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Filmen der Polizei III: Unverpixeltes vom polizeilichen „Allerwelteinsatz“, oder: Recht am eigenen Bild

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Und die dritte und letzte „Filmentscheidung“ kommt dann mit dem OLG Köln, Beschl. v. 08.10.2021 – 1 RVs 175/21 – vom OLG Köln. Das AG hatte den Angeklagten bezüglich zweier angeklagter Verstöße gegen das KunstUrhG freigesprochen. Auf die hiergegen eingelegte Berufung der Staatsanwaltschaft hat das LG den Angeklagten wegen „zweier Straftaten nach § 33 KUG“ zu einer Gesamtgeldstrafe in Höhe von 70 Tagessätzen zu je 40,- EUR verurteilt. Die Revision hatte beim OLG Köln keinen Erfolg:

Das Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsmittel bleibt in der Sache ohne Erfolg, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsbegründung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO). Der Senat sieht sich lediglich zu folgenden Anmerkungen veranlasst:

„1.a) Die Frage, ob sich der Angeklagte (auch) auf die Pressefreiheit bzw. die – hinsichtlich der Schranken gleichermaßen ausgestaltete – Rundfunkfreiheit berufen kann, bedarf vorliegend keiner abschließenden Beurteilung. Auch kann in diesem Zusammenhang dahinstehen, ob hier die Schutzwirkung dieser Grundrechte gegenüber der vom Landgericht herangezogenen allgemeinen Meinungsfreiheit überhaupt weitergehend ist, soweit letztere – abgekoppelt von dem Vorbehalt eines öffentlichen Interesses – die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen verbürgt. Denn jedenfalls vermag der Senat auszuschließen, dass die zur Beurteilung des Vorliegens eines zeitgeschichtlichen Ereignisses nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG vorzunehmende Abwägung der widerstreitenden Interessen im Falle der Einstellung (auch) des Rechts auf Presse- bzw. Rundfunkfreiheit anders ausgefallen wäre, namentlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Polizeibeamten hätte zurücktreten müssen. Die vom Landgericht rechtsfehlerfrei herausgearbeiteten Grundsätze beanspruchen auch insoweit Geltung. Danach genießen Polizisten im Amt als Repräsentanten des Staates zwar nicht denselben Schutz des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts wie als Privatperson (vgl. dazu auch jüngst Kirchhoff, NVwZ 2021, 1177 (1179) m.w.N.), jedoch führt dies nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung (jedenfalls) bei Routineeinsätzen nicht zur Annahme eines zeitgeschichtlichen Ereignisses (vgl. dazu auch jüngst VG Aachen, ZUM-RD 2021, 395). Soweit das Landgericht den Polizeieinsatz im Fall 1 als Routineeinsatz eingeordnet und dem grundrechtlichen Schutz von PK A insoweit Vorrang eingeräumt hat, begegnet dies auch im Lichte der Presse- und Rundfunkfreiheit von vornherein kein Bedenken. Auch im Fall 2 ist diese Einordnung naheliegend. Zwar weisen die Urteilsgründe hier einen Bezug zu einem von der Polizei angehaltenen Hochzeitskorso – und insoweit einer in der öffentlichen Diskussion durchaus anzutreffenden Thematik – auf; dieser wird indes nach den getroffenen Feststellungen nicht durch das die Polizeibeamten darstellende Video hergestellt. Denn nach dem im Einzelnen mitgeteilten Inhalt der Aufnahme belegt diese nicht etwa Näheres zu dem Korso und den dazu unmittelbar eingeleiteten polizeilichen Maßnahmen, sondern letztlich nur Vorkommnisse, wie sie lokal – in einer mittelgroßen Stadt wie Bonn – wiederkehrend anzutreffend sind; so etwa das Vorfahren eines Polizeiwagens mit Blaulicht, die Präsenz einer größeren Anzahl an Polizeibeamten sowie eine erhebliche Staubildung. Davon losgelöst ist ein überwiegendes Interesse an der bildlichen Darstellung der einzelnen Polizeibeamten im Fall 2 aber jedenfalls deshalb auszuschließen, weil im Falle der Verpixelung der Beamten eine Beschränkung des Informations- und Aussagewertes der Aufnahme – auch im Sinne eines Beitrages zur öffentlichen Meinungsbildung, welcher hier ohnehin primär auf der Grundlage des gesondert anklickbaren Textbeitrages in Betracht kommt – nicht zu befürchten war. Eine anonymisierte Abbildung der Beamten hätte insoweit für die Grundrechtsausübung des Angeklagten eine nur geringfügige Beschränkung bedeutet und zugleich dem Recht der abgebildeten Personen am eigenen Bild Rechnung getragen.

Das Recht des Straftäters am eigenen Bild

Von einem ehemaligen Kollegen habe ich die Bearbeitung des Bescheides des rheinland-pfälzischen Ministeriums der Justiz v. 28.04.2010  – 4121E10 – 4 – 49 übersandt bekommen (herzlichen Dank).

Danach dürfen Fotos zur Identifizierung eines Verdächtigen nur bei Abbildung des unmittelbaren Tatgeschehens gefertigt werden. Ansonsten hindert das Recht des Straftäters am eigenen Bild die Fertigung von Fotoaufnahmen. Der Absicht, den Täter gleichwohl zu fotografieren, darf der Verdächtige sich gewaltsam widersetzen (hier: durch Androhung von Schlägen). Dem steht nicht entgegen, dass Zeugen und Geschädigte einen Verdächtigen nach § 127 StPO zur Identitätsfeststellung vorläufig festnehmen dürfen (Anschluss an OLG Karlsruhe NStZ 1982, 123).

Zum Sachverhalt: Der Anzeigeerstatter hatte dem Beschuldigten vorgeworfen, den wegen einer Beleidigung unternommenen Versuch, den Täter zur Identitätsfeststellung zu fotografieren, durch die Drohung unterbunden zu haben, der Zeuge werde „gleich eine fangen“, wenn er das nicht unterlasse. Die Staatsanwaltschaft hat das Verfahren aus tatsächlichen Gründen eingestellt. Auf die Beschwerde des Anzeigeerstatters hat das rheinland-pfälzische Ministerium der Justiz das Verhalten des Beschuldigten als gerechtfertigt  angesehen.

Aus den Gründen: Die Drohung des Beschuldigten  „wenn du keine Ruhe gibst, dann fängst du eine“ erfüllt nicht den Tatbestand der Nötigung gem. § 240 StGB. Nach dem Vorbringen des Anzeigeerstatters diente diese Drohung ausschließlich dem Zweck, den Anzeigeerstatter daran zu hindern, eine Fotografie des Beschuldigten zu fertigen. Die Herstellung eines Bildes, das den Abgebildeten erkennen lässt, bedeutet einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten in Form des Rechts am eigenen Bild, der der Rechtfertigung bedarf (OLG Karlsruhe, NStZ 1982, 123). Derartige Rechtfertigungsgründe sind vorliegend nicht ersichtlich. Bei dem Beschuldigten handelt es sich weder um eine relative Person der Zeitgeschichte, noch wäre das Foto zum Nachweis der angeblich vorausgegangenen Beleidigung geeignet gewesen. Der Beschuldigte war daher zur Abwehr des rechtswidrigen Angriffs des Anzeigerstatters berechtigt. Aus diesen Gründen erscheint das Verhältnis zwischen dem angewandten Mittel (Androhung einfacher körperlicher Gewalt) und dem angestrebten Zweck (Verhinderung der Fotografie) nicht in einem derartigen Missverhältnis, dass der Tatbestand der Nötigung gemäß § 240 StGB erfüllt ist.

Der „Knöllchen -Horst“ geht in Ruhestand

Nein, der „Knöllchen-Horst“ ist nicht derjenige „Horst“, an den man zuerst nach den Ereignissen der letzten Wochen denkt, nämlich der zurückgetretene Bundespräsident – was hat der auch mit „Knöllchen“ zu tun?. Nein, „Knöllchen-Horst“ ist der Frührentner – insofern passt es dann aber doch zum ehemaligen Bundespräsidenten, der in Osterode rund 14.000 Falschparker zur Anzeige gebracht hat.

Nun ist der „Knöllchen-Horst“ selbst „geblitzt“ worden und stellt zunächst einmal seine Tätigkeit als „Parkaufseher“ ein und konzentriert sich auf rechtswidrige Abfallgebührenbescheide (vgl. u.a. hier). Interessant der Hinweis in der Nachricht, dass er wegen des Blitzerfotos Strafanzeige wegen der „Verletzung des Rechts am eigenen Bild“ erstattet hat. Netter Verteidigungsansatz :-).