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Entbindung I: Was bringt die Anwesenheit in der HV?, oder: Spekulieren reicht nicht ….

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Heute dann ein OWi-Tag, allerdings mit einer „Sonderproblematik“, nämlich Entbindungsanträge (§ 73 Abs. 2 OWiG) mit allem was dazu gehört.

Und ich eröffne die Vorstellung mit dem KG, Beschl. v. 01.04.2019 – 3 Ws (B) 103/19. In meinen Augen eine dieser Entscheidungen, bei denen man sich fragt: Warum brauche ich dafür eigentlich ein OLG. Denn die entschiedenen Fragen sind in der Rechtsprechung der OLG bereits zig-mal entschieden. Man müsste sich als AG nur an diese Rechtsprechung halten. Denn:

Der Betroffene hatte seinen „Entbindungsantrag“ damit begründet, dass er vorgetragen hatte, er räume die Fahrereigenschaft ein, werde sich aber im Übrigen nicht zur Sache einlassen. Sein persönliches Erscheinen sei daher zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich. In der Sache trug er seine Rechtsansicht vor, dass Verfolgungsverjährung eingetreten und das Verfahren daher einzustellen sei. Das AG hat den Antrag in der Hauptverhandlung abgelehnt. Es führte zur Begründung aus, die Anwesenheit des Betroffenen sei zur Aufklärung seiner persönlichen Verhältnisse – jedenfalls seines Berufs und seines Familienstandes – erforderlich. Zugleich hat es den Einspruch des Betroffenen durch auf § 74 Abs. 2 OWiG gestütztes Urteil.

Dazu das KG:

„b) Die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs ist auch begründet. Der Betroffene war vorliegend gemäß § 73 Abs. 2 OWiG von seiner Anwesenheitspflicht zu entbinden. Die Verwerfung des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid gemäß § 74 Abs. 2 OWiG nach abschlägiger Bescheidung des Entbindungsantrages war rechtsfehlerhaft. Nach § 73 Abs. 2 OWiG entbindet das Gericht einen Betroffenen auf seinen Antrag hin von seiner Verpflichtung zum Erscheinen in der Hauptverhandlung, wenn er sich zur Sache geäußert oder erklärt hat, dass er sich in der Hauptverhandlung nicht zur Sache äußern werde, und seine Anwesenheit zur Aufklärung wesentlicher Gesichtspunkte des Sachverhalts nicht erforderlich ist. Dabei ist zu beachten, dass die Entscheidung über den Entbindungsantrag nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt wird. Dieses ist vielmehr verpflichtet, dem Antrag zu entsprechen, sofern die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 OWiG vorliegen (std . Rechtspr. des Senats, vgl. etwa VRS 132, 235 m.w.N.; OLG Dresden DAR 2005, 460).

Die Voraussetzungen der genannten Regelung waren vorliegend gegeben. Der Betroffene hat in dem Entbindungsantrag im Hinblick auf die anberaumte Hauptverhandlung erklärt, er räume die Fahrereigenschaft ein, werde aber darüber hinaus keine Angaben zur Sachen machen. Damit war klargestellt, dass von der persönlichen Anwesenheit des Betroffenen in dem Hauptverhandlungstermin eine weitere Aufklärung des Tatvorwurfs nicht zu erwarten war (vgl. OLG Düsseldorf NStZ-RR 2012, 258). Die Anwesenheit eines Betroffenen in der Hauptverhandlung, der sein Schweigen zum Tatvorwurf angekündigt hat, kann zwar im Einzelfall unverzichtbar sein, wenn nur dadurch die gebotene Sachaufklärung möglich ist. Dies kann der Fall sein, wenn die Anwesenheit zur Identifizierung seiner Person erforderlich ist, das Gericht zuverlässigere Angaben von Zeugen (oder Mitbetroffenen) erwartet, falls diese in Gegenwart des Betroffenen abgegeben werden oder einem zum Schweigen entschlossenen Betroffenen die im Laufe der Hauptverhandlung zu erwartenden Erkenntnisse die Möglichkeit geben sollen, seine Entscheidung zu überdenken (vgl. Seitz/Bauer in Göhler a.a.O., § 73 Rn. 8 m.w.N.). Rein spekulative Erwägungen, die Anwesenheit eines Betroffenen könne in der Hauptverhandlung zu einem Erkenntnisgewinn führen, genügen jedoch nicht (vgl. OLG Koblenz NZV 2007, 587; OLG Naumburg StraFo 2007, 207; OLG Bamberg VRS 113, 284; Senat DAR 2012, 31; 2011, 146; VRS 113, 63; 111, 429).

Das angefochtene Urteil bezeichnet keine diesen Anforderungen genügenden konkreten Umstände, warum die Anwesenheit des Betroffenen zur Aufklärung des Sachverhalts hätte beitragen können. Die vom Amtsgericht im Beschluss vom 31. Januar 2019 mitgeteilten Gesichtspunkte sind nicht wesentlich im Sinne von § 73 Abs. 2 OWiG. Hierbei ist in den Blick zu nehmen, dass die Personalien des Betroffenen bereits von den vor Ort eingesetzten Polizeibeamten aufgenommen wurden und Anhaltspunkte für eine in wesentlichen Teilen fehlerhafte Erfassung der Personalien nicht ersichtlich sind.