So, da ist dann also der GroKo-Vertragsentwurf unter dem schönen (?) Titel: „Ein neuer Aufbruch für Europa Eine neue Dynamik für Deutschland Ein neuer Zusammenhalt für unser Land“. Nun ja, wie dynamisch haben wir ja in den letzten Tagen gesehen. Der einzige, der dynamisch war seit der Bundestagswahl, war m.E. Herr Schulz. Der hat mehrere Volten hinbekommen 🙂 und wird zum Dank dafür jetzt Außenminister. Hat allerdings auch ein Gutes: Dann ist er wenigstens nicht viel in Berlin.
Ich habe mir den Vertrag(sentwurf) mal angeschaut. Wer Spaß hat, ihn zu lesen: Er steht online, und zwar hier. Mich interessiert natürlich, was man sich denn ggf. so für das Strafverfahren ausgedacht hat. Und ich hatte gehofft: Nicht viel. Denn die Änderungen aus der 18. Legislaturperiode sind ja noch nicht einmal alle verdaut.
Aber dann gehen mir doch die Augen über, was ich dazu gefunden habe. Man findet es allerdings erst bei den Zeilen 5757 ff. Da heißt es dann:
X. Ein handlungsfähiger und starker Staat für eine freie Gesellschaft
1. Pakt für den Rechtsstaat
Wir werden den Rechtsstaat handlungsfähig erhalten. Dies stärkt auch das Vertrauen in die rechtsstaatliche Demokratie. Wir werden einen Pakt für den Rechtsstaat auf Ebene der Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern schließen.
Justiz
Bestandteil dieses Paktes sind 2000 neue Richterstellen bei den Gerichten der Länder und des Bundes sowie entsprechendes Folgepersonal. Die Länder haben mit der Ausweitung des Justizpersonals bereits begonnen. Die Personalausstattung des Generalbundesanwalts wird verbessert. Wir werden die Digitalisierung der Justiz in allen Bereichen konsequent und einheitlich vorantreiben. Wir stärken die digitale und interkulturelle Kompetenz.
Verfahrensrecht
Wir stärken das Vertrauen in den Rechtsstaat, indem wir die Strafprozessordnung (StPO) modernisieren und Strafverfahren beschleunigen mit folgenden Maßnahmen:
Wir modernisieren das Selbstleseverfahren. Wir ermöglichen in besonders umfangreichen Strafverfahren die gebündelte Vertretung der Interessen von Nebenklägern durch das Gericht. Wir prüfen die systematische Kodifizierung der Regeln zur Zulässigkeit von Beweiserhebung und -verwertung. Wir prüfen gesetzgeberischen Handlungsbedarf einer Rechtsgrundlage für die Tatprovokation. Wir unterstützen Einrichtungen, in denen Opfer von Gewalttaten ihre Verletzungen anonym dokumentieren lassen können. Wir vereinfachen weiter die Ablehnungsmöglichkeiten von missbräuchlichen Befangenheits- und Beweisanträgen. Besetzungsrügen sollen künftig in einem Vorab-Entscheidungsverfahren entschieden werden. Die DNA Analyse wird im Strafverfahren auf äußerliche Merkmale (Haar, Augen, Hautfarbe) sowie Alter ausgeweitet (§ 81e StPO). Wir führen gesetzliche bundeseinheitliche Qualitätsstandards für Gerichtsdolmetscherinnen und -dolmetscher ein.“
„Ein handlungsfähiger und starker Staat für eine freie Gesellschaft“. Aber hallo. Natürlich durch noch weiteren Abbau von Verfahrensrechten. Das passt dann schon. Alles das, was der Bundesheiko in der vorigen Legilaturperiode nicht geschafft hat, das wird jetzt nachgeholt.
Und wer setzt es um? Natürlich, der Bundesheiko (vgl. hier). Ist/war doch auch ein guter Mann. Den wechselt man doch nicht aus.
Das Einzige was mich ein wenig beruhigt: So ganz viel Zeit ist ja nicht mehr. Immerhin sind schon mehr als 100 Tage der Legislaturperiode verstrichen, ohne dass der Bundesheiko Schaden hat anrichten können und wenn die Regierung im Amt ist – wenn sie denn ins Amt kommt – ist bald erst mal Sommerpause 2018. Und dann ist schon ein Jahr rum. Wir packen das.
Aber dennoch: Ist schon ein Trauerspiel, was da angekündigt wird. Und das ist ja sicher noch nicht alles….so Gesetzgebungsverfahren haben ja eine eigene Dynamik. Die „Online-Durchsuchung“ und die „Quellen-TKÜ“ lassen grüßen….