Die zweite Entscheidung stammt aus Bayern, und zwar vom LG Nürnberg-Fürth. Dort hatte der Kollege Jungkunz mit einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des AG Nürnberg Erfolg. In Ziffer 3 der Beschwerdeentscheidung hatte das LG der Staatskasse die Kosten des Rechtsmittels auferlegt und damit einer Analogie zu § 465 StPO begründet. Im Kostenfestsetztungsverfahren hatte es dann Probleme gegeben, weil die Staatskasse – zutreffend – davon ausgegangen war, dass eine Erstattung der notwenigenicht erfolgen könne, da es an der hierfür erforderlichen Kostengrundentscheidung fehle. Für eine Auslagenerstattung durch die Staatskasse sei aber eine ausdrückliche Auslagenentscheidung erforderlich. Der Kollege hat dann gegen den LG-Beschluss eingelegt und beantragt, den Beschluss in Bezug auf Ziffer 3 dahingehend abzuändern, dass eine Kostengrundentscheidung mit dem Inhalt, dass die Kosten und notwendigen Auslagen der Verteidigung des Mandaten der Staatskasse aufzuerlegen sind.
Das LG teilte diesem mit, dass eine Beschwerdemöglichkeit – auch gegen die Kostenentscheidung in Ziffer 3 des Beschlusses – nicht bestehe. Nach Ansicht der Kammer sei Ziffer 3 des Beschlusses jedoch dahingehend auszulegen, dass die Staatskasse die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu tragen hat.
Das AG hat das nicht gestört und hat den Kostenfestsetzungsantrag des Kollegen wegen Fehlens einer Kostengrundentscheidung zurückgewiesen.
Dagegen dann die sofortige Beschwerde des Kollegen, die dann jetzt beim LG mit dem LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 05.08.2020 – 2 Qs 41/20 – Erfolg hatte:
„Die sofortige Beschwerde ist auch begründet. Zwar hat das Amtsgericht Nürnberg richtigerweise ausgeführt, dass eine Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Auslagen fehlt.
Diesbezüglich hat das Landgericht die fehlende Kostenentscheidung bezüglich der Auslagen im Verfahren gem. § 33 a StPO nachgeholt.
Die Kammer hat bei ihrer Entscheidung vom 14.01.2020 übersehen, eine Entscheidung hinsichtlich der Auslagen des Beschwerdeführers zu treffen.
Zwar ist ein Gericht grundsätzlich nicht dazu befugt ist, eine getroffene Kostenentscheidung selbst wieder abzuändern. Eine Abänderung einer Kostenentscheidung ist regelmäßig nur dadurch zu erreichen, dass gegen die beanstandete Entscheidung das zulässige Rechtsmittel eingelegt wird.
Vorliegend besteht aber die Besonderheit, dass wegen §§ 464 Abs. 3 S. I Hs. 2, 310 Abs. 2 StPO der vom Landgericht Nürnberg-Fürth getroffene Beschluss nicht mit einem Rechtsmittel anfechtbar war. In einem derartigen Fall ist eine Abänderung der unanfechtbaren Entscheidung jedoch über das in § 33a StPO normierte Verfahren der Nachholung des rechtlichen Gehörs vorzunehmen (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 3. 2004 – 4 WS 65/04 = NStZ-RR 2004, 320; OLG Köln, Beschluss vom 14.01.2013 – 2 Ws 308/1 1 = BeckRS 2013, 8026; LG Karlsruhe Beschluss vom 06.11.2009 -2 AR 4/09 = BeckRS 2011, 18580).
Als Ausprägung des verfassungsrechtlich garantierten Anspruchs auf rechtliches Gehör ist § 33a StPO so auszulegen, dass diese Norm jeden Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG in den Beschlussverfahren, auf die sie anwendbar ist, erfasst (OLG Stuttgart, Beschluss vom 29. 3. 2004 4 WS 65/04 = NStZ-RR 2004). Vorliegend wird der Beschwerdeführer erstmals mit Zustellung des Beschlusses mit einer aus seiner Sicht falschen Kostenentscheidung konfrontiert. Ohne die Nachholung des rechtlichen Gehörs gem. § 33a StPO hätte er sonst überhaupt keine Gelegenheit, auf diese Entscheidung Einfluss zu nehmen.
Das Verfahren wird deshalb hinsichtlich der im Beschluss vom 14.01.2020 getroffenen Kostenentscheidung gem. § 33a StPO in den Stand vor dem Erlass der Entscheidung zurückversetzt. Eine nochmalige Gewährung von rechtlichem Gehör für den Beschwerdeführer hält die Kammer für nicht notwendig, da dieser mit seinem Schriftsatz vom 14.05.2020 und 30.07.2020 ersichtlich alle Einwendungen vorgebracht hat, die er vorbringen konnte und wollte.
Deshalb war unmittelbar in der Sache zu entscheiden und der Beschluss vom 14.01.2020 wie in Ziffer 2. dargestellt abzuändern. Denn es ist rechtlich geboten, dem in der Hauptsache erfolgreichen Beschwerdeführer analog § 467 StPO auch seine insoweit notwendigen Auslagen zu erstatten.
Dementsprechend liegt eine Kostengrundentscheidung für die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers vor, mit der Folge, dass der Beschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 29.06.2020 unrichtig ist und daher aufzuheben war.“