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Bedingter Vorsatz – bewusste Fahrlässigkeit? Die Abgrenzung ist nicht so ganz einfach.

© M. Schuppich - Fotolia.com

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Der BGH, Beschl. v. 30.04.2013 – 2 StR 383/13 – zeigt mal wieder, wie nahe die Grenze zwischen „bedingtem Vorsatz“ und „bewusster Fahrlässigkeit“ zu ziehen ist. So nah, dass auch „ausgewachsene“ Strafkammer an der Stelle Fehler machen können, die der BGH dann korrigiert. Zugrunde lag dem Beschluss ein Kampfgeschehen, in dem der Angeklagte einen Geschädigten G mit einem Taschenmesser verletzt hat. In das Geschehen hatte sich ein weiterer Geschädigter E beschwichtigend eingemischt. Auch der wurde verletzt. Das LG hat auch insoweit Vorsatz angenommen, weil: „Auch hinsichtlich des Zeugen E. sei von vorsätzlichem Handeln auszugehen. Dass er diesen nicht habe verletzten wollen, ändere nichts daran, dass er dessen Einschreiten bemerkt und dennoch weiter unkontrolliert mit dem Messer zugeschlagen habe. Er habe dadurch einen Treffer des Zeugen jedenfalls für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen.“  Der BGH sieht das anders bzw. vermisst weitere/nähere Feststellungen zum (bedingten) Vorsatz:

b) Das Landgericht ist jedenfalls ohne genügende Begründung davon ausgegangen, dass der Angeklagte den eingetretenen Erfolg auch „billigend in Kauf“ genommen hat. Dass bei dem Angeklagten auch hinsichtlich einer Körperverletzung des Zeugen E. das voluntative Vorsatzelement gegeben ist, versteht sich bei der vom Landgericht geschilderten Tatsituation, die auf den Kampf gegen den Zeugen G. ausgerichtet war, auch nicht von selbst (vgl. BGH, NStZ 2008, 451).

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Abgrenzung von bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit handelt der Täter vorsätzlich, wenn er den Eintritt des tatbestandlichen Erfolges als möglich und nicht ganz fernliegend erkennt und damit in der Weise einverstanden ist, dass er die Tatbestandsverwirklichung billigend in Kauf nimmt oder sich um des erstrebten Zieles willen wenigstens mit ihr abfindet, mag ihm auch der Erfolgs-eintritt an sich unerwünscht sein; bewusste Fahrlässigkeit liegt hingegen dann vor, wenn der Täter mit der als möglich erkannten Tatbestandsverwirklichung nicht einverstanden ist und ernsthaft – nicht nur vage – darauf vertraut, der tatbestandliche Erfolg werde nicht eintreten. Da die Grenzen dieser beiden Schuldformen eng beieinander liegen, müssen die Merkmale der inneren Tatseite in jedem Einzelfall besonders geprüft und durch tatsächliche Feststellungen belegt werden. Insbesondere die Würdigung zum voluntativen Vorsatzelement muss sich mit den Feststellungen des Urteils zur Persönlichkeit des Täters auseinandersetzen und auch die zum Tatgeschehen bedeutsamen Um-stände mit in Betracht ziehen. Geboten ist somit eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände. Hierbei können je nach der Eigenart des Falles unterschiedliche Wertungsgesichtspunkte im Vordergrund stehen. Aus dem Vorleben des Täters sowie aus seinen Äußerungen vor, bei oder nach der Tat können sich Hinweise auf seine Einstellung zu den geschützten Rechtsgütern ergeben. Für den Nachweis bedingten Vorsatzes kann insbesondere „an die vom Täter erkannte objektive Größe und Nähe der Gefahr“ angeknüpft wer-den (BGHSt 36, 1, 9 f. mwN). An einer solchen Gesamtschau fehlt es hier.

Das Landgericht hat sich – ohne nähere Begründung – allein auf die Feststellung beschränkt, eine billigende Inkaufnahme liege vor. Dies genügt nicht, zumal sich dem Sachverhalt konkrete Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass der Angeklagte eher auf das Ausbleiben des Erfolgs vertraut haben könnte, als ihn etwa gleichgültig hinzunehmen. Der Angeklagte war mit dem Zeugen E. freundschaftlich verbunden; dessen Verletzung war Anlass, das Kampf-geschehen abzubrechen, ihm zu folgen und sich sofort bei ihm zu entschuldigen. Mögen diese Umstände den Körperverletzungsvorsatz im Zeitpunkt der Ausholbewegung mit dem Messer zwar nicht grundsätzlich ausschließen, hätte sich doch der Tatrichter mit ihnen auseinandersetzen müssen, bevor er von einem billigenden Inkaufnehmen ausgeht.

War schon immer schwer, wenigstens für mich und wird oft auch falsch gemacht.