Im „Kessel Buntes“ heute Zivilrecht – und zwar zwei Entscheidungen zu § 7 StVG und da zum Begriff „beim Betrieb“.
Den Anfang macht das OLG Celle, Urt. v. 12.05.2021 – 14 U 189/20. Die Problematik: Das Fahrzeug der Klägerin war zwei Stunden nach dem Abstellen in Brand geratne. Die Frage, die das OLG beantworten musste: Reicht das noch aus, um das Merkmal „beim Betrieb“ zu bejahen?
Dem OLG hat es gereicht:
„Gem. § 7 Abs. 1 StVG muss der Schaden bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges entstanden sein. Dies ist der Fall, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist (vgl. BGH, Urteil vom 5. Juli 1988 – VI ZR 346/87, BGHZ 105, 65, 66 f.; vom 19. April 1988 – VI ZR 96/87, VersR 1988, 641; vom 6. Juni 1989 – VI ZR 241/88, VersR 1989, 923, 924 f.; vom 3. Juli 1990 – VI ZR 33/90, VersR 1991, 111, 112; vom 27. November 2007 – VI ZR 210/06, VersR 2008, 656 Rn. 7; vom 31. Januar 2012 – VI ZR 43/11, BGHZ 192, 261 Rn. 17 und vom 26. Februar 2013 – VI ZR 116/12, VersR 2013, 599 Rn. 15). Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht (BGH, Urteil vom 21. Januar 2014 – VI ZR 253/13 –, Rn. 5 m.w.N., juris). Dies ist der Fall, solange die einmal geschaffene Gefahrenlage fort- und nachwirkt (BGH, Urteil vom 26. März 2019 – VI ZR 236/18 –, Rn. 9, juris).
Nach diesen Grundsätzen ist der geltend gemachte Brandschaden dem Grunde nach der von dem Beklagtenfahrzeug ausgehenden Betriebsgefahr gem. § 7 Abs. 1 StVG zuzurechnen. Nach den Feststellungen des Landgerichts geriet das Fahrzeug ca. zwei Stunden nach dem Abstellen unter dem Vordach der Klägerin in Brand.
Dass sich dieser Schaden erst nach einer zweistündigen Verzögerung durch den Brand realisiert hat, ändert nichts daran, dass die einmal geschaffene Gefahrenlage durch den Betrieb des Fahrzeuges nachgewirkt hat (vgl. BGH, Urteil vom 26. März 2019 – VI ZR 236/18 –, Rn. 9, juris, bei dem sich die Gefahrenlage erst nach eineinhalb Tagen realisierte). Auch steht eine Entfernung des Fahrzeugs aus dem öffentlichen Verkehrsraum einer Haftung aus der Betriebsgefahr nicht entgegen (BGH, Urteil vom 21. Januar 2014 – VI ZR 253/13 –, juris, zum Brand eines Fahrzeuges in einer privaten Tiefgarage; BGH, Urteil vom 20. Oktober 2020 – VI ZR 158/19 –, Rn. 5, juris, zum Brand eines Fahrzeuges in einer geschlossenen Werkstatthalle).
Soweit das Landgericht darauf abgestellt hat, die Klägerin habe nicht beweisen können, dass der Brand durch eine Betriebseinrichtung des Fahrzeuges verursacht worden sei, ist dies für eine Zurechnung nicht erforderlich. Die Klägerin muss nicht beweisen, welche Betriebseinrichtung oder auf welche Weise eine Betriebseinrichtung des Fahrzeugs zum Brand geführt hat. Es reicht aus, dass der Brand in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung des Fahrzeuges entstanden ist (st. Rspr. vgl. BGH, Urteil vom 20. Oktober 2020 – VI ZR 158/19 –, Rn. 14; BGH, Urteil vom 21. Januar 2014 – VI ZR 253/13 –, BGHZ 199, 377-381, Rn. 5; BGH, Urteil vom 21. Januar 2014 – VI ZR 253/13 –, Rn. 5, alle juris m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt vor. Vorliegend wurde das Fahrzeug der Beklagten noch zwei Stunden vor dem Brand gefahren.
Nach den Untersuchungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen H., denen das erstinstanzliche Gericht gefolgt ist, habe kein Nachweis dafür geführt werden können, dass eine Einwirkung von außen, namentlich Brandstiftung, stattgefunden hat…….“