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Die verlorene Monatskarte, oder: U-Bahn-Fahren ohne Mitführen der Monatskarte

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Der angeklagte Jugendliche hatte zwar für den Monat April 2011 eine Monatskarte für die Berliner U-Bahn erworben, die hatte er jedoch – so seine Einlassung, der das AG auch gefolgt ist – verloren. Dennoch fuhr er am 05.04.2011 mit der Berliner U-Bahn. Bei einer Kontrolle fällt auf, dass er ohne gültigen Fahrausweis fährt. Es wird ein Verfahren gegen den Jugendlichen eingeleitet, das mit einer Verurteilung durch das AG wegen Erschleichens von Leistungen endet. Gegen dieses Urteil legt der Jugendliche Sprungrevision zum KG ein, die Erfolg hat. Der KG, Beschl. v. 15.06.2012 – (4) 121 Ss 113/12 (149/12) – hebt das AG-Urteil auf und spricht den Jugendlichen frei:

„Die Strafbarkeit nach § 265a StGB setzt einen Vermögensschaden voraus, der darin liegt, dass der Täter die Leistung eines Transportunternehmens in Anspruch nimmt, ohne diese bezahlt zu haben. Wenn es ein Verkehrsbetrieb einem Kunden ermöglicht, nach Bezahlen einer Monatskarte innerhalb eines zeitlichen und räumlichen Geltungsbereichs beliebige Fahrten zu unternehmen, erleidet er nicht dadurch einen Vermögensschaden, dass der Fahrgast, der die Karte zuvor tatsächlich bezahlt hat, sie bei einer Kontrolle lediglich nicht bei sich führt (vgl. KG, Beschluss vom 16. Juli 2008 – 3 Ws 201/08 -). Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der (…) (Angeklagte) die Mitnahme der Karte vergessen oder sie (…) verloren hat. Soweit der Angeklagte in der Absicht handelte, das Fahrgeld nicht zu entrichten (…), handelt(e) es sich um ein Wahndelikt (vgl. KG aaO.)“.

Diese Ansicht, wonach bereits der objektive Tatbestand des Erschleichens von Leistungen nicht erfüllt ist, entspricht der herrschenden Meinung (vgl. OLG Koblenz NJW 2000, 86; BayObLG NJW 1986, 1504; Fischer, StGB 59. Aufl., § 265a Rn. 9, jeweils m.w.N.) und trifft jedenfalls für den hier gegebenen Fall zu, dass es sich bei dem Dauerfahrausweis um eine nicht übertragbare, also personengebundene Fahrkarte handelt. Ob anders zu entscheiden ist, wenn die Monatskarte übertragbar ist (dagegen OLG Koblenz aaO; dafür mit beachtlicher Argumentation Kudlich NStZ 2001, 90f.), braucht der Senat hier nicht zu entscheiden. 

Soweit das Jugendschöffengericht darauf abgestellt hat, dass infolge Verlustes und Untergangs der Karte als Inhaberpapier im Sinne des § 807 BGB der Inhaber des Papiers „keine Leistung mehr einfordern“ könne, hat es unzulässig die zivilrechtliche Seite mit der Frage der Strafbewehrung vermengt. Es hat übersehen, dass die vertragliche Verpflichtung, die Entgeltzahlung zu beweisen, also den Fahrausweis vorzuweisen, durch § 265a StGB nicht sanktioniert ist. Ein Verstoß gegen die Beförderungsbedingungen ist von der Strafbarkeit nach § 265a StGB zu unterscheiden. Sinn der Pflicht zum Beisichführen des Fahrausweises ist die Beweiserleichterung, die darin liegt, dass nicht der Verkehrsbetrieb die Nichtzahlung, sondern der Fahrgast durch Mitführen des Fahrscheins die Zahlung des Entgelts nachzuweisen hat. Ist das Entgelt tatsächlich bezahlt worden, kann die bloße Nichteinhaltung einer derartigen Regelung eine Vermögensstraftat nicht begründen (vgl. OLG Koblenz und BayObLG, jeweils aaO).“