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Erkennungsdienstliche Behandlung; oder: Einstellung rettet davor nicht

entnommen wikimedia.org Urheber Fotografie: Frank C. Müller, Baden-Baden

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Die zweite Entscheidung aus dem „Kessel Buntes“ kommt aus dem Verwaltungsrecht, hat aber straf(verfahrens)rechtlichen Einschlag. Es handelt sich um den OVG Bautzen, Beschl. v. 18.10.2016 – 3 B 325/15. Anhängig ist/war eine Klage eines ehemaligen Beschuldigten gegen die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach Einstellung des Strafverfahrens gegen den ehemaligen Beschuldigten nach § 170 Abs. 2 StPO. Angeordnet worden war die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers durch Abnahme eines Detailbilds, eines Dreiseitenbilds, eines Ganzkörperbilds, eines Lichtbilds und von Zehnfinger- und Handflächenabdrücken sowie durch Anfertigung einer Personenbeschreibung angeordnet wurde, abgewiesen. Als Anlasstat wurde ein Ermittlungsverfahren zugrunde gelegt, das wegen einer am 18. April 2013 begangenen tätlichen Beleidung eingeleitet worden war. Es wurde dem Kläger dabei zur Last gelegt, einen Autofahrer zum Anhalten genötigt und im Anschluss mit einer Handgreiflichkeit tätlich beleidigt zu haben. Deswegen wurde der Kläger vom Amtsgericht Bautzen am 4. August 2014 zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt. Gegen den Kläger wurde im Zeitraum von 2004 bis 2013 auch noch mehrfach wegen Beleidigungs- und Körperverletzungsdelikte ermittelt. Die Verfahren waren wohl nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Das OVG sieht darin nun aber keinen Grund von der Anordnung einer erkennungsdienstlichen Maßnahme nach § 81b Alt. 2 StPO abzusehen:

Entgegen der Ansicht des Klägers lässt die Einstellung eines Strafverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO nicht generell den eindeutigen Schluss auf einen Wegfall des Verdachts eines strafbaren Verhaltens zu. Die Verwertung von Strafverfahren, die zur Einstellung gelangt sind, ist wegen der präventivpolizeilichen Ausrichtung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht von vornherein ausgeschlossen. Ist das Strafverfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden, darf die Behörde ihre Prognose über die Notwendigkeit der Anordnung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen jedenfalls nicht ungeprüft an die Beschuldigteneigenschaft anknüpfen. Dies gilt auch für die gerichtliche Überprüfung dieser Prognose, für welche die Sach- und Rechtslage der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich ist. Aufgrund des nicht unerheblichen Eingriffs in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) ist vielmehr erforderlich, dass der konkrete Ausgang des Strafverfahrens berücksichtigt wird (zur Zulässigkeit der Speicherung von Daten aus einem nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren: vgl. BVerfG, Beschl. v. 1. Juni 2006 – 1 BvR 2293/03 -, juris Rn. 11 f.). Ob die erkennungsdienstliche Behandlung trotz der Einstellung des Strafverfahrens notwendig ist, richtet sich danach, ob weiterhin Verdachtsmomente gegen den Betroffenen bestehen oder ob diese derart ausgeräumt worden sind, dass eine Wiederholungsgefahr ausgeschlossen ist (st. Rspr. des Senats, SächsOVG, Beschl. v. 7. Oktober 2016 – 3 A 221/15 -, zur Veröffentlichung bei juris vorgesehen; Beschl. v. 5. Mai 2014 – 3 A 82/13 -, juris Rn. 5 m. w. N.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 13. Juni 2016 – 1 S 71.15 -, juris Rn. 13; OVG M-V, Urt. v. 25. November 2015 – 3 L 146/13 -, juris Rn. 53).“

Hier ergab sich – so jedenfalls das OVG –  „aus den bei den Verwaltungsakten befindlichen polizeilichen Erkenntnissen zu der Person des Klägers ………. zweifelsfrei, dass die Verfahrenseinstellungen vom 18. Januar 2005 und vom 25. Juli 2006 aus tatsächlichen Gründen erfolgt sind und im Hinblick auf die ihm vorgeworfenen Taten nicht von einer erwiesenen Unschuld des Klägers ausgegangen werden kann. Die Strafverfahren wurden nämlich jeweils mit der Begründung versehen „(VE) gem. § 170 (2) StPO, Tätersch./Tat/Tatumst. nicht beweisbar“. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass der Tatverdacht vollständig entfallen war. Vielmehr besteht im Hinblick auf die ihm vorgeworfenen Taten weiterhin ein Restverdacht, der es rechtfertigt, die Verfahren im Rahmen der zu treffenden Prognose wegen Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen.“