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Lex Mollath, oder: Anwendung der Neuregelung und „erhebliche Straftat“

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§ 63 StGB ist durch das „Gesetz zur Novellierung des Rechts der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des Strafgesetzbuchs und zur Änderung anderer Vorschriften“ vom 08.07.2016 (BGBl. I 2016 S. 1610) mit Wirkung zum 01.08.2016 neu gefasst worden. Das ist – wenn ich mich richtig erinnere – die sog. „Lex Mollath“. Zu dieser gesetzlichen Neuregelung gibt es dann schon die ersten obergerichtlichen  Entscheidungen, und zwar.

Das ist zunächst der BGH, Beschl. v.03.08.2016 – 4 StR 305/16, in dem der BGH ergänzend zur Verwerfung der Revision nach § 349 Abs. 2 StPO ausführt, dass

„..diese Neufassung gemäß § 2 Abs. 6 StGB, § 354a StPO auf den vorliegenden Fall Anwendung findet (vgl. BGH, Beschluss vom 15. November 2007 – 3 StR 390/07, NJW 2008, 1173; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., § 345a Rn. 1; BT-Drucks. 18/7244, S. 41), hat die Unterbringungsanordnung Bestand. Die Neufassung der Anordnungsvoraussetzungen von § 63 StGB greift im Wesentlichen die Konkretisierungen auf, die vom Bundesverfassungsgericht und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung in den ver-gangenen Jahren vorgenommen worden sind. Es handelt sich damit vorrangig um bestätigende Kodifizierungen (vgl. BT-Drucks. 18/7244, S. 42). Das Landgericht hat die der Anordnung der Unterbringung zugrunde liegende Gefährlichkeitsprognose anhand der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelt und bewertet. Seine dabei angestellten Erwägungen werden auch den Anforderungen des § 63 Satz 2 StGB nF gerecht. Der Senat kann daher ausschließen, dass die Unterbringungsanordnung auf der Nichtanwendung der Neufassung des § 63 StGB beruht.“

Und das ist der OLG Hamm, Beschl. v. 30.08.2016 – 4 Ws 276/16 -, in dem das OLG zum Begriff der „erheblichen Straftat“ i.S. des § 67d Abs. 3 Satz 1 StGB Stellung genommen hat:

„Die Begründung des angefochtenen Beschlusses genügt entgegen der Auffassung des Betroffenen bzw. seines Verteidigers auch den Anforderungen des § 67d Abs. 6 S. 3 StGB i. V. m. § 67d Abs. 3 S. 1 StGB in der seit dem 01.08.2016 geltenden Fassung, wonach die Maßregel grundsätzlich für erledigt zu erklären ist, wenn zehn Jahre der Unterbringung vollzogen worden sind, falls nicht die Gefahr besteht, dass der Untergebrachte erhebliche Straftaten begehen wird, durch welche die Opfer seelisch oder körperlich schwer geschädigt werden.

Bei der Anlasstat sowie bei den von dem Betroffenen im Verlauf des Maßregelvollzuges begangenen Übergriffshandlungen und bei der dem Urteil des Landgerichts Kleve vom 28.12.2005 zu Grunde liegenden Tat handelt es sich um erhebliche Gewalttaten, bei denen die Opfer im Sinne des § 67d Abs. 3 S. 1 StGB körperlich schwer geschädigt werden. Bei Körperverletzungsdelikten liegt ein hoher Schweregrad und damit eine schwere Schädigung des Opfers regelmäßig vor, wenn Taten drohen, bei denen das Opfer Knochenbrüche, Gehirnerschütterungen oder großflächige Schürfwunden erleidet oder gar einer längeren stationären Krankenhausbehandlung bedarf. Gleiches gilt für Körperverletzungsdelikte, bei denen der Täter — wie hier — dem Opfer wuchtige Faustschläge ins Gesicht versetzt oder dem Opfer heftig gegen den Kopf oder den Oberkörper tritt.“

Schneller geht es kaum….

Happy New Year ? Na ja, nicht für Steuersünder …. Verschärfung der Selbstanzeige ab 01.01.2015

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Der ein oder andere wird sicherlich denken, dass das nicht unbedingt der richtige Beitrag zum Jahresanfang ist. Aber: Das Lamentieren nutzt nichts, denn ab heute ist es dann amtlich. Nach gerade noch rechtzeitiger Veröffentlichung im BGBl. am 30.12.2014 sind heute nämlich die Änderungen im Recht der strafbefreienden Selbstanzeige in Kraft getreten. Besser wäre wohl formuliert mit „Verschärfungen“ 🙂 . Sie gehen zurück auf einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung, dem der Bundesrat am 19.12.2014 zugestimmt hat. Danach gibt es zwar noch eine strafbefreiende Selbstanzeige, aber „die Hürden für diesen Weg liegen jedoch künftig um Einiges höher“, wie es so schön in der PM der Bundesregierung zu den Änderungen/Verschärfungen heißt:

Die wesentlichen Eckpunkte der Neuregelung sind (Quelle PM des Bundesregierung):

  • Absenkung der Grenze, bis zu der eine Steuerhinterziehung (ohne Zahlung eines zusätzlichen Geldbetrages) bei einer Selbstanzeige straffrei bleibt, von 50.000 € auf 25.000 €.
  • Bei darüber liegenden Beträgen ist nur bei gleichzeitiger Zahlung eines Zuschlags ein Absehen von der Strafverfolgung möglich. Der Zuschlag ist abhängig vom Hinterziehungsvolumen:
    über 25.000 €: 10 Prozent Zuschlag
    über 100.000 €: 15 Prozent Zuschlag
    über 1 Million €: 20 Prozent ZuschlagFrüher galt ein Zuschlag von 5 Prozent ab einem Hinterziehungsbetrag von 50.000 €.
  • Verlängert worden ist zudem die Verjährungsfrist in allen Fällen der Steuerhinterziehung auf zehn Jahre. Das heißt: Der Steuerhinterzieher muss künftig für die vergangenen zehn Jahre „reinen Tisch machen“ und die hinterzogenen Steuern für diese Jahre nachzahlen, um seine strafrechtliche Verfolgung zu vermeiden.
  • Weitere Voraussetzung ist neben der Zahlung des hinterzogenen Betrages auch die sofortige Zahlung der Hinterziehungszinsen in Höhe von sechs Prozent pro Jahr.
  • Der Staat kann außerdem künftig bestimmte, nicht erklärte ausländische Kapitalerträge für noch weiter zurückliegende Zeiträume besteuern als bisher. Der Fristlauf der zehnjährigen steuerrechtlichen Festsetzungsverjährung beginnt erst bei Bekanntwerden der Tat, spätestens zehn Jahre nach dem Hinterziehungsjahr. Hintergrund ist, dass die deutschen Steuerbehörden von „Auslands-Hinterziehungen“ vielfach erst sehr spät und oft zufällig Kenntnis erlangen. Die neue „Anlaufhemmung“ lässt dem Fiskus ausreichend Zeit zur Aufklärung.

Zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung und damit auch zur Neuregelung kritisch: Sebastian Korts, RA, FAStR, FAH&GR, MBA, M.I.Tax, Köln, Mitglied im Geschäftsführenden Ausschuss der ARGE Steuerrecht.

 

Änderungen/Ergänzungen des § 153a StPO – (mal wieder) Opferschutz

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Mal wieder etwas aus der Ecke: Was gibt es Neues aus Berlin? Über meinen Jurion-Newsletter bin ich auf die Meldung des Bundestages vom 28.06.2012 gestoßen. Danach hat der Bundestag -bei Enthaltung der Linksfraktion und der Grünen am 28.06.2012 einen Gesetzentwurf des Bundesrates (BT-Drs. 17/1466) zur Stärkung der Täterverantwortung in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (BT-Drs. 17/10164) beschlossen.

Die gesetzlichen Neuregelungen zielen (natürlich/mal wieder) auf einen besseren Opferschutz vor allem bei häuslicher Gewalt. Beschuldigte oder Verwarnte können künftig über staatsanwaltschaftliche oder gerichtliche Weisungen Programmen zugewiesen werden, in denen sie sich mit ihren Taten auseinandersetzen und lernen, für ihr Handeln Verantwortung zu übernehmen und sich selbst zu kontrollieren. Den Beschuldigten kann bei vorläufiger Einstellung des Verfahrens die Teilnahme an einem bis zu einjährigen Programm auferlegt werden. Geändert worden sind u.a. § 153a StPO und das StGB.

In § 153a StPO ist eine neue Nr. 6 eingefügt worden – die Einstellung ist in Zukunft auch unter der Auflage möglich,  „6. an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder“. In dem Fall kann dann das Verfahren bis zu einem Jahr eingestellt werden (§ 153a Abs. 3 S. 1 StPO neu).

Damit korrespondiert eine Änderung in § 59a StGB. Dort ist jetzt in einer neuen Nr. 5 geregelt, dass als Weisung auch aufgegeben werden kann, „„5. an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.“

Neue Bestimmungen für Sicherungsverwahrung – Bundesregierung bringt entsprechenden Gesetzentwurf auf den parlamentarischen Weg

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Gerade bei Jurion gefunden:

„Neue Bestimmungen für Sicherungsverwahrung – Bundesregierung bringt entsprechenden Gesetzentwurf auf den parlamentarischen Weg

Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet, muss das Gericht während des Vollzugs der Freiheitsstrafe alle zwei Jahre feststellen, ob dem Gefangenen eine umfassende Betreuung zuteil geworden ist. Das geht aus einem Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/9874) der Bundesregierung hervor. Demnach würde die weitere Vollstreckung unverhältnismäßig, wenn ein vom Gericht festgestelltes Betreuungsdefizit nicht innerhalb kurzer Zeit behoben wird. Insbesondere müsse die Betreuung individuell und intensiv sein. Sie soll geeignet sein, die Mitwirkungsbereitschaft des Gefangenen zu wecken und zu fördern.

Die psychiatrische, psycho- und sozialtherapeutische Behandlung müsse auf den Gefangenen zugeschnitten sein, heißt es in dem Entwurf weiter. Ziel sei es, seine Gefährlichkeit für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Es sei ferner sicherzustellen, dass Sicherungsverwahrte räumlich ausreichend vom regulären Strafvollzug getrennt sind. Die Bundesregierung strebt ein Inkrafttreten des Gesetzes am 01.06.2013 an.

Die Initiative ist notwendig geworden, weil das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe u. a. in seinem Urteil vom 04.05.2011 (2 BvR 2365/09) sämtliche Bestimmungen der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung als nicht vereinbar mit dem Grundgesetz verworfen hatte.

Den Gesetzentwurf der Bundesregierung finden Sie im Internetangebot des Deutschen Bundestages: BT-Drs. 17/9874 (PDF)“.


Quelle: Bundestag
hib-Meldungen Nr. 294 vom 13.06.2012

 

What´s new – im Strafverfahren? Reduzierte Besetzung der StK nicht mehr nur befristet… und noch mehr

Heute ist der 1. Arbeitstag des neuen Jahres. Ich begrüße alle, die gleich am ersten Tag wieder in das normale Geschirr gehen mit folgendem Post:

Der 01.01. eines Jahres ist ja häufig der Stichtag für das Inkrafttreten gesetzlicher Neuregelung. So auch in diesem Jahr. Für meinen strafverfahrensrechtlichen Bereich ist hinzuweisen auf das Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des BundesdisziplinarG vom 06.12.2011 (BGBl I, S. 2554).

Dieses hat die einschlägigen §§ 76 GVG, 33b JGG grundlegend und unbefristet geändert. Die „reduzierte Besetzung der großen Strafkammer“ ist also nicht mehr nur eine Übergangsregelung.

Hinweisen will ich hier nur auf Folgendes, (mehr dazu im StRR-Heft 1/2012 vom Kollegen Deutscher, bei dem ich auch das nachfolgende Zitat geklaut habe):

Zwar bleiben die jeweiligen Absätze 1 der Vorschriften bestehen, wonach die großen Straf-/Jugendkammern mit drei Berufsrichtern einschließlich Vorsitzendem besetzt sind. Für die Besetzung in der Hauptverhandlung gelten jedoch jetzt die neuen §§ 76 Abs. 2 – 5 GVG, 33b Abs. 2 – 6 JGG. Über die Besetzung ist nunmehr stets und nicht nur im Fall der Zweier-Besetzung zu entscheiden, entweder bei Eröffnung des Hauptverfahrens (jew. Abs. 2 Satz 1) oder bei bereits eröffnetem Hauptverfahren bei der Anberaumung des Termins zur Hauptverhandlung (jew. Abs. 2 Satz 2). Die Dreier-Besetzung ist dabei zwingend anzuordnen in drei enumerativ genannten Fällen (jew. Abs. 2 Satz 3, u. III 1). Hervorzuheben ist dabei die jeweils in Ziff. 3 benannte, schon in der früheren Rechtslage geltende Vorgabe, wonach die Dreier-Besetzung zwingend ist, wenn nach dem Umfang oder der Schwierigkeit der Sache die Mitwirkung eines dritten Berufsrichters notwendig erscheint, wobei in den jeweiligen Absätzen 3 zwei (GVG) bzw. drei (JGG) Fälle benannt werden, in denen hierbei „in der Regel“ die Dreier-Besetzung notwendig ist (u. III 2). „Im Übrigen“ und damit als Grundsatz gilt in der Hauptverhandlung die Zweier-Besetzung (jew. Abs. 2 Satz 4). §§ 76 Abs. 4 und 5 GVG, 33b Abs. 5 und 6 JGG enthalten Regelungen zur nachträglichen Abänderung bzw. Neuentscheidung nach Zurückverweisung vom Revisionsgericht oder nach Aussetzung der Hauptverhandlung (u. IV 3 b u. c).

Für das Übergangsrecht gilt:

Nach dem neu eingefügten § 41 Abs. 1 EGGVG ist die alte Fassung des § 76 GVG auf alle Verfahren im Erwachsenenbereich anzuwenden, die vor dem 01.01.2012 beim LG anhängig geworden sind. Gleiches gilt nach § 121 Abs. 2 JGG n.F. für die Anwendung von § 33b Abs. 2 JGG a.F. bei den Jugendkammern.

Und dann noch ein Link auf eine Änderung in Bayern. Dort gibt es jetzt auch ein Landesgesetz zur U-Haft, vgl. hier beim Kollegen Spiegel.