978). Dass die Beklagte zu 1. ihrer Beaufsichtigungspflicht nicht hinreichend nachgekommen ist, steht für den Senat außer jedem Zweifel. Die Aufsichtspflicht gegenüber einem zweieinhalbjährigen Kind erfordert nach der Auffassung des Senats, sich stets in unmittelbarer Nähe zum Kind zu befinden und dies nicht aus den Augen zu lassen. Dies gilt umso mehr, als der Spielplatz im vorliegenden Fall nicht abgeschlossen und somit nicht gegen ein unbemerktes Verlassen abgesichert war.
Anders als das Landgericht sieht der Senat allerdings eine Mithaftung der Versicherungsnehmerin der Klägerin gemäß § 7 StVG als gegeben an. Die Klägerin kann sich nicht gemäß § 7 Abs. 2 StVG auf das Vorliegen höherer Gewalt berufen. Als höhere Gewalt i. S. dieser Vorschrift kommen nur von außen wirkende betriebsfremde Ereignisse aufgrund elementarer Naturkräfte oder verursacht durch Handlungen dritter Personen in Betracht (m. w. N. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl., § 7 StVG Rn. 34). Zu dem Erfordernis, dass das Ereignis von außen kommt, muss noch das Merkmal der Außergewöhnlichkeit hinzutreten (BGH in NJW 1953, 184). Mangels Außergewöhnlichkeit stellen daher selbst grobe Verkehrsverstöße anderer Verkehrsteilnehmer keine höhere Gewalt dar. Ein geradezu „klassisches Beispiel“ hierfür ist das vorliegend gegebene plötzliche Betreten der Fahrbahn durch ein zuvor nicht wahrnehmbares Kind (parkende Pkw). Der Senat sieht auch das Verschulden der Beklagten zu 1. als nicht so gravierend an, dass die Betriebsgefahr des von der Versicherungsnehmerin der Klägerin geführten Pkw vollständig zurücktritt. Im Ergebnis bringt der Senat die Betriebsgefahr mit 1/4 anspruchsmindernd in Ansatz. Ausgehend von einer unstreitigen Gesamtschadenshöhe in Höhe von 5.109,58 € war die Beklagte zu 1. folglich zur Zahlung von 3.832,18 € zu verurteilen.“