Schlagwort-Archive: Entziehung

„Saufen“ und Kiffen“ – „Fleppe“ weg – auch ohne Bezug zum Straßenverkehr

entnommen Wikimedia.org,  Quelle: Bundesdruckerei: Fotoarchiv

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Immer enger wird es mit dem Führerschein, oder: Immer strenger wird es in der Rechtsprechung der Obergerichte. Jetzt hat das BVerwG mit BVerwG, Urt. v. 14.11.2013 – 3 C 32.12 entschieden, dass auch ein nicht im Zusammenhang mit der Teilnahme am Straßenverkehr stehender Mischkonsum von Cannabis und Alkohol die Annahme mangelnder Fahreignung rechtfertigt. Der Volltext der Entscheidung liegt noch nicht vor, so dass ich derzeit nur auf die PM des BVerwG verweisen kann. In der heißt es:

Der Kläger wandte sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Diese hatte die Behörde ausgesprochen, weil bei ihm ausweislich eines fachärztlichen Gutachtens ein gelegentlicher Cannabis-Konsum und Hinweise auf einen Mischkonsum mit Alkohol vorlägen; dies führe nach der Regelbewertung der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) zum Verlust der Fahreignung. Zwar habe er angegeben, seit einiger Zeit auf den Konsum von Cannabis verzichtet zu haben. Da er aber der Aufforderung, seine möglicherweise wiedergewonnene Fahreignung mittels eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nachzuweisen, nicht nachgekommen sei, könne nach § 11 Abs. 8 FeV auf eine mangelnde Fahreignung geschlossen werden.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat der Berufung des Klägers im Wesentlichen stattgegeben und die Entziehung der Fahrerlaubnis aufgehoben. Zur Begründung hat er unter anderem ausgeführt, dass die genannte Bestimmung der Anlage zur Fahrerlaubnis-Verordnung einschränkend ausgelegt werden müsse. Für die Annahme mangelnder Fahreignung sei zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit erforderlich, dass in der Person des Betroffenen Besonderheiten bestünden, die befürchten ließen, dass gerade bei ihm im Falle des Mischkonsums von Cannabis und Alkohol ein fehlendes Trennungsvermögen zwischen dem Konsum und der Teilnahme am Straßenverkehr zu befürchten sei. Anhaltspunkte dafür seien beim Kläger nicht ersichtlich, so dass es der Behörde verwehrt gewesen sei, den Kläger zur Beibringung eines Fahr­eignungs­gutachtens aufzufordern. Demzufolge habe sie aus der Nichtvorlage des Gutachtens nicht auf eine fehlende Fahreignung schließen dürfen.

Das Bundesverwaltungsgericht ist dem nicht gefolgt und hat auf die Revision des Beklagten die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Nach Auffassung des Revisionsgerichts durfte der Verordnungsgeber der durch die kombinierte Rauschwirkung von Cannabis und Alkohol hervorgerufenen stärkeren Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit unabhängig davon Rechnung tragen, ob – wie der Verwaltungsgerichtshof angenommen hatte – die Bereitschaft des Mischkonsumenten, zwischen Drogenkonsum und Teilnahme am Straßenverkehr zu trennen, nicht hinter der des gelegentlichen Cannabiskonsumenten zurücksteht.“

Um es abschließend beurteilen zu können, muss man mal auf den Volltext warten.

Die drei Künstler in der Hauptverhandlung

© Martin Fally - Fotolia.com

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In den 30-ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts hat es einen Heinz Rühmann-Film gegeben mit dem Titel „Die drei von Tankstelle“ gegeben (vgl. hier). Aus dem stammt der Song „Liebling, mein Herz lässt dich grüßen“. An den Film und den Song – im abgewandelten Sinn – war ich erinnert, als ich den OLG Köln, Beschl. v. 30.09.2013 – 2 Ws 503/13 – gefunden und gelesen habe. Liebling, die StPO lässt grüßen, möchte man den drei Künstlern/Volljuristen zurufen, die da im der Hauptverhandlung agiert (?) haben.

In der Sache geht es darum, dass dem Angeklagten, der durch amtsgerichtliches Urteil u.a. wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs verurteilt und dem die Fahrerlaubnis entzogen worden ist, in der Berufungshauptverhandlung beim LG die Zusage gegeben worden ist, dass ihm die Fahrerlaubnis nicht weiter entzogen und ihm der Führerschein wieder ausgehändigt werde, wenn er die Berufung  – im übrigen – zurücknimmt. Und das Ziel soll dann dadurch erreicht werden, dass der Angeklagte in der Hauptverhandlung die Berufung insgesamt zurücknimmt. Monate später – offenbar nachdem sich die Fahrerlaubnisbehörde gemeldet hat – beantragt der Angeklagte dann die Fortsetzung der Hauptverhandlung mit der Begründung, die von ihm erklärte Rücknahme der Berufung habe sich nur auf den Schuld- und Straffolgenausspruch im erstinstanzlichen Urteil erstreckt, nicht jedoch auf die Maßregel gem. den §§ 69,69a StGB. Das LG hat dann durch Beschluss festgestellt, dass das Rechtsmittel des Angeklagten erledigt ist, und hat die Berufung des Angeklagten als unzulässig verworfen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Angeklagten.

Diese hatte beim OLG Köln Erfolg. Das hat die Rechtsmittelrücknahme als – wegen irreführender Sachbehandlung und Verletzung der Fürsorgepflicht des Gerichts zur Gewährleistung eines interessengerechten Verteidigungsverhaltens. unwirksam angesehen. Nachzulesen hier im OLG Köln, Beschl. v. 30.09.2013 – 2 Ws 503/13.

So weit, so gut. Aus Sicht des Angeklagten also gerade noch einmal gut gegangen. Was allerdings erstaunt:

  • Da treffen in der Hauptverhandlung der Vorsitzende Richter am LG, der Sitzungsvertreter der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger zusammen und keiner der drei Volljuristen merkt, dass das angestrebte Ziel auf dem vorgesehenen Weg nicht zu erreichen ist. Denn mit vollständiger Rücknahme der Berufung war auch die Maßregel des § 69 StGB rechtskräftig geworden und damit war dem Angeklagten die Fahrerlaubnis rechtskräftig entzogen. Genau das, was man nicht wollte. Von daher rechtfertigt sich m.E. die Überschrift: „Drei Künstler …. „. Aber zumindest war der Vorsitzender der Berufungskammer ehrlich und hat seinen Fehler eingestanden. Denn er hat sich in seiner dienstlichen Stellungnahme wie folgt geäußert:

Zutreffend geschildert ist in der Beschwerdeschrift, dass nach Unterbrechung und Zwischenberatung – für die Kammer angesichts der vorangegangenen Beweisanregungen bzw. -anträge und der Aussicht auf einen Fortsetzungstermin überraschend – angeregt wurde, für den Fall einer Rücknahmeerklärung den Beschluss nach § 111a StPO aufzuheben und den bei der Akte befindlichen Führerschein auszuhändigen. So ist dann in der Folge – nach erneuter Zwischenberatung – auch verfahren worden. Dass ich in der Hauptverhandlung ausdrücklich (sei es wörtlich oder sinngemäß) erklärt hätte – wie der Beschwerdeführer behauptet -, der Angeklagte sei nach Rückgabe des Führerscheins „alsdann wieder zum Führen von Kraftfahrzeugen zugelassen“, ist mir nicht erinnerlich. Ich gehe aber davon aus, dass alle Beteiligten (irrtümlich und stillschweigend) davon ausgegangen sind, der Beschwerdeführer dürfe nach Aufhebung des § 111a-Beschlusses und Aushändigung des Führerscheins wieder ein Kraftfahrzeug führen. Anderenfalls machen diese Vorgehensweise und auch die Äußerung des Sitzungsvertreters, er befürworte die Aufhebung des Beschlusses über die vorläufige Entziehung, weil die Sperrfrist nahezu abgelaufen sei, wenig Sinn. Nach streitiger und langwieriger Beweisaufnahme und der konkreten Aussicht auf Fortsetzung bzw. Aussetzung der Verhandlung wurde die Kammer von der plötzlichen Quasi-Einigung der Beteiligten überrascht, die im Wesentlichen die Erklärung der Rücknahme der Berufung beinhalten sollte für den Fall der Zusage der Aufhebung der vorläufigen Entziehung und Aushändigung  des Führerscheins durch die Kammer. Diese Zusagen hat die Kammer nach erneuter Zwischenberatung gemacht und vollzogen. In dieser Situation mag ich irrtümlich die tatsächlichen rechtlichen Konsequenzen dieser Verfahrensweise nicht korrekt zu Ende gedacht haben. Eine ausdrückliche „Absprache“ oder „Bedingung“ ist – anders als dies in der Beschwerdeschrift anklingt – allerdings nicht erfolgt und nicht zur Sprache gekommen.“ Mit der Absprache ist das ja auch im Hinblick auf § 257c Abs. 2 Satz 3 StPO schwierig geworden, wobei man sich allerdings fragt, was es denn sonst war?

  • Was ich dann allerdings nicht verstehe ist, warum erst das OLG den Fehler reparieren muss. Das hätte das LG auf der Grundlage der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden mit derselben Begründung wie das OLG auch selbst machen und das Berufungsverfahren fortsetzen können. Aber vielleicht hat der Vorsitzende auch diese Möglichkeit übersehen.

Im Übrigen ist der Beschluss eine Warnung für jeden Verteidiger: „Jura novit curia“ gilt nicht (immer).

Amphetamin drin, Fahrerlaubnis weg

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Das VG Augsburg, Urt. v. 06.06.2013 – AU 7 K 13.465 – schreibt noch einmal fest, was einhellige Meinung in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ist: Bereits der einmalige Konsum eines Betäubungsmittels – mit Ausnahme von Cannabis – hat im Regelfall den Verlust der Fahreignung zur Folge, und zwar erst Recht dann, wenn unter Drogeneinfluss ein Kraftfahrzeug geführt wird. Hier ging es um Amphetamin:

„Es entspricht allgemeiner Überzeugung in der Rechtsprechung (vgl. BayVGH, B.v. 14.2.2006 – 11 ZB 05.1406 – m.w.N. zahlreicher anderer Oberverwaltungsgerichte, juris), dass bereits der einmalige Konsum eines Betäubungsmittels (mit Ausnahme von Cannabis) im Regelfall den Verlust der Fahreignung nach sich zieht. Ein Zusammenhang zwischen dem Drogenkonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen ist dabei nicht erforderlich. Irrelevant ist auch, ob konkrete Ausfallerscheinungen im Sinne einer Fahruntüchtigkeit beim Betroffenen festzustellen waren oder ob der Betroffene deshalb strafrechtlich geahndet wurde (BayVGH, B.v. 23.4.2008 – 11 CS 07.2671- juris).

….
Der Kläger hat am 18. November 2012 unter dem Einfluss von Amphetamin ein Kraftfahrzeug geführt. Insoweit ergibt sich aus dem Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin im Universitätsklinikum … vom 10. Dezember 2012, dass im Blut des Klägers eine Amphetamin-Konzentration von 58,0 ng/ml festgestellt wurde. Der Kläger hat zudem einen Konsum von Amphetamin auch bereits vor diesem Vorfall eingeräumt.
b) Von der Einschätzung als fahrungeeignet war auch nicht gemäß der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV eine Ausnahme zu machen.
….
Die von der Klägerseite hierzu vorgetragenen Umstände (s. Schriftsatz vom 2.April 2013, Punkt 2 a) bis e)) können jedoch einen Ausnahmefall im Sinne der oben genannten Voraussetzungen nicht belegen, sondern zeigen vielmehr, dass beim Kläger von einem Regelfall auszugehen ist. Gerade der Sachverhalt, dass der Kläger bereits mehrfach Amphetamin konsumiert hat und dann auch unter dem Einfluss dieser Droge ein Kraftfahrzeug geführt hat, belegt seine mangelnde Fähigkeit, sein Verhalten verantwortungsbewusst zu steuern. Auch der Vortrag, dass der Kläger bei der Drogenfahrt keine Ausfallerscheinungen zeigte und dass es sich um einen einmaligen Vorfall gehandelt habe, rechtfertigt nicht die Annahme einer besonderen Steuerungsfähigkeit, mit der der Mangel an Willensstärke und der Kontrollverlust beim Konsum „harter“ Drogen als kompensiert gelten könnte (vgl. Bay VGH, B.v. 21.12.2006 – 11 CS 06.1264 – juris).“

 

Ausländische Fahrerlaubnis hat keine Ende.. schon wieder geht ein Verfahren zum EuGH

© sashpictures - Fotolia.com

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Demnächst werden wir mal wieder etwas vom EuGH zur ausländischen Fahrerlaubnis hören (zum wie vielten Mal eigentlich?). Denn das VG Sigmaringen hat mit dem VG Sigmaringen, Beschl. v. 30.04.2013, 4 K 133/13 – dem EuGH (schon wieder) einige Fragen zur Entziehung einer ausländischen Fahrerlaubnis, und zwar einer österreichischen, vorgelegt

Dem VG geht es u.a. um die Frage, ob die Entziehung einer in Österreich erteilten EU-Fahrerlaubnis durch deutsche Behörden bei fehlendem Wohnsitz im Inland zulässig ist oder ob insofern eine ausschließliche Zuständigkeit des Ausstellerstaates besteht. Das VG hat folgenden Sachverhalt zu entscheiden (vgl. dazu aus der PM v. 21.05.2013):

„Die Klägerin ist österreichische Staatsangehörige und hat eine österreichische Fahrerlaubnis. Bei einer Polizeikontrolle im Allgäu wurden Anzeichen für Cannabiskonsum festgestellt, der mit dem anschließenden Bluttest in nicht unerheblichem Umfang bestätigt wurde. Sie wehrt sich nun gegen den Entzug der Fahrerlaubnis durch die deutsche Verkehrsbehörde. Die weiter informierte österreichische Behörde erklärte, dass sie wegen der Drogenfahrt nichts unternehmen werde. Der festgestellte hohe psychoaktive THC-Wert von 18,8 ng/ml und der THC-COOH-Gehalt von 47,4 ng/ml gebiete keine andere Bewertung, da es, im Gegensatz zu Alkohol, keine Grenzwerte gebe.

Das Verwaltungsgericht ist der Auffassung, dass die zu treffende Entscheidung maßgeblich von der Auslegung des Gemeinschaftsrechts abhängt. Nach nationalem Recht könne die Anfechtungsklage keinen Erfolg haben. Es stelle sich daher die Vorlagefrage, ob die nach der 3. Führerscheinrichtlinie gemeinschaftsrechtlich sich ergebende Pflicht zur gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedstaaten ausgestellten Führerscheine einer nationalen Regelung der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehe, nach der das Recht, von einer ausländischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen, nachträglich auf dem Verwaltungswege aberkannt werden muss, wenn der Inhaber der ausländischen Fahrerlaubnis mit dieser in Deutschland ein Kraftfahrzeug unter Einfluss illegaler Drogen führt und in der Folge, nach den deutschen Bestimmungen, seine Fahreignung nicht mehr besteht. Es sei nicht hinreichend geklärt, ob der Mitgliedstaat, auf dessen Territorium Verkehrsverstöße begangen würden, aus denen sich Anhaltspunkte für Fahreignungszweifel ergeben würden, gegen den Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis mit Wohnsitz im Ausland fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen ergreifen könne.“

Hohes Alter – Führerschein weg?, oder: Die Feststellung der Fahreignung älterer Kraftfahrer

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Eine ganze Reihe von verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen haben sich in der letzten Zeit mit der Frage befasst, welche Auswirkungen eigentlich ein hohes/höheres Alter auf die Fahrerlaubnis bzw. die Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis hat. So jetzt vor kurzem noch einmal der VG Düsseldorf, Beschl. v. 13. 3. 2013 – 6 L 299/13, in dem es (auch) um die Frage ging, ob eine Fahrprobe ein geeignetes Mittel sein kann, um über die praktischen Fahrfertigkeiten des Fahrerlaubnisinhabers Aufschluss zu geben. Das VG fasst in der Entscheidung die Rechtsprechung zu „Alter und Fahrerlaubnis“ sehr schön zusammen und bejaht die Geeignetheit der Fahrprobe zur Überprüfung der Geeignetheit des Fahrerlaubnisinhabers. Es heißt da:

„Das hohe Alter eines Fahrerlaubnisinhabers ist für sich genommen noch kein Grund, die Fahreignung anzuzweifeln. Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Mai 2012 – 1 S 25.12 -, […] Rdnr. 11 (= ZfSch 2012, 657).

Allerdings beginnen nach gerontologischen und verkehrspsychologischen Erkenntnissen bei vielen Menschen ab dem 40. Lebensjahr, häufig ab dem 50. Lebensjahr, die ersten Abbauprozesse. Hierzu ist bei Schubert u. a., Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, 2. Auflage (Juni 2005), S. 222 – zwar im Zusammenhang mit der Personenbeförderung, aber ohne hierauf beschränkt zu sein – ausgeführt:

  • „Das Sehvermögen lässt nach, insbesondere die Sehschärfe und die Fähigkeit zur Hell-/Dunkeladaption. Auch die Schnelligkeit und Genauigkeit der Auffassung vor allem in komplexen Verkehrssituationen verschlechtert sich.
  • Das Leistungstempo wird geringer. Auch die Leistungsgüte und -genauigkeit sind insbesondere unter Zeitdruck zunehmend beeinträchtigt.
  • Bei hohen und komplexen Leistungsanforderungen steigt die Gefahr der Überforderung.
  • Beeinträchtigungen finden sich insbesondere beim Umgang mit neuen Situationen.
  • wenige alte Menschen neigen zur Selbstüberschätzung; (…)“

Trifft hohes Lebensalter (deutlich jenseits der 50 Jahre) mit einer Verkehrsauffälligkeit zusammen, die möglicherweise von diesen Abbauprozessen beeinflusst ist, kann dies in der Gesamtschau auf ein altersbedingtes Nachlassen der geistigen und körperlichen Kräfte hinweisen, das Anlass zu Zweifeln am Fortbestand der Fahreignung gibt. Das gilt insbesondere, wenn die Verkehrsauffälligkeiten von – typischerweise straßenverkehrserfahrenen – Polizeibeamten festgestellt und der Fahrerlaubnisbehörde nach § 2 Abs. 12 Satz 1 StVG übermittelt worden sind.

Selbst wenn sich solche Schwächen bislang nicht in Unfällen oder anderen Verkehrsauffälligkeiten manifestiert haben, kommt dem regelmäßig nicht die Bedeutung zu, dass die Fahrfähigkeit nicht überprüft werden dürfte. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. September 1987 – 7 C 79.86 -, […] Rdnr. 10 (= NJW 1988, 925) m.w.N.

Allerdings bietet nicht schon jeder altersbedingte Abbau der geistigen und körperlichen Kräfte Anlass für eine Entziehung oder Beschränkung der Fahrerlaubnis; hinzutreten muss vielmehr, dass es im Einzelfall zu nicht mehr ausreichend kompensierbaren, für die Kraftfahreignung relevanten Ausfallerscheinungen oder Leistungsdefiziten gekommen ist. Vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Mai 2012 – 1 S 25.12 -, […] Rdnr. 11 (= ZfSch 2012, 657).

Bestehen solche Zweifel, sind auf der Grundlage von §§ 46 Abs. 3, 11 Abs. 2 FeV regelmäßig ärztliche Gutachten einzuholen, um diese auszuräumen oder die mangelnde Fahreignung festzustellen. Geben diese keinen hinreichenden Aufschluss darüber, ob die Fahreignung trotz altersbedingter Einschränkungen fortbesteht, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens (MPU) nach § 11 Abs. 3 FeV anordnen oder gemäß § 11 Abs. 4 FeV eine Fahrprobe zu verlangen.

Bei Zweifeln am Fortbestand der Fahreignung in höherem Lebensalter kann eine Fahrprobe grundsätzlich ein geeignetes Mittel sein, um über einen wichtigen Teilbereich der Fahreignung, nämlich die praktischen Fahrfertigkeiten, Aufschluss zu geben. Denn es ist allgemein anerkannt, dass ältere Fahrerlaubnisinhaber mit langer Fahrpraxis psycho-physische Leistungsminderungen bis zu einem gewissen Grad durch Erfahrung und gewohnheitsmäßig geprägte Bedienungshandlungen ausgleichen können. Zur Feststellung einer solchen möglichen Kompensation wird sich, etwa zusätzlich zu funktionspsychologischen Leistungstests, häufig auch eine praktische Fahrprobe anbieten. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. September 1987 – 7 C 79.86 -, […] Rdnr. 12 (= NJW 1988, 925).

Insbesondere ist die Anordnung einer zusätzlichen Fahrprobe weniger einschneidend für den langjährigen Fahrerlaubnisinhaber als die zusätzliche Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens mit einer in diesem Verfahren gegebenenfalls erforderlich werdenden Fahrverhaltensprobe durch den psychologischen Gutachter. Vgl. VGH Bayern, Beschluss vom 23. November 2011 – 11 CS 11.2067 -, […] Rdnr. 14 m.w.N., und Nr. 2.5 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung.

Im entschiedenen Fall hatte die Verwaltungsbehörde die Fahrererlaubnis entzogen, was das VG nicht beanstandet hat. Begründet u.a. damit, dass der Fahrererlaubnisinhaber – sein Alter wird nicht mitgeteilt – eine Fahrprobe abgelegt hat, bei der es verschiedene Beanstandungen gab. u.a. das Beinahe-Überfahren einer roten Ampel, das zu einem Eingriff des begleitenden Fahrlehrers geführt hatte.