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Alles richtig gemacht…, oder: Streitvermeidung

© yvon52 - Fotolia.com

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Ja, alles richtig gemacht, hat es ein (beigeordneter) Nebenklägervertreter in einem Verfahren wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern u.a. Das LG München II hatte den Angeklagten u.a. wegen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt, seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung aber abgelehnt. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, über die der BGH inzwischen mit BGH, Urt. v. 28.04.2015 – 1 StR 594/14 – entschieden hat. Aber darum geht es hier gar nicht in erster Linie, sondern um den BGH, Beschl. v. 27.04.2015 – 1 StR 594/14, der eine gebührenrechtliche Frage zum Gegenstand hat.

Nämlich die für den Nebenklägervertreter interessante Frage: Fahre ich zum Hauptverhandlungstermin beim BGH und wenn ich fahre, bekomme ich Reisekosten ersetzt? Das hängt nun wieder davon ab, ob die Reise erforderlich ist/war und da hatte der Nebenklägervertreter – wohl weil es (nur) eine Revision der Staatsanwaltschaft war – Zweifel/Bedenken. Und ich denke, dass in der Situation der Nebenklägervertreter sich an § 46 Abs. 2 RVG erinnert und die Möglichkeit einen Antrag dahin zustellen, die Notwendigkeit der Reise anch München festzustellen. Den hat er dann gesteellt und der BGh hat ihn im Beschl. v. 27.04.2015 positiv beschieden.

„Der Antragsteller ist beigeordneter Nebenklägervertreter (§ 397a StPO) des durch die verfahrensgegenständlichen Straftaten geschädigten Kindes. Er hat mit am 2. April 2015 eingegangenen Schriftsatz beantragt festzustellen, dass seine Reise zu der am 28. April 2015 vor dem Senat stattfindenden Hauptverhandlung über die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 16. Juni 2014 erforderlich ist.

Dem Antrag war gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 RVG zu entsprechen. Die Teilnahme des Antragstellers an der Revisionshauptverhandlung, in der über die Revision der Staatsanwaltschaft gegen das Unterbleiben der Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen den Angeklagten zu entscheiden ist, ist zur Wahrnehmung der Interessen des Nebenklägers und seiner Rechte (§ 397 Abs. 1 StPO) geboten. Dass der Nebenkläger die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung nicht isoliert rügen könnte (§ 400 Abs. 1 StPO), steht nicht entgegen. Bei einem zulässigen Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft bleiben die Beteiligungsrechte des Nebenklägers aus § 397 StPO bestehen. Dies begründet die Notwendigkeit der Reise des Antragstellers, der in die Strafsache aufgrund seiner Beiordnung bereits in erster Instanz eingearbeitet ist.

Es wird darauf verwiesen, dass über die Angemessenheit von Auslagen erst bei der Festsetzung der Vergütung zu entscheiden ist (vgl. BFH, Beschluss vom 10. August 2007 – III S 26/07 Rn. 6).“

Damit konnte der Nebenklägervertreter zum Termin fahren. Die Reisekosten waren gesichert. Denn der Beschluss nach § 46 Abs. 2 RVG hat für das Vergütungsfestsetzungsverfahren bindende Wirkung. Der Nebenklägervertreter muss sich also nach Abschluss des Verfahrens nicht (mehr) mit dem Rechtspfleger über die Erforderlichkeit seiner Reise streiten.

Die „betrügerische“ Nilkreuzfahrt und „umgebuchte Flüge“

entnommen wikimedia.org Author Marion Golsteijn

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Author Marion Golsteijn

Wer kennt sie nicht, die bunten Reiseprospekte mit mehr oder weniger aussagekräftigen Beschreibungen der angebotenen Reiseleistungen. Und man frgat sich immer/häufig auch: Wie gehe ich eigentlich strafrechtlich mit dem Umstand um, dass ggf. bestimmte Leistungen nicht oder nicht vollständig erfüllt werden können, mir das aber keiner vom Reiseunternehmen sagt. Zivilrechtlich mag das einfach(er)s ein, strafrechtllich stellt sich die Frage: Betrug (§ 263 StGB), ja oder nein?

Die Frage hat sich auch ein „Reisender“ gestellt, der eine Nilkreuzfahrt machen wollte. Er hatte die Reise im Prospekt der „T. GmbH“ gefunden. Dort war sie für April bis November 2012 sowie November 2012 bis Oktober 2013 unter der Bezeichnung „Horus“?Oberägyptische Impressionen eine Nilkreuzfahrt auf dem Kreuzfahrtschiff „MS R.“ beworben, obwohl dieses Schiff bereits seit Frühjahr 2012 nicht mehr in Betrieb war. Der „Reisende“ hatte darin einen Betrug des Vorstandsvorsitzenden der T. GmbH und seiner Mitarbeiter gesehen, da diesen dieser Umstand bekannt gewesen sei. Er hat deshalb gegen diese Strafanzeige erstattet. Die hat er außerdem noch darauf gestützt, dass ihm nicht unaufgefordert mitgeteilt worden, dass der geplante Rückflug nach Hannover nicht stattfinden konnte, sondern stattdessen der Flug nur bis Frankfurt erfolge. Außerdem sei ihm auch nicht mitgeteilt worden, dass der geplante Inlandsflug von Luxor nach Sharm?el?Sheikh nicht wie vereinbart und mehrfach vom Reisenden nachgefragt auf direktem Weg, sondern in Form eines Umwegs über Kairo, verbunden mit einem mehrstündigen dortigen Aufenthalt, stattfinden würde, Dadurch habe man verhindert, dass der Antragsteller von der Durchführung der Reise durch Ausübung des ihm zustehenden Rücktrittsrechts Abstand nehme.

Die Staatsanwaltschaft hatte die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgelehnt, weil ein Anfangsverdacht nicht ersichtlich sei. Dagegen der Antrag auf gerichtliche Entscheidung – Klageerzwingungsantrag (§ 172 StPO), der – man glaubt es nicht – zum Teil Erfolg hat. Das OLG Celle, Beschl. v. 21.01.2014 – 1 Ws 513/13 – bestätigt nämlich teilweise den Betrugsvorwurf.

  • Das OLG verneint allerdings den Betrugsvorwurf für den Vortrag, der Antragsteller sei durch Vortäuschung falscher Tatsachen im Hinblick auf die Durchführung der gebuchten Nilkreuzfahrt zu dem Abschluss des Vertrages veranlasst worden. Insoweit verneint das OLG einen Schaden. Wer durch Täuschung zum Abschluss eines Vertrages veranlasst werde, erleide nicht schon dann einen Schaden, wenn er ohne die Täuschung die Verbindlichkeit nicht begründet hätte, sondern nur dann, wenn die ihm gewährte oder zu gewährende Gegenleistung nicht den objektiv vorausgesetzten Wert hat. Insoweit hätte dargelegt werden müssen, welche Vor? und Nachteile die Nilkreuzfahrt auf dem größeren Schiff im Vergleich zu der geplanten Nilkreuzfahrt auf der „MS R.“ mit sich gebracht hätte. Hierzu wäre eine nähere Beschreibung beider Schiffe insbesondere zu den dortigen Unterbringungs?, Freizeitgestaltungs? und Verpflegungsmöglichkeiten, die den Wert der Reiseleistung maßgeblich beeinflussen, erforderlich gewesen.
  • Anders sieht das OLG das jedoch im Hinblick auf die Abweichungen der Flugverbindungen. Dass ein Flug von Ägypten nach Frankfurt mit anschließender Weiterreise im Pkw zum ursprünglichen Zielort Hannover wirtschaftlich geringwertiger sei als ein Flug bis zum vereinbarten Zielflughafen, liegt für das OLG auf der Hand. Indem aber  von Seiten der Beschäftigten der T. GmbH die Veränderung der Flugmodalitäten erst auf Intervention des Reisenden mitgeteilt worden sei, spreche auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Änderungen hinsichtlich der Flugmodalitäten des Inlandsfluges bis zum Beginn der Reise trotz bestehender Möglichkeit hierzu nicht mitgeteilt worden seien, der Anfangsverdacht, dass der Reisende durch die fehlende Aufklärung dazu veranlasst werden sollte, nicht von der Reise Abstand zu nehmen. Dies könnte nach Auffassung des OLG eine Täuschung durch Unterlassen darstellen, die zwar mangels eingetretenen Schadens nicht zu einem vollendeten, wohl aber einem versuchten Betrug nach §§ 263, 22, 23 StGB geführt haben könnte.
  • Entsprechendes gilt nach Auffassung des OLG auch für die bis zum Reiseantritt unterbliebene Aufklärung darüber, dass der gebuchte Inlandsflug über Kairo, verbunden mit einem mehrstündigen Aufenthalt am dortigen Flughafen, erfolgen werde.

Mal was anderes aus dem Bereich des § 263 StGB. Und sicherlich auch etwas, was in Reiseunternehmen mit Interesse gelesen werden wird. Denn danach sollte man sich dann doch vielleicht überlegen, ob es in solchen Fällen nicht besser ist, den „Mund auf zu machen“.

Die geschenkte (Lykien)Reise – oder: Der verloren gegangene Gutschein

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So einfach ist es nicht mit der (teilweise) geschenkten Reise, wenn man die Entscheidung des AG München vom 13.,04.2012 – 55 C 16782/11 – bzw. die dazu vorliegende PM liest.

In der Sache geht es um das in einemn Reisegutschein enthaltene Schenkungsangebot. Auch das bedarf der Annahme durch den Inhaber des Gutscheins. Dieser ist auch  dafür beweispflichtig, insbesondere dass die Annahme auch zugegangen ist.

Nach dem mitgeteilten Sachverhalt stellte ein Münchner Reiseunternehmen für einen Kunden einen Reisegutschein aus für eine achttägige Lykien-Reise für zwei Personen. Die Reise beinhaltete den Transfer vom Flughafen zum Hotel und zurück, 7 Übernachtungen, eine Reiseleitung und ein tägliches Frühstück. Gleichzeitig wurde ein Hin- und Rückflug zum Sonderpreis von 1 Euro pro Person angeboten. Es gab diverse mögliche Reiseantrittstermine im Zeitraum Februar 2011 bis April 2011. Der Gutschein enthielt noch den Hinweis, dass er 30 Tage vor dem Wunschreisetermin bei dem Reiseunternehmen eingehen müsse, spätestens bis zum 15.3.11. Der Kunde füllte die Gutscheinantwortkarte aus und gab als Reisetermin Mitte Februar 2011 an. Als er keine Reiseunterlagen erhielt, verlangte er von dem Reiseunternehmen Schadenersatz, wobei er den Wert der Reise mit 400 Euro pro Person ansetzte. Für 2 Personen verlangte er also 800 Euro. Das Reiseunternehmen weigerte sich zu zahlen. Die Antwortkarte sei niemals bei ihm eingegangen. Das könne nicht sein, entgegnete der Kunde. Sie sei per Post versandt worden und eine Mitarbeiterin des Unternehmens habe den Eingang am Telefon noch bestätigt. Das sei nicht richtig, wehrte sich das Reiseunternehmen.

Der Kunde erhob darauf hin Klage vor dem AG München. Dort wurde die Klage abegwiesen: Dem Kläger stünde ein Schadenersatzanspruch nicht zu. Voraussetzung eines solchen sei, dass zwischen ihm und dem Reiseunternehmen ein Schenkungsvertrag hinsichtlich der gewünschten Reise zustande gekommen sei. Dabei bedürfe das im Reisegutschein enthaltene Schenkungsangebot des Unternehmens der Annahme durch den Kunden. Dafür sei dieser beweispflichtig. Einen solchen Beweis habe er aber nicht erbringen können. Die Mitarbeiterin des Reiseunternehmens habe sich an ein Telefonat des genannten Inhalts nicht erinnern können. Die Tatsache, dass etwas zur Post aufgegeben werde, bedeute noch nicht, dass es beim Empfänger auch ankomme.

Ach so: Lykien liegt in der Türkei. Das wusste ich bislang nicht :-).