Die Shoppingtour, die zwei Angeklagte in Stuttgart unternommen haben, hätte teuer werden können. Nicht, weil so viel eingekauft worden ist, sondern wegen der Art, in der man geparkt hat. Was ist passiert: Die beiden Angeklagten, nennen wir sie I und F, begeben sich mit einem Pkw in die Stuttgarter Innenstadt. Die Angeklagte I. ist Mutter eines behinderten Sohnes J. Auf diesen wurde von der Stadt T. ein Parkausweis für Behinderte ausgestellt. Die beiden Angeklagten fahren mit dem Pkw der I. Der Fahrzeugführer ist der Angeklagte F.. Der parkt mit Wissen und Wollen der Angeklagten I in der X.-Straße den Pkw auf einem Sonderparkplatz für Behinderte. Obwohl I und F wussten, dass der Sohn J der I nicht dabei war und sie daher auch nicht berechtigt waren, den für diesen ausgestellten Parkausweis zu benutzen, legte der Angeklagte F. mit Wissen und Wollen der Angeklagten I den Parkausweis des J. gut sichtbar auf das Armaturenbrett des Fahrzeugs, wobei das Lichtbild des J. auf der Rückseite war und nicht eingesehen werden konnte. Dort wird das Fahrzeug dann später durch zwei Polizeibeamte kontrolliert. Aus dem Geschehen wird eine Strafanzeige wegen Missbrauchs von Ausweispapieren und die beiden Angeklagten werden vom AG Stuttgart jeweils wegen Missbrauchs von Ausweispapieren zu einer Geldstrafe, wobei gegen den Angeklagten D. F. 50 Tagessätze zu je 40 € und gegen die Angeklagte I. W. 40 Tagessätze zu je 40 € festgesetzt wurden, verurteilt.
Das OLG hebt auf die Revision von I und F dann aber auf. Im OLG Stuttgart, Beschl. v. 27.08.2013 – 2 Ss 349/13 – nimmt das OLG zunächst zu der Frage Stellung, ob es sich bei dem verwendeten Parkausweis um ein Ausweispapier i.S. von § 281 Abs. 1 StGB handelt. Das OLG bejaht das. Eseht davon aus, dass der benutzte Parkausweis die Voraussetzungen für die Annahme einer amtlichen Urkunde erfüllt, da er von einer öffentlichen Stelle – der Stadt T. – ausgestellt wurde, und sowohl dem Nachweis einer entsprechenden Parkberechtigung als auch – in Verbindung mit dem Lichtbild – dem Nachweis der Personenidentität diene. Durch Auslage des Parkausweises auf dem Armaturenbrett hätten die Angeklagten den Parkausweis der sinnlichen Wahrnehmung zugänglich gemacht und damit i.S. des § 281 Abs. 1 StGB gebraucht.
In einem zweiten Schritt untersucht das OLG dann die Frage, ob der Ausweis „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ gebraucht worden sei. Und das hat das OLG verneint: Die bloße Auslage des Parkausweises (mit dem Lichtbild auf der Rückseite) auf dem Armaturenbrett des Fahrzeugs erfolge nicht zur Täuschung im Rechtsverkehr in dem von § 281 StGB vorausgesetzten Sinn. Das OLG ist insoweit mit der h.M. der Auffassung, dass bei § 281 StGB die beabsichtigte Täuschung die Identität des Täters betreffen müsse. § 281 StGB sei nur anwendbar, wenn der für eine andere Person ausgestellte Ausweis dazu benutzt werde, den Irrtum zu erwecken, der Benutzende sei die Person, für die der Ausweis ausgestellt worden sei. Das sei bei der Auslage eines für eine andere Person ausgestellten Parkausweises für Behinderte aber nicht der Fall. Der den Parkausweis auslegende Fahrer des Pkws gebe nicht notwendigerweise vor, auch der Inhaber des Parkausweises zu sein. Die Parkerleichterung gelte nämlich nicht nur für den Behinderten als Selbstfahrer, sondern auch für den ihn jeweils befördernden Fahrzeugführer, wobei die Fahrt allerdings der Beförderung des Behinderten dienen müsse.
Also: Freispruch und billig geparkt: Nein natürlich nicht. Denn das OLG weist darauf hin, dass das Verhalten der Angeklagten als (nicht verjährte) Ordnungswidrigkeit gem. §§ 49 Abs. 3 Nr. 5, 42 Abs. 2 i.V.m. Anlage 3 laufende Nr. 7 (Zeichen 314) Spalte 3 Satz 1 oder laufende Nummer 10 (Zeichen 315) Spalte 3 Satz 2 StVO, 55 BKatV ahndbar sein könnte. Deshalb kein Freispruch, sondern Aufhebung und Zurückverweisung an das AG. Kommt es da zur Verurteilung, tragen die Angeklagten dann die gesamten Kosten des Verfahrens, also auch die der erfolgreichen Revision. Da wäre ein „Knöllchen“ wegen eine Parkverstoßes sicherlich billiger gewesen.
Ach so: Das Bild? Nun, eine besondere Art zu parken, allerdings in Grönland.