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Empfehlungen des 58. VGT 2020 in Goslar, oder: Man darf ja träumen….

Bild von jggrz auf Pixabay

Vom 29. bis 31.01. hat in Goslar der 58. VGT stattgefunden. Ich bin hier noch die Ergebnisse schuldig. Ich stelle hier dann konkret die der Arbeitskreise IV und V vor, den Rest kann man bitte hier unter Empfehlungen 58. VGT 2020 nachlesen, die mir der Kollege Böger aus Gütersloh gesandt hat. Er und auch einige andere Kollegen versuchen schon seit Jahren mich nach Goslar zu locken, aber bislang hat es mit einem Besuch dort nie geklappt. Warum auch immer 🙂 .

Hier dann aus diesen Empfehlungen (nur):

„Arbeitskreis IV

Praxistauglichkeit des Bußgeldverfahrens

  1. Der Arbeitskreis empfiehlt mit überwältigender Mehrheit, die Anforderungen an das standardisierte Messverfahren sowie das umfassende Einsichtsrecht in alle Daten und Messunterlagen zu kodifizieren.
  2. Die obligatorische Beteiligung der Staatsanwaltschaft im Zwischenverfahren soll abgeschafft werden.
  3. Der Arbeitskreis empfiehlt die Einrichtung von Schwerpunktgerichten für Sonderbereiche wie z. B. Vermögensabschöpfung, Gefahrgut- oder Fahrpersonalrecht.
  4. Bußgeldverfahren sollen gegen Auflagen eingestellt werden können.
  5. Nach erfolgreicher Absolvierung einer verkehrstherapeutischen Nachschulung soll von einem Fahrverbot ganz oder teilweise abgesehen werden können.
  6. Zur Vermeidung von Fehlurteilen soll die Rechtsbeschwerde wegen übersehener Verfahrenshindernisse generell zugelassen werden. Ein Verstoß gegen das faire Verfahren ist wie ein Verstoß gegen das rechtliche Gehör zu würdigen. Außerdem sollen die Oberlandesgerichte Verfahren mit grundsätzlicher Bedeutung stets an den Bundesgerichtshof vorlegen können. Der Verfolgungsbehörde soll nur ein Rechtsmittel zustehen, wenn sie an der Hauptverhandlung teilgenommen hat.
  7. Der Arbeitskreis regt an, beim Kraftfahrtbundesamt eine zentrale, tagesaktuell geführte Fahrverbotsdatei zu führen.

Arbeitskreis V

Elektrokleinstfahrzeuge

  1. Der Arbeitskreis stellt fest, dass in vielen Bereichen die für die Nutzung von Elektro¬kleinstfahrzeugen geltenden Regeln zu wenig bekannt sind beziehungsweise nicht hinreichend beachtet werden. Dieses gilt insbesondere für die Frage der geltenden Promillegrenzen, der zu nutzenden Verkehrsflächen und der zulässigen Fahrzeuge. Der Arbeitskreis setzt sich daher nachdrücklich für mehr Öffentlichkeitsarbeit, vor allem durch Information und Aufklärung auch durch Verleihfirmen, ein.
  2. Der Arbeitskreis hält einen Ausbau der für die Nutzung der Elektrokleinstfahrzeuge erforderlichen Infrastruktur für unabdingbar, insbesondere der Radverkehrsinfrastruktur.
  3. Der Arbeitskreis fordert eine verbindliche Ausrüstung künftiger einspuriger, im Stehen gefahrener Elektrokleinstfahrzeuge mit Fahrtrichtungsanzeigern.
  4. Der Arbeitskreis hält zum gegenwärtigen Zeitpunkt eine Legalisierung weiterer Elektrokleinstfahrzeuge, insbesondere ohne Lenkstange, für nicht sinnvoll. Er empfiehlt eine weitere Beobachtung unter Berücksichtigung der Erfahrungen im Ausland.
  5. Der Arbeitskreis stellt fest, dass für die Verkehrssicherheit eine effektive Verfolgung von Verkehrsverstößen erforderlich ist. Zu diesem Zweck muss auch gewährleistet sein, dass die Verleihfirmen die dazu notwendigen Nutzerdaten erfassen und den Verfolgungsbehörden zur Verfügung stellen.
  6. Der Arbeitskreis hält die derzeitige Abstellpraxis der Leih-E-Scooter für nicht akzep¬tabel. Er ist der Auffassung, dass es verbindlicher Vorgaben für Abstellplätze be¬darf. Der Arbeitskreis fordert, eine bundeseinheitliche Regelung zu schaffen.
  7. Der Arbeitskreis setzt sich mehrheitlich für die Einführung einer Prüfbescheinigung zum Führen eines Elektrokleinstfahrzeuges als Kraftfahrzeug ein.“

Einige der Ergebnisse des AK IV lesen sich ja ganz nett, ich wage aber die Voraussage: Es wird nicht kommen/umgesetzt. Das gilt vor allem für die Ziffern 1 und 6 der o.a. Vorschläge. Der Gesetzgeber wird sich hüten, „die Anforderungen an das standardisierte Messverfahren sowie das umfassende Einsichtsrecht in alle Daten und Messunterlagen zu kodifizieren.“ Denn das hätte ja zur Folge, dass die OLG in dem Bereich nicht mehr frei schalten und walten könnten. Entsprechendes gilt für den Punkt 6. Aber man kann ja träumen.

 

Nachlese, oder: Die Ergebnisse vom 56. VGT 2018

Autor User Grosses on de.wikipedia

Der 56. Deutsche Verkehrsgerichtstag ist vom 24. bis 26.01.2018 in Goslar gelaufen. Nachdem ich im Oktober über das Programm berichtet habe (Der 56. VGT naht, oder: Programmvorschau) bin ich den regelmäßigen Lesern jetzt die Nachlese = die Ergebnisse schuldig. Und damit starte ich dann den heutigen Tag.

Die Gesamtergebnisse bzw. Empfehlungen der acht Arbeitskreise sind dann doch recht umfangreich, zu umfangreich, um sie hier darzustellen. Ich verweise daher, man findet sie hier.

Ich greife nur die Empfehlungen der beiden Arbeitskreise heraus, die ich auch schon im Oktober im einzelnen erwähnt hatte. Das waren der AK III: Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort, und der AK VI: Sanktionen bei Verkehrsverstößen. Da hat es Folgendes gegeben:

Arbeitskreis III
Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort
– Ist der Straftatbestand noch zeitgemäß?
– Reformvorschläge
– Versicherungsrechtliche Auswirkungen

1. Die strafrechtlichen und versicherungsvertragsrechtlichen Regelungen zum unerlaubten Entfernen vom Unfallort führen zu gewichtigen Rechtsunsicherheiten. Dadurch können Verkehrsteilnehmer überfordert werden. Vor diesem Hintergrund erinnert der Arbeitskreis daran, dass § 142 StGB ausschließlich dem Schutz Unfallbeteiligter und Geschädigter an der Durchsetzung berechtigter und der Abwehr unberechtigter Schadensersatzansprüche dient.

2. Der Arbeitskreis empfiehlt mit überwiegender Mehrheit dem Gesetzgeber zu prüfen, wie eine bessere Verständlichkeit des § 142 StGB erreicht werden kann, insbesondere durch eine Begrenzung des Unfallbegriffs auf Fortbewegungsvorgänge und eine Präzisierung der Wartezeit bei Unfällen mit Sachschäden bei einer telefonischen Meldung, etwa bei einer einzurichtenden neutralen Meldestelle.

3. Der Arbeitskreis fordert mit überwiegender Mehrheit den Gesetzgeber auf, die Möglichkeiten der Strafmilderung oder des Absehens von Strafe bei tätiger Reue in § 142 Abs. 4 StGB zu reformieren. Dabei sollte die Begrenzung auf Unfälle außerhalb des fließenden Verkehrs entfallen und die Regelung auf alle Sach- und Personenschäden erweitert werden.

4. Der Arbeitskreis fordert mit knapper Mehrheit, dass das unerlaubte Entfernen vom Unfallort bei Sachschäden nicht mehr im Regelfall zu einer Entziehung der Fahrerlaubnis führt. Die Worte „oder an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden“ in § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB sollten gestrichen werden. Der Arbeitskreis empfiehlt, bis zu einer gesetzlichen Änderung einen Regelfall der Entziehung der Fahrerlaubnis nur noch bei erheblichen Personen- und besonders hohen Sachschäden (ab 10.000 EUR) anzunehmen.

5. Der Arbeitskreis hält es für notwendig, den Inhalt der auf das Verbleiben an der Unfallstelle bezogenen versicherungsvertraglichen Aufklärungsobliegenheit den strafrechtlichen Pflichten nach § 142 StGB entsprechend zu verstehen. Er fordert die Versicherer auf, dies durch unmittelbare Bezugnahme auf § 142 StGB in den AKB klarzustellen.

Arbeitskreis VI
Sanktionen bei Verkehrsverstößen
– Höhere Bußgelder: Heilmittel oder Abzocke?
– Praxis im europäischen Vergleich
– Kriminologische Erkenntnisse
– Interventionsmöglichkeiten aus wissenschaftlicher Sicht

Der Arbeitskreis lehnt eine pauschale Erhöhung der Bußgeldsätze ab.

Er empfiehlt aber eine spürbare Anhebung der Geldbußen, verbunden mit verstärkter Androhung von Fahrverboten, für besonders verkehrssicherheitsrelevante Verkehrsverfehlungen(namentlich Geschwindigkeits-, Abstands- oder Überholverstöße) unter Berücksichtigungdes jeweiligen Gefährdungspotentials und der Verkehrssituation. Dies muss einhergehen mit einer nachdrücklicheren und effektiveren Verkehrsüberwachung, geradean Unfallhäufungs- und Gefährdungsstellen. Die Praxis in den Bundesländern sollte harmonisiertwerden.

Einem „Einkalkulieren“ von Geldbußen muss entgegengewirkt werden. Umgekehrt darf nicht der Eindruck der „Abzocke“ unter fiskalischen Gesichtspunkten entstehen.Der Arbeitskreis fordert eine für die Verkehrsteilnehmenden nachvollziehbare Beschilderung.Verkehrspädagogische und verkehrspsychologische Maßnahmen sind zu stärken.

Der Arbeitskreis spricht sich dafür aus, bundesweit eine empirische Basis zu schaffen, mithilfe derer die präventiven Wirkungen der für Verkehrsverfehlungen im Ordnungswidrigkeitenrecht angedrohten Sanktionen besser beurteilt werden können.

Mal sehen, was daraus wird.

53. VGT 2015 – die Empfehlungen – Radfahrer, Landstraße, Handy – überrascht?

Autor User Grosses on de.wikipedia

Autor User Grosses on de.wikipedia

Gestern ist der 53. VGT 2015 in Goslar zu Ende gegangen. Natürlich gibt es jetzt auch schon die Empfehlungen/Ergebnisse aus den Arbeitskreisen online, und zwar hier. Über das Programm des 53. VGT hatte ich ja schon unter Nur der Vollständigkeit halber: Das Programm des 53. VGT in Goslar berichtet.

Ich will jetzt nicht alle Ergebnisse aus den AK einstellen, die kann der interessierte Leser bei dem Link nachlesen. Hinweisen will ich nur auf drei Punkte, die für mich teils nicht, teils aber auch überraschend waren, und zwar:

  • Arbeitskreis III – Neue Promillegrenzen für Radfahrer?, u.a. mit der Forderung/Empfehlung, für Radfahrer einen Bußgeldtatbestandem wie er in § 24 a StVG (0,5-Promille-Grenze) für Kraftahrzeugführer vorhanden ist, zu schaffen, und zwar im Bereich von 0,8 bis 1,1 o/oo.

Eine für mich nach dem vorab zu diesem AK veranstalteten Presserummel nicht überraschende Forderung.

  • Arbeitskreis IV Unfallrisiko Landstraße u.a. mit der Forderung, dass zur Reduzierung schwerer Unfälle die Regelgeschwindigkeit für Pkw und Lkw gleichermaßen bei 80 km/h liegen soll. Dazu sei eine Umkehrung von Regel und Ausnahme bei der zulässigen Höchstgeschwindigkeit erforderlich. Entsprechend ausgebaute oder ertüchtigte Straßen können danach weiter für Tempo 100 freigegeben werden.

Das war für mich schon überraschend, die Forderung hatte ich so nicht erwartet.

  • Arbeitskreis V Ablenkung durch moderne Kommunikationstechniken, u.a. mit der Forderung:
    IV. § 23 StVO ist im Hinblick auf die technische Entwicklung nicht mehr zeitgemäß. Das betrifft insbesondere die Begriffe „Mobil- oder Autotelefon“ und den ausgeschalteten Motor sowie die Beschränkung auf Aufnehmen oder Halten des Hörers. Der Arbeitskreis fordert den Verordnungsgeber zu einer Neufassung der Vorschrift auf. Diese sollte an die visuelle, manuelle, akustische und mentale Ablenkung von der Fahraufgabe anknüpfen. Die Geldbuße sollte eine gestaffelte Erhöhung bei Gefährdung sowie bei Schädigung vorsehen. Bei der Neufas-sung ist auf eine bessere Nachweisbarkeit in der Praxis Rücksicht zu nehmen.“

Nun, wenn das umgesetzt wird, werden lange Ausführungen in Handbüchern überflüssig bzw. erheblich reduziert. Aber, wie will man an „die visuelle, manuelle, akustische und mentale Ablenkung von der Fahraufgabe anknüpfen“? Da wird man im Zweifel an die aktuelle Rechtsprechung zu § 23 Abs. 1a anknüpfen (müssen) und hat dann dieselben Probleme, nur unter einem anderen Obersatz. Und das soll dann das Bundesverkehrsministerium machen? Na, ob die das können? Die bekommen ja schon die Maut nicht auf die Reihe bzw. haben damit derzeit genug zu tun.