Und die zweite Entscheidung im „Kessel Buntes“ ist heute dann der OLG Hamm, Beschl. v. 22.02.2018 – I 15 W 15/18. Es geht um die Befugnis der Staatsanwaltschaft, um eine Eintragung ins Grundbuch zu ersuchen. Ja, richtig gelesen: Ersuchen der Staatsanwaltschaft auf Eintragung ins Grundbuch.
Im entschiedenen Fall hatte das die beteiligte Staatsanwaltschaft beim Grundbuchamt unter Bezugnahme auf einen strafgerichtlichen Vermögensarrest getan, und zwar ging es um die Eintragung einer Sicherungshypothek. Das Grundbuchamt hat die Staatsanwaltschaft dann zunächst u.a. darauf hingewiesen, dass § 111k StPO n.F. keine (ausdrückliche) Befugnis der Staatsanwaltschaft, das Grundbuchamt um Eintragung zu ersuchen, mehr vorsehe und dann später eine Zwischenverfügung erlassen. In dieser hat es den Standpunkt vertreten, dass die Staatsanwaltschaft zu einem Ersuchen im Sinne des § 38 GBO nicht mehr befugt sei. Zwar könne das Ersuchen in einen Antrag umgedeutet werden, für dessen Vollzug sei jedoch nach § 29 GBO die Vorlage einer Ausfertigung des Arrestbeschlusses erforderlich. Dagegen die Beschwerde der Staatsanwaltschaft, die beim OLG Erfolg hatte.
„Nach § 38 GBO hat das Grundbuchamt eine Eintragung auch auf Ersuchen einer Behörde vorzunehmen, wenn diese aufgrund einer besonderen gesetzlichen Vorschrift befugt ist, um die Eintragung zu ersuchen. In Rechtsprechung und Literatur besteht dabei grundsätzlich Einigkeit, dass § 38 GBO als Ausnahmevorschrift eher eng auszulegen ist, insbesondere, dass die bloße Zuständigkeit einer Behörde für die Bewirkung bestimmter grundbuchverfahrensrechtlich relevanter Veränderungen nicht hinreicht, um von dem Vorliegen einer Ersuchensbefugnis auszugehen (Bauer/v.Oefele, GBO, 3.Aufl., § 38 Rdn.16; Demharter, GBO, 30.Aufl., § 38 Rdn.2). Andererseits sind aber auch Kompetenzvorschriften einer Auslegung zugänglich. Erforderlich ist danach keine ausdrückliche Regelung der Ersuchensbefugnis, sondern nur ein in diesem Sinne eindeutiges Auslegungsergebnis.
Die Grenzen der Auslegung sind dabei hier umso enger zu ziehen, als die Vollstreckung eines Arrestes im Sinne des § 111e StPO einen Eingriff in den Schutzbereich des Art.14 GG darstellt, mithin gemäß Art.20 Abs.2 und 3 GG der sog. Gesetzesvorbehalt greift. Danach obliegt es grundsätzlich dem Gesetzgeber selbst, die wesentlichen Entscheidungen hinsichtlich der Möglichkeit und der Ausgestaltung eines Eingriff zu treffen. Dies bedeutet allerdings nicht, dass einzelne Eingriffsmodalitäten notwendig ausdrücklich oder bis ins Einzelne gehend geregelt werden müssten. Vielmehr finden auch unter Geltung des Gesetzesvorbehalts die allgemeinen Auslegungsgrundsätze Anwendung mit der Maßgabe, dass sich mit ihnen im Einzelfall eine zuverlässige Grundlage für Verständnis und Anwendung der Norm gewinnen lässt (für den Bereich des Art.104 Abs.1 S.1 vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.06.2012 -2 BvR 1048/11-, zitiert nach juris Rdn.118).
Auf dieser rechtlichen Grundlage meint der Senat, dass die Auslegung des § 111k Abs.1 StPO n.F. mit noch hinreichender Deutlichkeit ergibt, dass der Gesetzgeber der Staatsanwaltschaft die Befugnis verliehen hat, um die Eintragung im Sinne des § 38 GBO zu ersuchen (im Erg. ebenso OLG München, Beschluss vom 22. Dezember 2017 – 34 Wx 432/17 –, juris). Zunächst ist der Wortlaut des § 111k Abs.1 S.1 StPO insoweit mehrdeutig, als der Begriff des Vollzugs über eine bloße Zuständigkeitszuweisung hinausgeht. Gestützt wird ein solches Verständnis von § 111k Abs.1 S.2 StPO, wonach die Pfändung beweglicher Sachen durch verschiedene öffentliche Stellen „vollzogen“ werden kann. Hiermit korrespondiert, dass § 111k StPO n.F. nach seiner Überschrift nicht lediglich die Zuständigkeit, sondern das gesamte Verfahren regelt.
Wesentliche Bedeutung hat nach Auffassung des Senats die historische Auslegung. Im bis zum 01.07.2017 geltenden Recht der Vermögensabschöpfung sah § 111f Abs.2 StPO a.F. ausdrücklich die Befugnis der Staatsanwaltschaft und des Gerichts vor, das Grundbuchamt um die Eintragung einer Zwangshypothek zu ersuchen. Die Gesetzesbegründung zum Entwurf des jetzigen § 111k StPO n.F. lautet – soweit hier von Interesse – wie folgt (vgl. BTDrs. 18/9525 S.82):
„Zu § 111k StPO-E
- 111k StPO-E regelt das Verfahren bei der Vollziehung der Beschlagnahme- und Arrestanordnung. Die Vorschrift übernimmt weitgehend den Regelungsgehalt des bisherigen § 111f StPO. Im Vergleich zum geltenden Recht enthält sie drei Änderungen.
Zu Absatz 1
Nach Absatz 1 Satz 1 ist die Staatsanwaltschaft für die Vollziehung der Beschlagnahme- und Arrestanordnung künftig ausnahmslos zuständig. Bislang waren für die Ersuchen (Hervorhebung durch den Senat) und Anmeldungen auf Registereintragungen auch die Gerichte zuständig (vgl. § 111f Absatz 2 StPO).“
Diese Ausführungen lassen zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber nicht die Absicht hatte, an der Befugnis der nunmehr allein zuständigen Staatsanwaltschaft etwas zu ändern. Vielmehr wird die Befugnis, (auch) das Grundbuchamt um Vollzug zu ersuchen, in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erwähnt. Damit stellt sich aus Sicht des Senats die Frage, ob man bei der Auslegung der § 38 GBO, § 111k Abs.1 StPO angesichts des nicht eindeutigen Wortlauts, gerade mit Rücksicht auf den Gesetzesvorbehalt und das Bestimmtheitsgebot, von einem nicht hinreichenden Ausdruck des – für sich genommen eindeutigen – gesetzgeberischen Willens ausgehen muss. Diese Frage verneint der Senat….“