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Strafe II: Lebenslang bei Raub mit Todesfolge?, oder: Keine vorsätzliche Herbeiführung des Todes

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Und im zweiten Posting dann der BGH, Beschl. v. 01.10.2024 – 3 StR 324/24 – zur Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe nach § 251 StGB , also Raub mit Todesfolge. Dazu sagt der BGH:

„Der näheren Erörterung bedarf allein der Strafausspruch. Auch dieser hat Bestand. Die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe nach § 251 StGB setzt nicht die vorsätzliche Herbeiführung des Todes voraus. Im Einzelnen:

1. Nach dem Gesetzeswortlaut kann auch bei leichtfertiger Verursachung der Todesfolge, wie sie hier vorliegt, auf lebenslange Freiheitsstrafe erkannt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2005 – 2 StR 474/05, BGHR StGB § 178 Strafzumessung 2 für den Fall des sexuellen Missbrauchs von Kindern mit Todesfolge gemäß § 176b StGB aF [§ 176d nF] und Vergewaltigung mit Todesfolge nach § 178 StGB; Fischer, StGB, 71. Aufl., § 251 Rn. 11; MüKoStGB/Sander, 4. Aufl., § 251 Rn. 17; BeckOK StGB/Wittig, 62. Ed., § 251 Rn. 13; Schönke/Schröder/Bosch, StGB, 30. Aufl., § 251 Rn. 11; in der Tendenz anders BGH, Beschluss vom 20. Oktober 1992 – GSSt 1/92, BGHSt 39, 100, 106; aA LK/Vogel/Burchard, StGB, 13. Aufl., § 251 Rn. 28; NK-StGB/Kindhäuser/Hoven, 6. Aufl., § 251 Rn. 13; SK-StGB/Sinn, 9. Aufl., § 251 Rn. 24; Matt/Renzikowski/Maier, StGB, 2. Aufl., § 251 Rn. 31; Geilen, Jura 1979, 557, 558; Paeffgen, JZ 1989, 220, 223; Günther, FS Hirsch, S. 543, 550).

2. Ferner unterscheidet der Gesetzgeber gesetzessystematisch zwischen wenigstens fahrlässiger (vgl. § 221 Abs. 3, § 226 Abs. 1, § 227 Abs. 1, § 235 Abs. 5, § 239 Abs. 4 jeweils i.V.m. § 18 StGB), leichtfertiger (s. §§ 176d, 178, 239a Abs. 3, §§ 251, 306c StGB) und qualifiziert vorsätzlicher Herbeiführung der schweren Folge (vgl. § 226 Abs. 2 StGB). In § 226 StGB sind die verschiedenen Schuldformen mit unterschiedlichen Strafrahmen verbunden. Eine derartige Differenzierung findet sich für den Raub mit Todesfolge nicht.

3. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die lebenslange Freiheitsstrafe nur für den Fall der vorsätzlichen Herbeiführung der Todesfolge in § 251 StGB aufgenommen worden ist. Vielmehr ist ihnen zu entnehmen, dass der Gesetzgeber sowohl die lebenslange als auch die zeitige Freiheitsstrafe einheitlich an die wenigstens leichtfertige Verursachung des Todes geknüpft hat (vgl. BT-Drucks. 13/9064 S. 11 f.; BT-Drucks. 13/8587 S. 20, 44, 79; s. auch BGH, Beschluss vom 7. Dezember 2005 – 2 StR 474/05, BGHR StGB § 178 Strafzumessung 2).

4. Darüber hinaus rechtfertigt sich die im Vergleich zu § 212 Abs. 1 StGB doppelt so hohe Mindeststrafe des § 251 StGB, ohne die Möglichkeit der Annahme eines minder schweren Falles, nicht allein aus dem gleichzeitigen Vorliegen von Raub und zumindest leichtfertiger Herbeiführung des Todes eines Menschen. Der besondere Unrechtsgehalt liegt vielmehr darin, dass sich die konkrete Lebensgefährlichkeit der Tatausführung in der besonderen Folge verwirklicht hat. Der Tod des Opfers erwächst aus dem typischen und spezifischen Risiko, das der Täter durch die Art der Ausführung des Raubes hervorgerufen hat (MüKoStGB/Sander, 4. Aufl., § 251 Rn. 1; SK-StGB/Sinn, 9. Aufl., § 251 Rn. 2). Die konkrete Lebensgefahr aufgrund der Art und Weise der Tatbegehung kann jedoch unabhängig vom Vorliegen eines Tötungsvorsatzes bestehen. Es entspricht daher nicht dem Zweck des Gesetzes, wenn der Strafrahmen nur im Fall eines tateinheitlichen vorsätzlichen Tötungsdelikts, welches zudem einen weiteren Unrechtsgehalt aufweist, ausgeschöpft werden könnte. Demgegenüber bedarf es in diesem Fall nicht des Strafrahmens des § 251 StGB, wenn das Tatgericht ein Mordmerkmal, namentlich – was regelmäßig naheliegt – Habgier gemäß § 211 Abs. 2 Variante 3 StGB, annimmt oder einen besonders schweren Fall nach § 212 Abs. 2 StGB bejaht.“