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Pflichti III: Angehöriger des Getöteten ist „Verletzter“, oder: Psychosoziale Prozessbegleitung

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In der letzten Entscheidung des Tages, dem OLG Celle, Beschl. v. 19.02.2021 – 2 Ws 51/21 – nimmt das OLG zur Frage Stellung, ob Verletzter i.S.v. § 406g Abs. 3 StPO auch ein Angehöriger eines bei einer rechtswidrigen Tat Getöteten ist. Das OLG bejaht die Frage, lehnt aber die Bestellung einer psychosozialen Prozessbegleiterin dann ab:

„2. Die nach alledem mögliche Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleiterin hat die Strafkammer im Ergebnis gleichwohl zutreffend abgelehnt.

Ein Fall von § 406g Abs. 3 S. 1 StPO, bei dem die Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleitung zwingend geboten wäre, liegt ersichtlich nicht vor.

Der Strafkammer kam mithin gem. § 406g Abs. 3 S. 2 StPO ein Ermessen bei der Prüfung der Frage zu, ob die besondere Schutzbedürftigkeit des Nebenklägers vorliegend die Beiordnung einer psychosozialen Prozessbegleitung erfordert.

Zu den besonders Schutzbedürftigen gem. § 406g Abs. 3 StPO können neben Kindern und Jugendlichen namentlich auch Menschen mit einer Behinderung oder psychischen Beeinträchtigung, Betroffene von Sexualstraftaten, Betroffene von Gewalttaten (mit schweren physischen, psychischen oder finanziellen Folgen oder längerem Tatzeitraum, wie z. B. bei häuslicher Gewalt oder Stalking), Betroffene von vorurteilsmotivierter Gewalt und sonstiger Hasskriminalität sowie Betroffene von Menschenhandel gehören (BT-Drucksache, 18/4621, S. 32). Maßgeblich für die Frage, ob eine besondere Schutzbedürftigkeit i.S.v.
§ 406g Abs. 3 StPO anzunehmen ist, sind die persönliche Merkmale des Verletzten sowie die konkreten Umstände und Folgen der Tat (BeckOK StPO/Weiner, a.a.O., § 406g, Rn. 11; Meyer-Goßner/Schmitt, a.a.O., § 406g, Rn. 5; KK-StPO/Zabeck, 8. Aufl. 2019, StPO
§ 406g Rn. 8).

Hieran gemessen hat die Strafkammer, die die insoweit anzustellenden Ermessenserwägungen in der ausführlich begründeten Nichtabhilfeentscheidung nachgeholt hat, zutreffend eine besondere Schutzbedürftigkeit des Nebenklägers verneint.

Zwar lässt der landgerichtliche Beschluss eine explizite Erwähnung der im Rahmen der Abwägung der Umstände des Einzelfalls zu Gunsten des Beschwerdeführers in die Bewertung einzustellenden konkreten Umstände des den drei Angeklagten zur Last gelegten Mordes zum Nachteil der Schwester des Nebenklägers vermissen. Denn den Angeklagten wird u.a. zur Last gelegt, am frühen Morgen des 09. April 2020 die zu diesem Zeitpunkt noch lebende Schwester des Nebenklägers auf einer Waschbetonplatte gefesselt zu haben und sie auf der Brücke 46 an der W.schleuse in B. aus niedrigen Beweggründen in die W. geworfen zu haben und hierdurch bewusst und gewollt einen besonders qualvollen Tod der Geschädigten infolge Ertrinken verursacht zu haben. Da sich im Vorfeld der grausamen Ermordung der Schwester des Nebenklägers zudem weitere Straftaten zum Nachteil von A. K. ereignet haben sollen, ist eine erhebliche seelische Erschütterung des Beschwerdeführers naheliegend, die eine Bewältigung des anstehenden Strafverfahrens inklusive der durchzuführenden Beweisaufnahme als eine maßgebliche Belastung des Nebenklägers erscheinen lässt.

Zutreffend führt die Strafkammer indes aus, dass allein der Umstand, Angehöriger einer bei einer rechtswidrigen Tat Getöteten zu sein, nicht ausreichend ist, um eine besondere Schutzbedürftigkeit zu begründen. Vorliegend ergibt die erforderliche Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände, dass die für eine besondere Schutzbedürftigkeit sprechenden konkreten Umstände der den Angeklagten zur Last gelegten Taten durch die persönlichen Merkmale des Beschwerdeführers entscheidend entkräftet werden.

Es begegnet keinen Bedenken, dass die Strafkammer die zahlreichen Medienauftritte des Beschwerdeführers, der mehrfach freiwillig von dem Tod seiner Schwester in Presse und Fernsehen berichtet hat, zum Nachteil des Antragstellers in die Bewertung eingestellt hat. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach den in jeder Hinsicht überzeugenden Ausführungen des Landgerichts insbesondere finanzielle Interessen eine maßgebliche Rolle bei den Medienauftritten des Beschwerdeführers gespielt haben dürften. Da die Strafkammer zudem eine zeugenschaftliche Vernehmung des Nebenklägers nicht beabsichtigt, der Nebenkläger einen Beistand hat und er als Nebenkläger zur Teilnahme an der Hauptverhandlung nicht verpflichtet ist, ist die Ablehnung einer besonderen Schutzbedürftigkeit des Beschwerdeführers im Ergebnis nicht zu beanstanden.“