Im „Kessel Buntes“ dann heute als erste Entscheidung der LG Münster, Beschl. v. 02.05.2018 – 15 S 13/17. Es geht um die Leistungsfreiheit wegen falscher Angaben zum Unfallhergang in der Vollkaskoversicherung.
Der Kläger hat die beklagte Versicherung im Rahmen einer Vollkaskoversicherung nach einem Leitplankenschaden als Versicherungsfall in Anspruch genommen. Außergerichtlich hat der Kläger behauptet, dass er wegen eines entgegenkommenden PKWs in letzter Sekunde nach rechts hätte ausweichen müssen und er wäre deswegen in die Leitplanke gefahren. Die Versicherung ging dagegen davon aus, dass der Kläger, wenn der Versicherungsfall sich denn überhaupt ereignet hat, diesen durch ein bewusstes Gegenlenken gegen die Leitplanke mit einem achsparallelen Anstoß herbeigeführt hat. Sie hat sich auf Leistungsfreiheit wegen einer arglistigen Obliegenheitsverletzung und darauf, dass nicht alle Schäden auf dem behaupteten Unfallereignis beruhen, berufen.
In der ersten Instanz hat das AG ein Sachverständigengutachten eingeholt, in dem der Sachverständige darauf hinwies, dass die vom Kläger verfolgten Schäden sich nicht mit dem behaupteten Unfallhergang in Erklärung bringen lassen. Vielmehr wäre es so, dass gerade kein steiler Winkel, wie bei einem typischen Ausweichmanöver, sondern ein auffallend achsparalleler Kontakt mit einem geringen Lenkwinkel stattgefunden habe und auch nicht alle Schäden dadurch hervorgerufen worden sein können. Das AG hat daraufhin die Klage abgewiesen. Der Kläger hat Berufung eingelegt und seinen Sachvortrag dahingehend ergänzt, dass die Schäden dann eben aus anderen Unfallereignissen während des Zeitraums der Kaskoversicherung entstanden sein müssten. Er erhebe in jedem Fall einen entsprechenden Leistungsanspruch.
Das LG hat im Beschluss vom 02.05.2018 angekündigt, die Berufung des Klägers gemäß § 522 ZPO zurückzuweisen und dazu u.a. ausgeführt:
„Ein solcher Verlauf ist vom Kläger indessen zu keiner Zeit geschildert worden. Er ist auch den allgemein gehaltenen Ausführungen im Rahmen des Schriftsatzes vom 17.10.2016, die Fahrbahn knicke an der Unfallstelle nach links ab, so dass es hier ausreiche, einfach das Lenkrad geradeaus zu belassen, um sich langsam der Leitplanke zu nähren, nicht zu entnehmen.
Das geht zu seinen Lasten.
Denn ob der Kläger, wie er mit der Berufung erstmals ausführt, möglicherweise im versicherten Zeitraum, aber an anderer Stelle und unter anderen Bedingungen mit dem Fahrzeug verunfallt ist, ist unerheblich. Gegenstand der vorliegenden Verfahrens und der Schadensanzeige ist nur der hier vorgetragene Unfall (vgl. auch OLG Hamm, Urteil vom 21. Januar 2005 — 20 U 228/03).
2. Im Übrigen steht dem Kläger auch deswegen kein Anspruch auf Gewährung einer Kaskoentschädigung zu, weil er in der Schadensanzeige gegenüber dem Beklagten falsche Angaben zum Unfallhergang gemacht hat und der Beklagte deshalb wegen vorsätzlicher Verletzung der vertraglichen Aufklärungsobliegenheit im Schadensfall iab Buchstabe E.8.1 AKB von ihrer Leistungspflicht gemäß § 28 Abs, 2 Satz 1 WG in vollem Umfang frei geworden ist.
Nach dem Ergebnis des eingeholten Sachverständigengutachtens steht fest, dass sich der klägerseits behauptete Fahrverlauf — willentliches Ausweichen nach rechts nicht mit den gesicherten Spuren in Einklang bringen lässt. Die objektiv unzutreffenden Angaben des Klägers betreffen den Kern des Unfallgeschehens und nicht nur eine weniger bedeutsame Einzelheit des Unfallhergangs. Denn es stellt einen erheblichen Unterschied für die Beurteilung der Unfallsituation dar, ob das Fahrzeug zur Vermeidung eines mit hoher Geschwindigkeit entgegenkommenden, die eigene Fahrbahn kreuzenden PKW willentlich in die Leitplanke gesteuert wird, oder ob sich in Wahrheit lediglich ein längsachsenparalleler Streifvorgang ereignet hat.
Der Kläger hat im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast auch nicht vorgetragen, wie und weshalb es zu den objektiv falschen Angaben gekommen ist.
Schließlich begegnet die in der Schadensmeldung (BI. 108 d. GA) enthaltene Belehrung über den möglichen Verlust eines Anspruchs keinen Bedenken.
War der Beklagte bereits wegen der unzutreffenden Schilderung des Unfallhergangs leistungsfrei, kann es im Ergebnis offen bleiben, ob die Leistungsfreiheit auch auf das Verschweigen der durch den Sachverständigen festgestellten, deutlich erkennbaren Vorschäden — die nach den eigenen Angaben des Klägers bei Abschluss der Kaskoversicherung noch nicht vorlagen, also während seiner Besitzzeit entstanden sein sollen — gestützt werden kann.