Bei der zweiten verfahrensrechtlichen Entscheidung, die ich heute vorstelle, handelt es sich um den LG Landau i.d.Pf., Beschl. v. 09.11.2018 – 5 Qs 88/18, den mir die Kollegin Weis aus Mannheim übersandt hat. Die streitet sich für ihren Mandanten in einem Verfahren wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen unerlaubten Veranstaltens von Glücksspiel mit einem Amtsrichter des AG Germersheim.Dort war der Angeklagte zum (ersten) Hauptverhandlungstermin am 20.10.2017 nicht erschienen. Gegen ihn wurde gem. § 408a StPO ein Strafbefehl erlassen, gegen den die Verteidigerin am 20.11.2017 Einspruch eingelegt hat.
Ergebnis: Neuer Hauptverhandlungstermin am 16.04.2018, in dem die Fortsetzung des Verfahrens am 30.04.2018 angeordnet wird, da der zu dem Termin ordnungsgemäß geladene und nicht erschienene sachverständige Zeuge B. vernommen werden sollte. Im Termin vom 30.04.2018 wird erneut ein Fortsetzungstermin bestimmt, um einen bereits am 16.04.2018 vernommenen Zeugen Z. erneut zu vernehmen. Der Zeuge Z. teilte dem Gericht dann am 14.05.2018 mit, dass er zum Fortsetzungstermin am 18.05.2018 nicht erscheinen könne. Der Termin wurde sodann ohne Zeugen durchgeführt und es wurde die Aussetzung des Verfahrens beschlossen. Eine Begründung enthielt der Beschluss nicht. Weitere Ermittlungen seitens des Amtsgerichts wurden nicht angestellt. Mit Verfügung vom 12.06.2018 wurde seitens der Staatsanwaltschaft eine Anfrage bei der Bußgeldstelle der Stadtverwaltung Germersheim gestellt, ob im Falle einer Einstellung die Tat mit einem Bußgeld bewehrt wäre und ob im Bußgeldverfahren eine Einziehung der Automaten möglich sei.
Dagegen nun die Beschwerde der Verteidigerin, die beim LG Erfolg hatte:
„Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach § 305 Satz 1 StPO unterliegen Entscheidungen des erkennenden Gerichts, die der Urteilsfällung vorausgehen und nicht zu den Ausnahmen des § 305 Satz 2 StPO gehören, nicht der Beschwerde. Dabei liegt eine der Urteilsfällung vorausgehende Entscheidung nach einhelliger Meinung vor, wenn sie in einem inneren Zusammenhang mit dem Urteil steht, ausschließlich seiner Vorbereitung dient und keine weiteren Verfahrenswirkungen erzeugt.
Diese Voraussetzungen sind nicht nur bei solchen Maßnahmen gegeben, die unmittelbar Grundlagen für die Entscheidung in der Sache selbst schaffen sollen; auch Anordnungen, die darauf abzielen, die Abwicklung des Verfahrens in sonstiger Weise zu fördern und es der abschließenden Sachentscheidung näher zu bringen, weisen einen inneren Zusammenhang mit der Urteilsfällung auf, der zum Ausschluss der Anfechtbarkeit führt. Bei der Frage, ob die Aussetzung der Hauptverhandlung unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze anfechtbar ist, ist deshalb darauf abzustellen, ob sie aus einem triftigen Grund angeordnet worden ist, der in den Verfahrensvorschriften eine Stütze findet und im engen inneren Zusammenhang mit dem zu erlassenden Urteil steht. Nur dann, wenn offensichtlich klar und erkennbar ist, dass mit der Aussetzung nur sachfremde Zwecke verfolgte werden, ist die Beschwerde zulässig (OLG Stuttgart, Beschluss vom 09. Dezember 2010 ¬5 Ws 223/10 —, Rn. 6, juris; OLG Dresden, Beschluss vom 13. Dezember 2007 —1 Ws 310/07 — Rn. 8, juris m.w.N.).
Vorliegend ist ausnahmsweise von der Zulässigkeit der Beschwerde auszugehen. Die Aussetzung führte hier im Ergebnis zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Verzögerung des Verfahrens.
Nach Angaben der Verteidigerin hat das Amtsgericht, nachdem es dem Angeklagten eine Einstellung angeboten habe, mit der der Beschwerdeführer nicht einverstanden gewesen sei, das Verfahren ausgesetzt, um weitere Ermittlungen anstellen zu können. Ausweislich der vorliegenden Akte wurden seit der Hauptverhandlung vom 18.05.2018 bis zur Weiterleitung an die Beschwerdekammer mit Verfügung vom 10.10.2018 aber weder weitere Ermittlungen angestellt noch Zeugen erneut vernommen. Zu finden ist lediglich eine Anfrage der Staatsanwaltschaft an die Bußgeldstelle mit dem Ersuchen um die Beantwortung einer Rechtsfrage.
Auch der von der Verteidigerin vorgetragene Hinweis des Amtsgerichts, dass während der Aussetzung eine Einstellung des Verfahrens erfolgen könne, spricht nicht dafür, dass die Aussetzung-zur Vornahme weiterer Ermittlungen erfolgte. In dieselbe Richtung deutet, dass im vorherigen Hauptverhandlungstermin vom 30.04.2018 beschlossen worden war, den Zeugen Z. am 18.05.2018 erneut zu vernehmen. Ausweislich des Aktenvermerks vom 14.05.2018 hatte sich dieser für den Termin, zu dem er geladen war, entschuldigen lassen. Gleichwohl wurde der Termin — insgesamt der vierte Hauptverhandlungstermin — nicht aufgehoben, sondern ohne den Zeugen durchgeführt, ohne dass ersichtlich wäre, welche Sachaufklärung im Termin noch hätte betrieben werden sollen.
Ein tragfähiger Grund für die Aussetzung des Verfahrens ist daher nach allem nicht zu erkennen.
Auch fehlt es nicht am Rechtschutzbedürfnis. Zwar ist vorliegend, unabhängig davon, ob der Beschluss aufrechterhalten wird, das amtsgerichtliche Verfahren zu terminieren und die Hauptverhandlung erneut zu beginnen. Trotz dieser prozessualen Überholung ist jedoch ausnahmsweise ein Interesse des Beschwerdeführers an der Aufhebung des Beschlusses zu bejahen. Im vorliegenden Verfahren ergibt sich das Interesse bereits aus einer Wiederholungsgefahr, damit das Verfahren alsbald einen unverzögerten Fortgang nehmen kann.
Die Beschwerde ist im Übrigen auch begründet. Der Kammer obliegt die Entscheidung, ob ein triftiger Grund für die Aussetzung vorlag. Bei dieser Prüfung ist ein strenger Maßstab anzulegen, weil eine Aussetzung, die nicht der Verfahrensförderung, insbesondere nicht der Wahrheitsfindung dient, in der Regel vermieden werden muss (siehe OLG Frankfurt, Beschluss vom 05. März 1982 — 3 Ws 167/82 —, juris). Dies ergibt sich bereits aus dem Beschleunigungsgebot im Strafverfahren; die Aussetzung darf stets nur „ultima ratio“ sein. Da ein sachlicher Grund für die Aussetzung hier, wie ausgeführt, nicht ersichtlich ist, muss der angegriffene Beschluss zur Klarstellung aufgehoben werden.“
Schon „eigenartig“ das Verhalten/die Verfahrensweise des AG……