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Zeitpunkt für die Pauschgebühr des Wahlanwalts, oder: Erst Pauschgebühr, dann Kostenfestsetzung

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Und zur Mittagszeit dann der BGH, und zwar der BGH, Beschl. v. 03.11.2021- 3 StR 86/21 – zu einem Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr für das Revisionsverfahren nach § 42 RVG, also Pauschgebühr des Wahlanwalts.

Der BGH nimmt zur Frage der Besetzung des Senats für die Entscheidung und zum Zeitpunkt der Antragstellung Stellung:

„Der Antrag ist bereits unzulässig.

1. Über den Antrag entscheidet der Senat in einer Spruchgruppe mit fünf Bundesrichtern. Eine Zuständigkeit des Einzelrichters, wie sie § 42 Abs. 3 RVG für die Oberlandesgerichte ermöglicht, kommt nach geltendem Recht nicht in Betracht. § 122 Abs. 1 GVG sieht für das Oberlandesgericht vor, dass in bestimmten Fällen der Einzelrichter entscheiden kann. Eine entsprechende Regelung für den Bundesgerichtshof enthält das GVG hingegen nicht (vgl. § 139 GVG; s. BGH, Beschluss vom 8. Juni 2005 – 2 StR 468/04, NStZ 2006, 239). Dem steht nicht entgegen, dass nach der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen dem § 139 GVG die Vorschrift des § 1 Abs. 3 RVG vorgeht und daher ein Einzelrichter am Bundesgerichtshof über einen Antrag nach § 33 RVG zuständig ist (vgl. BGH, Beschluss vom 9. August 2021, GSZ 1/20, NJW 2021, 3191). Denn während sich der insoweit maßgebliche § 33 Abs. 8 RVG auf „das Gericht“ bezieht und damit auch den Bundesgerichtshof erfasst, gilt § 42 Abs. 3 RVG nach seinem unmissverständlichen Wortlaut allein für das „Oberlandesgericht“. Dies gegebenenfalls zu ändern, obläge allein dem Gesetzgeber.

2. Der Antrag ist unzulässig, weil die Kosten für das Revisionsverfahren bereits rechtskräftig festgesetzt worden sind.

Der Wahlverteidiger hat am 14. Januar 2019 Kostenfestsetzung bezüglich des Revisionsverfahrens und am 4. Februar 2019 die Bewilligung einer Pauschgebühr beantragt. Am 26. April 2019 hat das Landgericht einen Kostenfestsetzungsbeschluss auch hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens erlassen. Gegen diesen Beschluss hat der Verteidiger kein Rechtsmittel eingelegt.

Die Unzulässigkeit des Antrags nach § 42 RVG in Fällen wie dem vorliegenden, in denen die gesetzlichen Gebühren bereits festgesetzt worden sind, folgt aus der in § 42 Abs. 4 RVG statuierten Bindungswirkung, die der Feststellung der Pauschgebühr für das Kostenfestsetzungsverfahren zukommt. In dem zweistufigen Verfahren zu einem vollstreckbaren Gebührentitel kann die festgestellte Pauschvergütung nur Bindungswirkung entfalten, können divergierende Entscheidungen allein dann vermieden und die angestrebte Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung nur erreicht werden, wenn die Pauschgebühr zu einem Zeitpunkt beantragt wird, in dem die getroffene Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren noch Berücksichtigung finden kann. Der Verteidiger muss daher dem rechtskräftigen Abschluss des Kostenfestsetzungsverfahrens entgegenwirken, um zunächst das vorrangige Verfahren nach § 42 RVG durchführen zu lassen (vgl. OLG Bamberg, Beschluss vom 17. Januar 2011 – 2 AR 24/10, juris Rn. 7 ff.; Thüringer OLG, Beschlüsse vom 9. August 2010 – 1 AR (S) 25/10, juris Rn. 18 ff.; vom 30. Oktober 2007 – 1 AR (S) 72/07, juris Rn. 10 ff.; Burhoff/Volpert, RVG, 6. Aufl., § 42 Rn. 18 f.; Mayer/Kroiß, RVG, 8. Aufl., § 42 Rn. 17). Daran fehlt es hier. Der Zulässigkeit des Antrags steht der rechtskräftig gewordene Kostenfestsetzungsbeschluss vom 26. April 2019 entgegen.“

Die Auffassung des BGH entspricht der h.M. Also: Zunächst Antrag nach § 42 RVG und dann Kostenfestsetzung…..

Pauschgebühr von rund 1,9 Mio EUR beantragt, oder: Welche Tätigkeiten sind zu berücksichtigen?

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Die zweite Entscheidung, die ich vorstelle, ist der OLG Celle, Beschl. v. 10.12.2021 – 5 AR (P) 7/20. Thematik: Bei der Pauschgebühr nach kostenloser Umbeiordnung zu berücksichtigende Tätigkeiten. Pauschgebühranträge haben ja i.d.R. nur noch selten Erfolg. Um so erfreulicher ist es, wenn man dann mal, so wie hier, über einen erfolgreichen Antrag berichten kann, auch wenn der Pflichtverteidiger ganz erhebliche Abstriche gegenüber seinem Antrag hat hinnehmen müssen.

Folgender Sachverhalt: Der Rechtsanwalt war Pflichtverteidiger in einem Staatsschutzverfahren beim OLG wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland u.a. Dem Angeklagten war am 09.11.2016 zunächst ein anderer Rechtsanwalt J zum Pflichtverteidiger bestellt worden. Daneben war seit dem 01.12.2016 auch Rechtsanwalt S. als Verteidiger mandatiert, seine Beiordnung als weiterer Pflichtverteidiger erfolgte am 27.07.2017. Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten der Verteidiger über die weitere Verteidigungsstrategie nach Beginn der Hauptverhandlung erfolgte am 18.04.2018 auf Antrag des Angeklagten die Entpflichtung von Rechtsanwalt S. unter gleichzeitiger Beiordnung des antragstellenden Rechtsanwalt. Dieser hatte zuvor mit Schreiben vom 16.04.2018 erklärt, dass „der Staatskasse (…) durch die Umbeiordnung keine zusätzlichen Kosten entstehen“ werden.

Der Rechtsanwalt hat eine Pauschgebühr in Höhe von 1.950.470,00 EUR beantragt, was in etwa dem Neunfachen der Wahlanwaltsgebühren entsprach. Die Vertreterin der Landeskasse hat eine Pauschgebühr in Höhe 34.000,00 EUR (ca. 50 % der Differenz der Pflichtverteidigergebühren zur Wahlverteidigerhöchstgebühr) vorgeschlagen. Das OLG hat eine Pauschgebühr in Höhe von rund 30.000 EUR bewilligt.

Da es ein sehr umfangreicher Beschluss ist, stelle ich hier nur die Passage vor, in der das OLG zum Umfang der zu berücksichtigen Tätigkeiten Stellung nimmt:

„3. Die Sache hatte auch einen besonderen Umfang.

a) Nicht berücksichtigt werden kann dabei im Fall des Antragstellers allerdings die erstmalige Einarbeitung in die Ermittlungsakten und die allgemeine Vorbereitung auf die Hauptverhandlung.

Die Verfahrensakten hatten zwar einen weit überdurchschnittlichen Umfang. Hinzu kommt, dass der Antragsteller erst nach dem 44. Hauptverhandlungstag zum weiteren Verteidiger bestellt wurde und die ihm zur Verfügung stehende Einarbeitungszeit deshalb vergleichsweise kurz war.

Indes ist zu beachten, dass der Antragsteller mit Schreiben vom 16. April 2018 erklärt hat, dass „der Staatskasse (…) durch die Umbeiordnung keine zusätzlichen Kosten entstehen“ werden. Hierauf hat der Vorsitzende des 4. Strafsenats in seinem Umbeiordnungsbeschluss vom 18. April 2018 auch ausdrücklich abgestellt. Der Antragsteller hat dementsprechend im Rahmen der Kostenfestsetzung auf die Grundgebühr und die Verfahrensgebühren verzichtet.

Der Gebührenverzicht im Rahmen der Umbeiordnung ist zulässig und wirksam (vgl. KG, Beschluss vom 2. September 2016 – 4 Ws 125/16, StraFo 2016, 513; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 17. Dezember 2015 – 2 Ws 582/15, NStZ 2016, 305; Volpert in: Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse [§§ 44, 45, 50], Rn. 2398; jew. mwN). Er wirkt sich auch auf die Bewilligung der Pauschgebühr aus. Wenn nämlich dem Pflichtverteidiger für einen Verfahrensabschnitt oder eine bestimmte Tätigkeit keine (gesetzlichen) Gebühren zustehen – sei es, dass eine Gebühr gar nicht entstanden ist, oder sei es, dass auf eine entsprechende Gebühr verzichtet worden ist –, kann dieser Verfahrensabschnitt oder diese Tätigkeit auch bei der Bewilligung einer Pauschgebühr nicht berücksichtigt werden (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 5. Januar 2012 – III-5 RVGs 81/11, StraFo 2012, 161 m. Anm. Burhoff; Gerold/Schmidt/Burhoff, aaO § 51 Rn. 16; Burhoff in: Burhoff/Volpert, aaO, RVG § 51 Rn. 21; BeckOK RVG/K. Sommerfeld/M. Sommerfeld, § 51 Rn. 9).

Zwar wurde in der Rechtsprechung vereinzelt die Ansicht vertreten, dass ein Verzicht auf höhere gesetzliche Gebühren es nicht ausschließe, dass diese dem Verteidiger „dem Grunde nach zustehenden, aber aufgrund des Verzichts nicht zu beanspruchenden Gebühren“ bei der Bemessung einer Pauschgebühr und deren Berechtigung gleichwohl Berücksichtigung finden können (OLG Hamm Beschluss vom 18. August 2009 – 5 (s) Sbd. X – 65/09, BeckRS 2012, 7235). Diese Auffassung ist indes auf Kritik gestoßen (vgl. Burhoff aaO), und das Oberlandesgericht Hamm hat angedeutet, sie künftig nicht mehr zu vertreten (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 5. Januar 2012 – III-5 RVGs 81/11, StraFo 2012, 161 m. Anm. Burhoff). Ob ihr im Hinblick auf eine mögliche Kompensation durch nicht entstandene Gebühren zu folgen wäre, kann hier indes dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls ist daraus nicht abzuleiten, dass der allgemein anerkannte Grundsatz der Vermeidung von Mehrkosten für die Staatskasse bei einem einvernehmlichen Pflichtverteidigerwechsel (vgl. nur Meyer-Goßner/Schmitt StPO 64. Aufl. § 143a Rn. 31 mwN) sich nur auf die Gebühren nach dem Vergütungsverzeichnis, nicht aber auf etwaige Mehrkosten durch eine Pauschgebühr bezieht. Zwar reichen im Falle einer kostenneutralen Umbeiordnung die durch den Mehrkostenbegriff geschützten Fiskalinteressen nicht weiter, als wenn der Beschuldigte den jetzt gewählten Verteidiger von vornherein bezeichnet hätte und dieser hätte beigeordnet werden können (vgl. OLG Celle, Beschluss vom 6. Februar 2019 – 2 Ws 37/19, StraFo 2019, 263; OLG Oldenburg, Beschluss vom 21. März 2017 – 1 Ws 122/17, juris). Von dem Mehrkostenbegriff sind aber unzweifelhaft diejenigen Gebührenpositionen erfasst, die durch die Bestellung des neuen Pflichtverteidigers doppelt entstehen würden (OLG Celle aaO; Volpert in: Burhoff/Volpert, aaO, Umfang des Vergütungsanspruchs [§ 48 Abs. 1 S. 1], Rn. 2250 mwN). Das erfasst bei einem Verteidigerwechsel während der Instanz – wie hier – zunächst die Grundgebühr und die Verfahrensgebühren (vgl. Volpert aaO, Rn. 2249 mwN). In diesem Sinn „doppelt entstehen“ würde aber auch eine Pauschgebühr, deren Bewilligung an Verfahrensabschnitte oder Tätigkeiten anknüpft, die mit den – vom Verzicht eindeutig erfassten – Grund- und Verfahrensgebühren abgegolten werden. Es wäre zudem systemwidrig, die Bewilligung einer Pauschgebühr auf die Unzumutbarkeit von gesetzlichen Gebühren zu stützen, auf deren Auszahlung der Verteidiger verzichtet hat.“

Für den Rest müssen dann die Leitsätze reichen – Leitsatz 4 ist der des OLG, der Rest stammt von mir

    1. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich bei einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls von sonstigen – auch überdurchschnittlichen Sachen – in exorbitanter Weise abheben.
    2. Ein Pauschgebührenantrag kann nur noch bedingt auf vor dem 1.7.2004 ergangene Rechtsprechung gestützt werden.
    3. Zur besonderen Schwierigkeit in Staatschutzverfahren.
    4. Ein zur Vermeidung von Mehrkosten für die Staatskasse bei Umbeiordnung erklärter Gebührenverzicht des Verteidigers wirkt sich auch auf die Bewilligung der Pauschgebühr aus. Da dem Pflichtverteidiger für die von dem Verzicht erfassten Verfahrensabschnitte oder Tätigkeiten keine gesetzlichen Gebühren zustehen, können diese Verfahrensabschnitte oder Tätigkeiten auch bei der Bewilligung der Pauschgebühr nicht berücksichtigt werden.
    5. Nur in Ausnahmefällen ist im Rahmen der Bemessung der Pauschgebühr eine Anhebung der dem Pflichtverteidiger gesetzlich zustehenden Terminsgebühr möglich. Dies kommt in Betracht, wenn an sich in die Hauptverhandlung fallende Vorgänge – etwa das Verlesen von Urkunden durch Anordnung des Selbstleseverfahrens – nach außen verlagert werden oder im Rahmen der Hauptverhandlung neue Unterlagen bekannt werden, die eine intensive Vor- oder Nachbereitung erfordern.
    6. Die Bejahung einer fast ausschließlichen Inanspruchnahme durch die Hauptverhandlung kommt unter Zugrundelegung einer fünftägigen Arbeitswoche grundsätzlich nicht schon bei Prozesswochen mit zwei ganztägigen Verhandlungen, sondern erst bei solchen mit jedenfalls drei ganztägigen Verhandlungen in Betracht.

Pauschgebühr vom KG mal wieder teilweise abgelehnt, oder: Warum braucht man dafür fast 16 Monate?

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Die zweite Entscheidung befasst sich dann mal wieder mit der Pauschgebühr nach § 51 RVG. Dazu gibt es ja nur noch wenige Entscheidungen und, wenn die OLG entscheiden, lehnen sie eine Pauschvergütung meist ab. Das hat das KG hier im KG, Beschl. v. 04.11.2021 – 1 ARs 35/20 – zwar nicht getan, weit aufgemacht hat das KG die Geldbörse aber auch nicht. Hätte mich beim KG auch gewundert 🙂 .

Die Entscheidung hat mir der Kollege Röth aus Berlin geschickt. Der Kollege war in einem Verfahren gegen den wegen Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung Verurteilten dem Bruder der Getöteten als Nebenklägerbeistand bestellt. Die Anklage vom 30.04.2019 ist am 24.06.2019 zur Hauptverhandlung zugelassen worden. In der acht Monate andauernden Hauptverhandlung wurden 83 Zeugen gehört und drei Gutachten erstattet. Das Verfahren umfasst 20 Bände Strafakten, 11 Beistücke, einen Karton Cds, 61 Sonderbände, einen Protokollband, einen Ladungsband, drei Antragsbände und zwei Kostenbände. Das LG hat den Angeklagten nach 46 Verhandlungstagen, von denen der Antragsteller als Nebenklagevertreter an 37 Verhandlungstagen mit einer durchschnittlichen Verhandlungsdauer von etwa zweieinhalb Stunden teilgenommen hat, am 17.03.2020 wegen Mordes in Tateinheit mit Vergewaltigung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.

Mit seinem Antrag hat der Kollege die Festsetzung einer Pauschgebühr gemäß § 51 RVG für seine Tätigkeit im Verfahren in Höhe von 25.546,00 EUR beantragt. Das KG hat eine Pauschgebühr in Höhe von 18.552,00 EUR bewilligt. Zunächst macht das KG die üblichen Ausführungen, warum es die Pauchgebühr nur noch in Ausnahmefällen gibt. Natürlich bezieht man sich auf die falsche Rechtsprechung des BGh zur Exorbitanz. Zur konkreten Sache führt das KG dann aus:

„2. Nach diesen Grundsätzen ist die Tätigkeit des Antragstellers nach der Gesamtwürdigung jedenfalls im Abgeltungsbereich der Grund- und der Verfahrensgebühren durch die gesetzlichen Gebühren nicht zumutbar abgegolten.

a) Die Gebühren stehen für das Verfahren im Rahmen der Hauptverhandlung nicht außer Verhältnis zur Indienstnahme des Antragstellers, obgleich eine besondere Schwierigkeit darin bestand, dass das Tötungsdelikt bereits 12 Jahre zurück lag und das Aktenkonvolut sowie das Zeugen- und Sachverständigenprogramm umfangreich waren. Die Pflichtverteidigervergütung im Hauptverfahren ist durch die Terminsgebühr geprägt. Diese soll die Vor- und Nachbereitung des Termins sowie die Teilnahme am Termin bis zu 5 Stunden abgelten (vgl. VerfGH, a.a.O., Burhoff in: Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 25. Aufl., RVG VV 4118 bis 4123 Rn. 6, VV 4108 Rn. 10, beck-online). Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber die mit den vor den Schwurgerichtskammern geführten Verfahren aufgrund der nicht alltäglich von einem Rechtsanwalt zu bewältigenden Inhalte regelmäßig einhergehenden überdurch-schnittlichen Schwierigkeit und besonderen Arbeitsbelastung bereits, dadurch Rechnung getragen hat, dass der Rechtsanwalt — wie hier der Antragsteller — höhere. Verfahrens- und Terminsgebühren (Nrn. 4118 und 4120 VV RVG) erhält, als für eine Tätigkeit in den von den Gebührentatbeständen Nrn. 4106, 4108, 4112 und 4114 VV RVG erfassten erstinstanzlichen Strafsachen vor dem Amtsgericht oder einer anderen Großen Strafkammer. Diese gelten die vom Gesetzgeber für diese Verfahren antizipierten besonders intensiven und wegen der Verfahrensdauer auch zeitlich aufwändigeren Vor- und Nachbereitungen ab, die abgesehen davon ohnehin zu den selbstverständlichen und daher nicht besonders zu vergütenden Pflichten des Verteidigers gehören (vgl. Senat, Beschlüsse vom 10. Mai 2016 — 1 ARs 33/15 — und 24. Oktober 2019 —1 ARs 4/19 —). Die durchschnittliche Verhandlungsdauer von zweieinhalb Stunden, der durch den Antragsteller (zum Teil nicht in Gänze) wahrgenommenen 37 Hauptverhandlungstermine, lag deutlich unter der mit etwa 6 Stunden durchschnittlichen Verhandlungsdauer im Verfahren vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts. Er ist mithin durch die große Anzahl der jeweils einzeln vergüteten Hauptverhandlungstermine erheblich besser gestellt worden, als in einem durchschnittlichen Verfahren, was zu einer Kompensation arbeitsintensiver Abschnitte der Tätigkeit des Verteidigers führt (Senat, Beschluss vom 2. Juni 2016 —1 ARs 23/15 —). Bei der durchschnittlichen Verhandlungsdauer von zweieinhalb Stunden sowie einer Erstreckung der 37 Termine über einen Zeitraum von neun Monaten war die Möglichkeit des Antragstellers, andere Mandate zu bearbeiten, auch nicht erheblich eingeschränkt. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller durch seine Bestellung so belastet gewesen ist, dass dies seine Existenz gefährdete oder zumindest erhebliche negative finanzielle Auswirkungen auf seinen Kanzleibetrjeb hatte (vgl. VerfGH, a.a.O.).

b) Hingegen war die Phase der Einarbeitung in das Verfahren mit einem Aktenumfang von 17. Bänden Sachakten, 19 Sonderbänden, diversen Bildermappen und 12 Beistücken sowie der 33 Seiten umfassenden Anklage als besonders umfangreich einzustufen (vgl. Senat, Beschlüsse vom 17. Juni 2015 — 1 ARs 5/13 — und 2. Juni 2016 — 1 ARs 23/15 –, m.w.N.; Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 25. Auflage, § 51 Rn. 19, m.w.N.). Dem Antragsteller stand dabei nur eine vergleichsweise kurze Einarbeitungszeit zu (vgl. Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG-Kommentar, 25. Auflage, § 51 Rn. 21), nachdem er mit Schriftsatz vom 26. März 2019 gegenüber der Staatsanwaltschaft die Vertretung des zur Nebenklageberechtigten angezeigt und beantragt hatte, die Nebenklage zuzulassen, ihn als Nebenklagevertreter beizuordnen und ihm Akteneinsicht zu gewähren und er diesen Antrag mit Schriftsatz vom 16. Mai 2019 erneut an die zuständige Schwurgerichtskammer gerichtet hat als er durch die Staatsanwaltschaft-Kenntnis Von der Anklageerhebung erhalten hatte. Die Bestellung des Antragstellers erfolgte mit der Zulassung der Nebenklage durch Beschluss der Kammer vom 31. Mai 2019. Bereits am 17. Juli 2019 fand eine Vorbesprechung mit den Verfahrensbeteiligten zur Strukturierung der am 31. Juli 2019 beginnenden Hauptverhandlung statt. Die Arbeitskraft des Antragstellers war daher in der Phase der Einarbeitung in das Verfahren, auch vor dem Hintergrund, dass es sich um ein 12 Jahre zurückliegendes Tötungsdelikt handelte und der Verurteilte nicht geständig war, weit überdurchschnittlich gebunden. Damit sind die Pflichtverteidigergebühren nach VV 4100, 4104 und 4118 RVG auch in der Gesamtschau nicht mehr zumutbar. Bei der Bemessung der Pauschgebühr sind daher für diese Gebühren statt der Pflichtverteidigergebühren jeweils die Wahlanwaltshöchstgebühren (in Höhe von 360,00, 290,00 und 690,00 Euro) anzusetzen.

Der Senat merkt an, dass der Verfassungsgerichtshof in der von dem Antragsteller in Bezug genommenen Entscheidung vom 22. April 2020 festgestellt hat, dass die Gebühren des Verteidigers (lediglich) für das Vorverfahren unangemessen sind.

Ausweislich der Begründung der Entscheidung war die Arbeitskraft des Verteidigers durch das vorbereitende Verfahren weit überdurchschnittlich gebunden, weil er in diesem Verfahrensabschnitt nicht nur an Vernehmungen durch die Strafverfolgungsbehörden teilnahm, sondern auch an 17 Besprechungsterminen mit seinem Mandanten, dem Landeskriminalamt und dem Oberstaatsanwalt (in unter-schiedlichen Verfahren), die an unterschiedlichen und vorgegebenen Orten sowie zu vorgegebenen Zeiten stattfanden, weil der Mandant nach vorangegangener Beratung und notwendiger Vorbereitung durch den Verteidiger in das Zeugenschutz-programm aufgenommen worden war. Die erheblich über solche in einem gleich-artigen Verfahren hinausgehenden Vor- und Nachbereitungen der Termine nahmen darüber hinaus überdurchschnittlich viel Zeit ein, insbesondere, weil der Mandant sowohl Beschuldigter als auch Hauptbelastungszeuge im Zusammenhang mit verschiedenen Tatkomplexen war und eine Strafmilderung nach § 46 b StGB anstrebte. Der Verfassungsgerichtshof sah daher die Möglichkeit des Verteidigers andere Mandate zu bearbeiten, während des mehrere Monate umfassenden vorbereitende Verfahrens als erheblich eingeschränkt an. Für das 71 Verhandlungstage umfassende Verfahren ab dem Eingang der Anklage bei dem Landgericht stellte der Verfassungsgerichtshof hingegen fest, dass dem Verteidiger; auch unter Berücksichtigung des mit einem durchschnittlichen Schwurgerichtsverfahren nicht vergleichbaren Aufwandes, kein unzumutbares Sonderopfer abverlangt worden ist (vgl. VerfGH Berlin, Beschlüsse vom 22. April 2020 — VerfGH 177/19 — und vom 12. Mai 2021 — VerfGH 175/20 —). Bereits aufgrund dieser Feststellungen ist eine Vergleichbarkeit mit dem Umfang, der Schwierigkeit sowie der Einbindung des Verteidigers mit dem in Bezug genommen Verfahren nicht gegeben.

c) Unter Abwägung aller Umstände und unter Zurückweisung des Antrags im Übrigen ist — in Übereinstimmung mit dem Antrag des Bezirksrevisors — auf eine ins-gesamt angemessene Pauschgebühr von 18.552,00 Euro für die Tätigkeit des Antragstellers zu erkennen.“

Dazu:

1. Soweit das KG eine Pauschgebühr für den Verfahrensabschnitt „Hauptverhandlung“ ablehnt, wird man sich dem letztlich nicht verschließen können, da die durchschnittliche Hauptverhandlungsdauer mit 2 ½ Stunden dann für eine Schwurgerichtsverfahren doch recht knapp war (vgl. dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, § 51 Rn 148 ff. m.w.N.). Allerdings vermisst man im KG-Beschluss Ausführungen des KG zur Frage, ob nicht ggf. das Gesamtgepräge des Verfahrens (dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, § 51 Rn 15 m.w.N.) eine höhere Pauschgebühr gerechtfertigt hätte, weil der Verfahrensabschnitt „Hauptverhandlung“ eben doch zu berücksichtigen gewesen wäre. Stattdessen wird leider ungeprüft der vom BGH in die Pauschgebührrechtsprechung eingeführte Begriff des „exorbitanten Abhebens“ von anderen Verfahren übernommen, womit sich der Prüfungsmaßstab erheblich verschärft. Vielleicht hätte sich das KG besser damit befasst als auszuführen, warum denn seine beiden, den VerfGH Berlin, Beschl. v. 22.4.2020 – VerfGH 177/19, a.a.O., und v. 12.5. 2021 – VerfGH 175/20, AGS 2021, 360 zugrunde liegenden Beschlüsse, die das KG erheblich „gerüffelt“ haben, zumindest teilweise richtig sind.

2. Alles in allem: Pauschgebühr macht keine Freude und mal sollte sich als Pflichtverteidiger gut überlegen, ob man die Mühe, die eine vernünftige Antragsbegründung erfordert, aufwenden will oder ob man die dafür erforderliche Zeit nicht besser für andere Dinge einsetzt.

3. Und: Der Pauschgebührantrag des Beistandes datierte vom 14.07.2020, die Entscheidung des KG dann vom 04.11.2021, ist also fast 16 Monate später ergangen. Die lange Bearbeitungsdauer erschließt sich nicht, den Pauschgebühr ist ja nun kein „Hexenwerk“. Vielleicht hätte je eine Verzögerungsrüge nach den §§ 198, 199 GVG die Bearbeitung beschleunigt.

Pauschgebühr des Wahlanwalts/Auslagenerstattung oder: Antragsreihenfolge beachten

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Am RVG-Tag stelle ich heute zunächst den OLG Jena, Beschl. v. 21.05.2021 – (S) AR 104/20 – vor. Der befasst sich (noch einmal) mit der (Un)Zulässigkeit eines Antrages des Wahlverteidigers auf Feststellung einer Pauschgebühr gem. § 42 RVG nach Stellung eines Kostenfestsetzungsantrages und wirksamer Ausübung seines Bestimmungsrechts nach § 14 Abs. 1 RVG.

Der Wahlverteidiger hatte nach Einstellung des Verfahrens mit einer für den Mandanten günstigen Kostenentscheidung Auslagenerstattung beantragt. Das wird ablehnt. Dagegen dann die Beschwerde des Verteidigers, der im Beschwerdeverfahren noch einen Antrag nach § 42 RVG stellt. Den weist das OLg als unzulässig zurück:

„Der mit Schriftsatz vom 14.09.2020 im Beschwerdeverfahren 1 Ws 282/20 gestellte Antrag des Wahlverteidigers auf Feststellung einer Pauschgebühr gem. § 42 RVG ist als solcher unzulässig.

Der Senat hat zur Zulässigkeit eines Antrages nach § 42 RVG in zwei Verfahren Stellung genommen.

Im – auch vom Antragsteller in Bezug genommenen – Verfahren 1 AR S 72/07 (Beschluss vom 30.10.2007, bei juris) wurde über eine Fallgestaltung entschieden, in welcher der Verteidiger erst nach rechtskräftiger Festsetzung der gesetzlichen Gebühren einen Antrag auf Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG gestellt hatte.

Dieser Umstand war für die Unzulässigkeit des Antrages maßgebend (vgl. Rdnr. 9 der bei juris veröffentlichten Entscheidung sowie den dortigen Leitsatz). Die Formulierung unter Rdnr. 12 dieses Beschlusses – „die Folge dieser in § 42 Abs. 4 RVG statuierten Bindungswirkung ist, dass der Wahlverteidiger die Pauschgebühr zu einem Zeitpunkt beantragen muss, in dem die durch das Oberlandesgericht getroffene Feststellung im Kostenfestsetzungsverfahren noch Berücksichtigung finden kann“ – kann insoweit aber nur als obiter dictum verstanden werden.

Dem weiteren Beschluss des Senats im Verfahren vom AR (S) 25/10 (Beschluss vom 09.08.2010, ebenfalls bei juris veröffentlicht), lag eine andere Fallgestaltung zugrunde. In diesem Verfahren war der Kostenfestsetzungsantrag des Verteidigers vom 23.10.2008 abgelehnt worden und im folgenden Abhilfeverfahren war vom Landgericht mit Beschluss vom 02.12.2009 eine Kostenfestsetzung erfolgt. Der bereits zuvor, ebenfalls am 23.10.2008, gestellte Antrag auf Bewilligung einer Pauschgebühr, der als Antrag nach § 42 RVG auszulegen war, wurde dem Senat erstmals am 08.04.2010 vorgelegt. Der Senat hat diesen Antrag als (nicht mehr) zulässig zurückgewiesen, weil der Verteidiger mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 23.10.2008 sein Ermessen gegenüber der Staatskasse ausgeübt hatte. Zwar hätten die Rechtspflegerin und die Vertreterin der Staatskasse nicht bedacht, dass bei einer gleichzeitigen Antragstellung auf Kostenfestsetzung und Feststellung einer Pauschgebühr nach § 42 RVG die Akten dem Oberlandesgericht zunächst zur Entscheidung über den Antrag nach § 42 RVG hätten vorgelegt werden müssen, jedoch habe es der Antragsteller selbst in der Hand gehabt, der rechtskräftigen Festsetzung der Gebühren unterhalb der Grenzen des § 42 RVG durch Einlegung von Rechtsmitteln entgegen zu wirken.

In dieser Entscheidung hat der Senat indes bereits unter Bezugnahme auf den Beschluss des OLG Celle vom 29.07.2008 (veröffentlicht in NStZ-RR 2009, 31) dargelegt:

„Mit dem Kostenfestsetzungsantrag hat der Verteidiger sein Ermessen nach § 14 Abs. 1 RVG gegenüber der Staatskasse ausgeübt. Der Rechtsanwalt ist an dieses einmal ausgeübte Ermessen bei der Bestimmung der angefallenen Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens gebunden (vgl. Gerold/Schmidt-Madert, § 14 RVG Rdnr. 4; Hartmann Kostengesetze, § 14 Rdnr. 12)“.

Vorliegend hat der Senat – erstmals – über eine Fallgestaltung zu befinden, in der der Wahlverteidiger einen Kostenfestsetzungsantrag – hier am 23.04.2020 – gestellt und in dem er sein Ermessen nach § 14 RVG durch Beantragung der jeweiligen höchsten Rahmengebühren geltend gemacht, er gegen den ablehnenden Beschluss der Rechtspflegerin Beschwerde eingelegt und erst im Beschwerdeverfahren einen Antrag nach § 42 RVG gestellt hat.

Der unter dem 14.09.2020 gestellte Antrag ist unter Anwendung der bereits im Senatsbeschluss vom 09.08.2010 in Bezug genommenen Rechtsauffassung unzulässig.

Mit dem Kostenfestsetzungsantrag vom 23.04.2020 hat der Verteidiger sein Bestimmungsrecht nach § 14 Abs. 1 RVG wirksam ausgeübt. An dieses einmal ausgeübte Ermessen bei Bestimmung der Billigkeit der angefallenen Gebühren innerhalb des Gebührenrahmens ist der Verteidiger gebunden (vgl. Gerold/Schmidt-Mayer, RVG, 24. Aufl., § 14 Rdnr. 4). Die Ausübung des Ermessens ist Bestimmung der Leistung durch den Verteidiger und erfolgt gem. § 315 Abs. 2 BGB durch Erklärung gegenüber dem Mandanten bzw. aufgrund der in der Strafprozessvollmacht vereinbarten Abtretung von Erstattungsforderung gegenüber der Landeskasse dieser gegenüber (vgl. OLG Celle, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.2012, 3 RVGs 48/11, bei juris). Nur dann, wenn der Rechtsanwalt eine Gebührenerhöhung ausdrücklich vorbehalten hat, über die Bemessungsfaktoren getäuscht wurde oder einen gesetzlichen Gebührentatbestand übersehen hat, kommt eine Gebührenerhöhung in Betracht (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.).

Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Da der Verteidiger die Feststellung einer Pauschgebühr erst knapp 5 Monate nach dem Kostenfestsetzungsantrag gestellt hat, kann auch nicht schlüssig angenommen werden, dass er sich weitere, über die Rahmenhöchstgebühr hinausgehende Forderungen vorbehalten hat (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.).“

Also: Auf die Reihenfolge der Anträge achten.

Pauschgebühr? Nein, kein „exorbitanter“ Unterschied, oder: Wir machen es genau so falsch wie der BGH

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Bei der zweiten „RVG-Entscheidung“ handelt es sich um einen Pauschgebührenbeschluss, und zwar um den OLG Dresden, Beschl. v. 01.07.2021 – 6 (S) AR 8/21, den mir der Kollege M. Stephan aus Dresden geschickt hat.

Das OLG Dresden ist genauso knauserig wie die anderen OLG und gewährt eine Pauschgebühr von 970 EUR indem es die gesetzlichen Gebühren von 55.030 EUR auf 56.000 EUR erhöht hat. Mehr gibt es nicht:

„Der zulässige Antrag auf Festsetzung einer Pauschgebühr erweist sich in dem aus der Be-schlussformel ersichtlichen Umfang als begründet.

Gemäß § 51 Abs. 1 Satz 1 und 3 RVG ist Voraussetzung der Bewilligung einer Pauschgebühr, die über die gesetzlichen Gebühren hinausgeht, dass diese wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit der Sache bzw. des betroffenen Verfahrensabschnitts nicht zumutbar ist. Die Bewilligung einer Pauschgebühr stellt dabei die Ausnahme dar; die anwaltliche Mühewaltung muss sich von sonstigen – auch überdurchschnittlichen Sachen – in exorbitanter Weise abheben. Bei der Beurteilung ist ein objektiver Maßstab zu Grunde zu legen. Entscheidend ist, ob die konkrete Strafsache selbst umfangreich war und infolge dieses Um-fangs eine zeitaufwändigere, gegenüber anderen Verfahren erhöhte Tätigkeit des Verteidigers erforderlich geworden ist (BGH, Beschluss vom 1. Juni 2015 — 4 StR 267/11 —, juris m.w.N.).

Diese Voraussetzungen sind nur in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang erfüllt.

Die in der Stellungnahme der Bezirksrevisorin wiedergegebene Auffassung entspricht ständiger Rechtsprechung der Strafsenate des Oberlandesgerichts Dresden. Der Senat hält auch im vorliegenden Fall daran fest.

Die gesetzlichen Gebühren betragen im vorliegenden Fall 55.030 EUR.

Mit Blick auf den Aktenumfang und der damit verbundenen Mühewaltung erscheint die Zuerkennung einer Pauschgebühr in Höhe von 56.000 EUR angemessen.

Eine weitere Erhöhung kommt weder mit Blick auf den Umfang der Hauptverhandlung noch auf die weiteren Umstände des Verfahrens in Betracht.

Die Teilnahme an 80 Sitzungstagen in einer Zeit von annähernd zwei Jahren unterscheidet das Verfahren noch nicht exorbitanter Weise von anderen überdurchschnittlichen Verfahren. Die Strafsache hat die Arbeitskraft des Pflichtverteidigers auch nicht für längere Zeit ausschließlich oder fast ausschließlich in Anspruch genommen, sodass ihm ein unzumutbares Opfer abverlangt worden ist.

Auch die im Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten führen nicht zu einer Erhöhung der Pauschgebühr. Die im Urteil dargestellte „Korrespondenzanalyse“, also der visuelle Ver-gleich von Bildmaterial aus unterschiedlichen Quellen mit dem Bildmaterial aus einer weiteren Quelle, erscheint nicht als in wissenschaftlicher Hinsicht so anspruchsvoll, dass eine besonders arbeitsaufwändige Einarbeitung notwendig wäre. Im Revisionsverfahren ist die darauf gestützte Beweiswürdigung ohne weitere Erörterung unbeanstandet geblieben. Das von der Verteidigung hingegen aufgebotene „Gegengutachten“ wird in den Urteilsgründen als „schwer nachvollziehbar, wenn nicht abwegig“ und teilweise als „rein spekulativ“ gewürdigt.“

Wenn ich schon lese, dass sich das „Verfahren noch nicht exorbitanter Weise von anderen überdurchschnittlichen Verfahren“ unterscheidet, dann brauche ich gar nicht weiter zu lesen, weil ich weiß, dass das OLG nur das nachbetet, was der BGH in seiner Rechtsprechung falsch vorgebetet hat. Kein OLG kommt mal auf die Idee, das zu hinterfragen.