Interessanter Fall, der seinen Ausgang bei Facebook hatte. Dort fragen zwei 15-jährige Midnerjährige bei einem Kioskbesitzer an, ob er ihnen für ein Trinkspiel Alkohol verkauft.Er sagt zu und verkauft den beiden Wodka, und eine 1l-Flasche C- Vodka (40%) und zwei Flaschen D-Wodka zu je 40 ml mit je 37,5 % Alkohol. Den nehmen die beiden bei dem Trinkspiel zu sich. Ergebnis: Die Minderjährigen geraten „in einen akuten Rauschzustand, beide mussten sich mehrfach erbrechen und wurden bewusstlos. Wegen des Verdachts einer Alkoholvergiftung wurden beide per Notarzt in ein Krankenhaus verbracht und mussten dort stationär behandelt werden. Bei der Aufnahme ergab eine Blutprobe bei der Zeugin Z1 eine Blutalkoholkonzentration von 1,50 Promille und bei dem Zeugen Z3 die Blutprobe drei Stunden nach Aufnahme noch eine BAK von 0,59 Promille. Spätfolgen trugen die Zeugen nicht davon.“
Ergebnis des gegen Kioskbesitzer eingeleiteten Strafverfahrens. Verurteilung durch das AG Detmold, Urt. v. 17.06.2013 – 2 Ds-41 Js 398/12-422/13 – wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 229 StGB):
Die beiden Angeklagten haben sich damit der fahrlässigen Körperverletzung zum Nachteil der Zeugen Z3 und Z1 nach § 229 StGB schuldig gemacht.
Beide Angeklagten handelten objektiv pflichtwidrig; der Angeklagte A1 durch seine Anweisung als Ladenbesitzer an seinen Bruder und der Angeklagte A2 durch die Alkoholabgabe an die Zeugin entsprechend der durch seinen Bruder erteilten Anweisung. Sie wussten beide um das Alkoholabgabeverbot an Minderjährige. Aufgrund dieser Kenntnis hätten sie die Pflichtwidrigkeit beide vermeiden können.
Durch die Herbeiführung des akuten Rauschzustandes mit Bewusstlosigkeit und Erbrechen wurden die Zeugen Z1 und Z3 an der Gesundheit geschädigt.
Die Pflichtwidrigkeit hat sich auch objektiv und den beiden Angeklagten zurechenbar verwirklicht. Das Handeln des Angeklagten A1 hat sich auch nicht etwa durch das dazwischentretende Handeln des Angeklagten A2 nicht im Erfolgseintritt niedergeschlagen. Das Handeln beider hat vielmehr kumulativ zum Eintritt des tatbestandlichen Erfolges, der Gesundheitsschädigung bei den Zeugen Z1und Z3, geführt.
Mit der Anklageerhebung hat die Staatsanwaltschaft auch das nach § 230 StGB erforderliche besondere öffentliche Interesse bejaht.
Vorliegend entfällt die Tatbestandsmäßigkeit auch nicht etwa deshalb, weil die beiden minderjährigen Zeugen letztendlich den Alkohol freiwillig konsumiert haben. Eine tatbestandsausschließende Selbstgefährdung liegt nur dann vor, wenn sich jemand frei verantwortlich und in voller Kenntnis des Risikos und der Tragweite seiner Entscheidung in eine Gefahrensituation begibt. Diese Kenntnis und Möglichkeit der Risikoeinschätzung und -abwägung hatten die beiden alkoholunerfahrenen minderjährigen Zeugen jedoch gerade nicht. Die beiden erwachsenen Angeklagten hatten gegenüber den minderjährigen Zeugen überlegenes Sachwissen. Insoweit haften sie nach den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung des BGH (vgl. nur BGHSt 32, 262ff, (265); BGH, NStZ 1986, 266 f. (267); BGH, JR 2001, 246 ff. (247), der sich das Gericht vorliegend anschließt, bei Realisierung des Risikos als Täter.
Soweit den beiden Angeklagten in der Anklageschrift eine gemeinschaftliche vorsätzliche Körperverletzung zur Last gelegt wurde, konnte in der Beweisaufnahme die subjektive Tatseite – nämlich dass die beiden eine Gesundheitsschädigung der Zeugen mindestens billigend in Kauf nahmen – nicht mit der für eine Verurteilung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Insoweit war – ein entsprechender richterlicher Hinweis wurde erteilt – lediglich wegen der fahrlässigen Tatbegehung zu verurteilen.“
Ich denke mal: Recht so, oder? Verurteilung wegen vorsätrzlicher Körperverletzung lag im Übrigen wohl gar nicht so weit weg.