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Neufahrzeugkauf, oder: Ist ein fast 1 Jahr alter Mercedes CL 500 (noch) neu?

entnommen wikimedia.org Urheber Pe?ot

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Ein im Jahr 2011 produzierter Mercedes CL 500 kann vor Ablauf der Jahresfrist im Jahre 2012 noch als Neufahrzeug verkauft werden. Das ist das Fazit aus dem OLG Hamm, Urt. v. 16.08.2016 – 28 U 140/15. Die Klägerin hatte als Ersatz für ein Unfallfahrzeug Ende September 2012 einen Mercedes CL 500 als Neufahrzeug erworben. Das Fahrzeug war bereits Ende September 2011 produziert worden. Die Klägerin zahlte einen Kaufpreis in Höhe von ca. 105.000 EUR. Dieses übernahm sie – in Kenntnis des Produktionsjahres – im Oktober 2012. Ende 2012/Anfang 2013 verlangte die Klägerin von den Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrages mit der Begründung, dass das bereits im September 2011 produzierte Fahrzeug beim Verkauf über ein Jahr alt und deswegen kein Neufahrzeug mehr gewesen sei. Zudem habe es vor dem Verkauf schon länger bei der beklagten Vertragshändlerin auf Halde gestanden und sei von dieser auch auf Straßenausstellungen als Vorführwagen benutzt worden. Deswegen habe es bei der Übergabe eine Laufleistung von schon 86 km aufgewiesen. Die Beklagte sah das anders. Die Klage hatte dann weder beim LG noch beim OLG Erfolg:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.2003 in NJW 2004,160 vgl. auch Urteil v. 29.06.2016 – VIII ZR 191/15-; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 12. Auflage, Rnrn. 506ff ) ist ein Fahrzeug fabrikneu, wenn es aus neuen Materialien zusammengesetzt und unbenutzt ist, wenn und solange das Modell unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durch längere Standzeit bedingte Mängel aufweist und nach der Herstellung keine erheblichen Beschädigungen eingetreten sind und wenn zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate liegen.

1. Die Behauptung der Klägerin, der Mercedes sei nur noch bis Mitte 2012 produziert worden und daher ein „Auslaufmodell“, ist vom Landgericht zutreffend als unsubstantiiert und einem Beweis nicht zugänglich bewertet worden. Ein Berufungsangriff wird dagegen nicht geführt; die Feststellung ist für den Senat bindend, § 529 Abs. 1 ZPO.101

a) Die von der Klägerin erstinstanzlich für die Verwendung des Mercedes als Ausstellungs- und Probefahrzeug im Straßenverkehr benannten Zeugen X und M haben die Behauptung der Klägerin nicht bestätigt, ihre Aussagen waren unergiebig.104

b) Dass der Mercedes bei Übergabe bereits 86 km gelaufen sein soll, hat die Klägerin zwar behauptet; einen objektivierbaren Nachweis hat sie für ihre bestrittene Behauptung aber nicht erbracht.106

Im Übrigen führt die im am 12.10.2012 von der Klägerin unterzeichneten „Torpass“ dokumentierte, vorbehaltlose Übernahme des Fahrzeugs als vertragsgerecht dazu, dass die Klägerin sich nicht im Nachhinein auf eine angeblich unzumutbar hohe und dem Charakter eines Neufahrzeugs widersprechende Laufleistung berufen kann. Ob eine Laufleistung von 86 km grundsätzlich bei einem Neufahrzeug noch akzeptabel wäre, wenn sie – wie von den Beklagten behauptet – bei Überführungsfahrten angefallen ist, bedarf nach allem keiner abschließenden Entscheidung.108

An ihrer erstmals in zweiter Instanz erhobenen Behauptung, der streitbefangene Mercedes sei nicht am 30.09.2011 sondern schon im Jahr 2010 produziert worden, hat die Klägerin nicht mehr festgehalten; der Vortrag wurde im Senatstermin nach Vorlage weiterer Belege durch die Beklagten aufgegeben.110Soweit die Klägerin im Senatstermin die Auffassung vertreten hat, die vom Bundesgerichtshof angesetzte, ab dem Produktionsdatum laufende Jahresfrist dürfe nicht streng berechnet werden, sondern ein fast 12 Monate altes Fahrzeug wie das streitgegenständliche sei ebenfalls nicht mehr „neuwertig“, folgt der Senat dem nicht. Der Bundesgerichtshof war bei Abfassung der Entscheidung vom 15.10.2003 gehalten, eine Rechtssicherheit schaffende und praktikable Höchstfrist zu bestimmen, ab deren Ablauf ein Kraftfahrzeug nicht mehr als „Neuwagen“ bezeichnet werden darf. Dem ist mit der Bestimmung der Jahresfrist Rechnung getragen worden;  eine Aufweichung der zeitlichen Grenze widerspräche der Intention dieser Rechtsprechung.“