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Darf ich meinen Vorgesetzten u.a. als „Psychopathen und als „irre“ bezeichnen?

FragezeichenIch mache ja kein Arbeitsrecht, aber lese dann doch immer mit Interesse die arbeitsrechtlichen Entscheidungen in anderen Blogs oder in der Tagespresse. So auch das LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. Urt. v. 24.07.2014 – 5 Sa 55/14, das sich mit der Frage befasst, ob ich als Mitarbeiter meinen Vorgesetzten einen „Psychopathen“ nennen darf, ohne dass mir wegen der darin liegenden Beleidigung gekündigt wird. Der Mitarbeiter einer Chemiefirma hatte seinen Chef zwar nicht direkt beleidigt, sondern war beim Rauchen im Kollegenkreis über ihn hergezogen/hergefallen. Dabei soll er den Produktionsleiter dann aber nicht nur „Psychopath“, sondern auch „Arschloch“ genannt haben. Außerdem habe er gesagt „Der gehört eingesperrt“, „Der ist irre“ und „Der wird sich noch wundern“. Der Mitarbeiter war sauer, weil sein Vorgesetzter ihn am Tag zuvor bei einem Personalgespräch aus dem Zimmer geworfen hatte. Beide hatten über eine neue Gehaltsstufe gestritten, die der Mitarbeiter für ungerecht hielt. Das Gespräch war dann eskaliert. Nie zuvor habe er sich so gedemütigt gefühlt, hat der Mitarbeiter später gesagt. Nachdem er über den Chef hegefallen war, hatten ihn die Kollegen angeschwärzt (vgl. auch hier bei LTO).

Schon ganz schön dicke, was das an Äußerungen gefallen ist, oder? Das LAG war allerdings dann doch der Ansicht, der Mitarbeiter habe darauf vertrauen können, dass seine Rede im Rauchercontainer nicht nach außen dringt und der Betriebsfrieden damit nicht verletzt wird. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund gem. § 626 Abs. 1 BGB sei nicht gerechtfertigt und trotz der groben Beleidigungen nach den Umständen des vorliegenden Falls wegen des Fehlens einer Abmahnung unverhältnismäßig. Auch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung sei nicht nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im Verhalten des Klägers sozial gerechtfertigt. Das LAG hielt daher eine Abmahnung und Versetzung für geeigneter.

Der Mitarbeiter wird jetzt sicherlich unter Dauerbeobachtung stehen. Man trifft sich ja im Leben meist zweimal 🙂 .

Lenkzeitenüberschreitung – Kein Schadensersatz vom Arbeitgeber, auch wenn er Druck gemacht hat

Zu dem gerade eingestellten Beitrag: „Lenkzeitenüberschreitung Geldbußenübernahme kein Arbeitslohn“ passt ganz gut das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz v. 26.01.2010 – 3 Sa 487/09, über das das Beck-Blog vor einiger Zeit auch bereits berichtet hatte. Das LAG formuliert kurz und knapp:

Vielmehr ist es dem Kläger zumutbar gewesen, sich den (vom Kläger behaupteten) Anordnungen seines Arbeitgebers (bzw. des „Junior-Chef“ M. S. und des Disponenten Sch.) zu widersetzen. Insoweit ist es anerkanntes Recht, dass entgegenstehende Anordnungen seines Arbeitgebers den Arbeitnehmer (Fahrer) grundsätzlich nicht entlasten und (auch) daher nicht zu einem Anspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber auf Erstattung einer verhängten Geldbuße führen… Die im Bußgeldbescheid zitierten Bußgeldvorschriften dienen der Sicherheit im Straßenverkehr. Sie dienen (auch) dem Schutz von Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer. Beachtet der Berufskraftfahrer diese Vorschriften, muss er angesichts des materiellen Arbeitsrechts (§ 626 BGB; § 1 KSchG; § 273 BGB; § 612a BGB) und angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG) keine rechtlichen Nachteile im und für das Arbeitsverhältnis (etwa in Form einer Kündigung) befürchten. Den rechtstreuen Arbeitnehmer schützt die Rechtsordnung. Aus diesem Grunde ist es vorliegend dem Kläger zumutbar gewesen, sich unzulässigen, von Arbeitgeberseite erteilten Anordnungen (- sollten diese erfolgt sein -) zu widersetzen.

Na dann, los 🙂