Das Argumentieren im Rahmen der Strafzumessung mit den Auswirkungen von Umstände, die nicht vorliegen, ist immer nicht ungefährlich. Das zeigt mal wieder das BGH, Urt. v. 10.01.2012 – 1 StR 580/11. Da hieß es in der Strafzumessung:
“Die Persönlichkeit der Angeklagten lässt keine für sie sprechenden besonderen Umstände erkennen, die dieses Tatbild hätten in den Hintergrund treten lassen. Insbesondere kommt ihr mangels eines teilweisen oder gar umfassenden Geständnisses nicht die im Rahmen der Beurteilung der Persönlichkeit eines Täters günstige Wirkung eines solchen zugute.“
Der BGH hat es durchgehen lassen, und zwar mit folgender Begründung:
Hätte die Strafkammer damit besondere Umstände im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB deshalb verneint, weil die Angeklagte nicht geständig war, bestün-den hiergegen, wie auch der Generalbundesanwalt zutreffend ausgeführt und belegt hat, allerdings rechtliche Bedenken.
So verhält es sich jedoch nicht. Die Strafkammer hat vielmehr auf das Fehlen eines Geständnisses hingewiesen, um darzutun, dass damit ein Gesichtspunkt nicht vorliegt, der gegebenenfalls als besonderer Umstand im Sinne des § 56 Abs. 2 StGB hätte wirken, also die für die Versagung der Strafaussetzung zur Bewährung maßgeblichen Gesichtspunkte hätte relativieren („in den Hintergrund treten lassen“) können. Rechte der Angeklagten sind dadurch nicht verletzt, auch nicht ihr Recht, sich nicht selbst belasten zu müssen (BVerfG, [Kammer-]Beschluss vom 24. November 2000 – 2 BvR 2025/00).“
Allerdings bemerkt der Senat, „dass dennoch hypothetische Überlegungen dazu, wie es sich auswirken könnte, wenn etwas, was nicht vorliegt, doch vorläge oder umgekehrt, überflüssig sind. Sie können die Klarheit von Feststellungen oder (hier) Wertungen beeinträchtigen, zu Missdeutungen Anlass geben, letztlich sogar den Bestand eines Urteils gefährden und sollten unterbleiben (vgl. BGH, Beschluss vom 28. September 2006 – 1 StR 410/06; Urteil vom 31. Mai 2005 – 1 StR 290/04, NStZ-RR 2005, 264, 265 mwN).„